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Innogy-Börsengang: Die Stromwende

Die Lage von RWE ist reichlich bescheiden: Rund 28 Milliarden Euro Schulden drücken den Essener Traditionskonzern. Der Börsenstrompreis ist derart im Keller, dass sich mit Atom-, Gas, und Kohlekraftwerken kaum noch Geld verdienen lässt - und obendrein stehen noch hohe Kosten durch den Atomausstieg ins Haus. Gut zehn Milliarden Euro sind dafür bisher zurückgelegt, doch ob das reicht, weiß heute noch niemand.


Der Weg aus dieser Misere soll nun Aufspaltung heißen. Bereits Anfang Dezember 2015 hatte RWE-Chef Peter Terium angekündigt, das Geschäft mit den erneuerbaren Energien, den Vertrieb, sowie die Strom- und Gasnetze auszugliedern. Die alten Kraftwerkskolosse und der Energiehandel verbleiben beim Mutterkonzern. Für die zukunftsträchtigen Bereiche ist die Tochtergesellschaft Innogy zuständig, die Terium obendrein selbst führen wird.

Rund 40.000 der insgesamt fast 60.000 Mitarbeiter wechseln mit in die Zukunft. An diesem Freitag geht Innogy an die Börse - mit einem eindeutigen Ziel: Die Tochter soll das Geld einsammeln, mit dem sich der Konzern die ersehnte Luft verschaffen will. Die Vorzeichen dafür stehen durchaus gut.


Vor allem RWE profitiert

Bis zu fünf Milliarden Euro will der Konzern mit dem Börsengang einsammeln, es wäre die größte Emission seit dem Börsendebüt der Deutschen Post und Infineon im Jahr 2000.1,8 bis zwei Milliarden Euro sollen davon Innogy selbst für Investitionen zugutekommen. Den Rest erhält RWE. Bis zu 139 Millionen Aktien sollen heute zu einem Preis zwischen 35 und 36 Euro ausgegeben werden - und die erfreuen sich einiger Beliebtheit: Bereits am ersten Tag der Zeichnungsfrist lagen nach Angaben der begleitenden Banken Kaufaufträge für das gesamte Emissionsvolumen einschließlich der Aufstockungs-Option vor.


Das hohe Interesse kommt nicht von irgendwo: Während RWE die Dividende für 2015 gar fast komplett streichen musste, lockt Innogy mit einer schicken Gewinnausschüttung. Bereits für 2016 sollen die Aktionäre 70 bis 80 Prozent des um Sondereffekte bereinigten Nettogewinns bekommen. Hauptprofiteur davon wird freilich RWE sein.


Mindestens 75 Prozent der Innogy-Aktien werden nämlich in der Hand des Mutterkonzerns verleiben. Das ist auch bitter nötig: Innogy stand 2015 für gut 80 Prozent des operativen RWE-Gewinns, durch die Ausschüttungen soll gerade der Druck auf RWE gemindert werden.


Innogy eine reine Finanzbeteiligung für RWE

Der Konzern betont aber gleichzeitig, RWE werde Innogy als „reine Finanzbeteiligung führen". Für den kostspieligen Rückbau der Atomkraftwerke oder die Renaturierung der Braunkohle-Tagebaue ist also weiterhin einzig und allein der Mutterkonzern verantwortlich. Innogy-Geld soll dafür nicht abgezwackt werden. Das ist weitaus mehr als ein Nebenaspekt, denn auch potentielle Investoren dürften sich bewusst sein: RWE ist maßgeblich auf Mittel von Innogy angewiesen. Daher stellt man in Essen umso deutlicher die Eigenständigkeit der Unternehmen heraus.


Der Reiz des Innogy-Paketes liegt nämlich genau darin, mit dem alten RWE-Geschäft nichts zu tun zu haben. Kohle- und Atomkraftwerke haben lange Zeit für satte Renditen gesorgt, heute aber ist die Braunkohle ebenso verpönt wie Atomkraft. Immer mehr Investoren ziehen ihr Geld aus Beteiligungen mit fossilen Energien ab.


Erst Ende 2015 verkündete etwa die Allianz, nicht mehr in Unternehmen zu investieren, die mehr als 30 Prozent ihrer Energieerzeugung mit Kohle erzielen. Bei RWE kamen 2015 37 Prozent aus Braunkohle. Auch Städte folgen dem Trend: Stuttgart beispielsweise hat im Juli seine 600 Millionen angelegten Euro von jeglichem Kohleanteil befreit. Berlin hatte es im Juni vorgemacht. Mit der Innogy-Ausgliederung will Peter Terium sie alle wieder einfangen.


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