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Solidarität mit Flüchtlingen in Heidenau

Von Betânia Ramos Schröder - Frankfurt. Als Antwort auf die Neonazi-Krawalle im sächsischen Heidenau trafen sich am frühen Freitagabend, 28. August, in Frankfurt rund 300 Männer und Frauen, um Flüchtlingen und Nazi-GegnerInnen ihre Solidarität zu zeigen. Zu der Demonstration hatte das Offene Antifaschistische Treffen OAT Frankfurt aufgerufen. Sie begann am Willy-Brandt-Platz und führte durch die Innenstadt zur Konstablerwache.

„Nazis vertreiben - Flüchtlinge bleiben" war das Motto des Protests gegen die Pogromstimmung in Heidenau. Am Wochenende zuvor hatten mindestens 800 Nazis und sogenannte „besorgte Bürger" unter Führung der NPD die dortige Flüchtlingsunterkunft mit Steinen und Feuerwerkskörpern angegriffen. Die Polizei schaute diesem Treiben tatenlos zu, während der Polizeisprecher die Angreifer als ,Asylkritiker' verharmloste, heißt es im Demoaufruf des OAT Frankfurt. Die Geflüchteten selbst seien in einem ehemaligen Baumarkt hilflos der Hetze ausgeliefert gewesen.

Immer mehr Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte

Innenminister Thomas de Maiziere habe dem hohen Alkoholkonsum die Schuld an dem Terror gegeben, schließlich sei eigentlich eine friedliche Demo angemeldet worden. Ministerpräsident Stanislaw Tillich forderte, „beide Seiten müssen mehr Toleranz zeigen". Weder Politiker noch Polizei hätten sich schützend vor die Flüchtlinge gestellt, sondern antifaschistische AktivistInnen. Als Dank dafür seien sie am Sonntagabend aus Heidenau weggeprügelt worden. Die Polizei habe selbst Pressevertreter angegriffen.

Trotz der zugespitzten Situation sollten Anfang der Woche weitere Flüchtlinge aus Leipzig nach Heidenau verlegt werden. Nur der Widerstand von Flüchtlingen und Unterstützern habe das verhindern können. Heidenau sei jedoch kein bedauerlicher Einzelfall. Montag Nacht brannte in Weissach im Tal in Baden-Württemberg eine geplante Unterkunft vollständig ab ( wir berichteten). Die Nacht darauf habe sich dies in Nauen in Brandenburg wiederholt. In Pachum drangen zwei Männer mit Messern in die Unterkunft ein, während in Bochum ,Warnschüsse' gegen Flüchtlinge abgegeben wurden - auch daran erinnerte das OAT Frankfurt. Seit Beginn 2015 habe es bereits über 200 Angriffe und Brandstiftungen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland gegeben. 2014 wurden offiziell über 230 Angriffe verzeichnet, viermal mehr als 2013.

Der deutsche Staat ist mitverantwortlich für Fluchtursachen

Aus Sicht der Veranstalter ist diese neue rechte Terrorwellen nur „die logische Konsequenz aus jahrelanger Medienhetze gegen ,Asylmissbrauch' und den Forderungen der Politiker nach noch mehr Abschottung und schnelleren Abschiebungen". Wenn jetzt Spitzenpolitiker in die betroffenen Unterkünfte führen und Flüchtlingskinder streichelten, sei das an Scheinheiligkeit kaum noch zu überbieten. Das OAT erinnerte in seinem Aufruf auch an die katastrophale humanitäre Situation in den Lagern an den EU-Außengrenzen.

Der deutsche Staat sei Waffenexport-Weltmeister und mische in den Kriegen auf der Welt mit Geld, Soldaten und Kriegsgerät mit. „Wären die Länder der Geflüchteten nicht durch Krieg in Armut und Chaos versetzt, müssten sie nicht nach Europa fliehen." Die Forderungen der Demonstrierenden: „Stoppt die mörderische EU-Außenpolitik! Stoppt die rassistische Hetze!"

Selbst Papierschiffchen trugen Willkommensparolen

Die Demonstration wurde nur von einigen wenigen Polizisten begleitet. Es gab keine Zwischenfälle. Auffallend war die große Zahl junger Leute unter den TeilnehmerInnen. Als Organisationen wirkten etwa No Fragida, Project Shelter oder Refugees for Change mit. Als der Demozug am frühen Freitagabend die Zeil durchquerte, die Frankfurter Haupteinkaufstraße, waren viele PassantInnen und TouristInnen unterwegs.

Viele schienen überrascht. Manchen standen wortlos da und versuchten zuzuordnen, worum es bei der Demonstration ging oder wogegen sie sich richtete. Andere haben fotografiert, schlossen sich an oder applaudierten, als immer wieder gerufen wurde „Nazis vertreiben, Flüchtlingen bleiben".

Am Brockhaus-Brunnen lösten sich einige TeilnehmerInnen aus dem Demozug und ließen Papierschiffchen mit Aufschriften wie „Welcome refugees" „Keine Menschen ist illegal" oder „Save the drowning people" schwimmen.

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