Maison Suneve: Herzblut, Inspiration & Kreativität
Als Kind lernte sie von ihrer Oma Lisbeth das Nähen, als Teenie schneiderte sie bereits ihren halben Kleiderschrank selbst, einige Jahre später verließ sie ihre Heimatstadt Bremerhaven, um in Hamburg Modedesign zu studieren. Heute lebt Katharina ihren Traum zwischen Marseille und Hamburg: Mit Herzblut, Inspiration und Kreativität designt sie urbane Mode für ihr Label „Maison Suneve“. Wie es dazu kam, welche Rolle der Hamburger Traditionsclub „Golden Pudel“ gespielt hat, was ihre Mode ausmacht und warum jede Frau ein „Emergency-Kleid“ braucht – das hat sie mir im Coffee Talk verraten.
Wolltest du schon immer Modedesignerin werden?
Als ich acht Jahre alt war, wollte ich unbedingt eine Rüschenbluse haben. Meine Mama fand das jedoch ganz schlimm. Zum Glück hatte meine Oma Lisbeth eine Nähmaschine. Sie hat mir das Nähen beigebracht – und so hatte ich meine erste Rüschenbluse. Im Teenageralter habe ich auch ganz viel selbst genäht. Irgendwann habe ich dann Design studiert. So hat alles seine Form angenommen.
Hast Du damals schon angefangen deine Entwürfe zu zeichnen?
Gezeichnet habe ich immer. Aber ich habe nicht wirklich gedacht, dass nähen und zeichnen zusammengehören muss. Ich hatte ja alles in meinem Kopf visualisiert. Heute ist das Zeichnen für mich eher da, um meinen Kollegen mitzuteilen, was meine Vorstellung ist.
Wie kam es, dass du nach Hamburg gezogen bist?
Ursprünglich komme ich aus Bremerhaven. Während der Schulzeit war ich länger in Amerika, und zwar in St. Louis. Nach dem Abitur habe ich ein Jahr in San Francisco verbracht. Ich war total in die USA verliebt, doch ich konnte damals mein Visum nicht verlängern. Deswegen habe ich mich auf gut Glück in Hamburg für Modedesign an der HAW beworben. Und das hat geklappt.
Wie ging es weiter?
Nach dem Studium bin ich nach Berlin gezogen und habe da angefangen für andere Labels, wie Starstyling und Bless, zu arbeiten. Während der Zeit bei Bless war ich in Paris und habe auf den Fashion Shows geholfen. Dort habe ich meinen heutigen Partner Mathieu kennengelernt. Wir haben sofort kreativ miteinander harmoniert und wollten unbedingt zusammen arbeiten.
Heute habt ihr euer Label „Maison Suneve“. Zwischen Berlin und Paris fiel dann aber doch die Entscheidung für Hamburg – wie kam’s?
Hamburg als Standort ist super! Es ist nicht so teuer wie Paris und Berlin ist überlaufen.
Wie würdest du den Hamburger Stil bezeichnen?
In Hamburg ist es an verschiedenen Ecken ganz anders. In Eppendorf ziehen sich die Leute komplett anders an als in der Schanze. Deswegen finde ich Basic-Sachen so wichtig. Die eine aus dem Nachtleben zieht einen blauen Overall ebenso an wie die Frau aus Eppendorf. Nur eben anders kombiniert.
Euer Laden liegt in der Schanze. Was macht hier den Stil aus?
Unsere Praktikantin, die gerade nach Hamburg gezogen ist, hat etwas ganz Passendes gesagt: „In der Schanze laufen die Leute barfuß.“ Man macht das, was man möchte. Alles ist normal und keiner guckt einen komisch an. Ich habe fünfzehn Jahre mit ein paar Unterbrechungen in St. Pauli gewohnt. Man kann einen großen Unterschied sehen, wie sich das Viertel und die Leute verändern. Am Anfang war alles überkreativ. Mittlerweile ist es anders: Viele Ladenketten ziehen ein. Das T-Shirt von vor fünfzehn Jahren sieht vielleicht immer noch so aus. Nur ist es heute kein Flohmarktfund, sondern ein teures Teil von einem Laden. Der Kreativstil ist nun Trend geworden.
Was steckt hinter dem Namen „Maison Suneve“?
Ich wollte zunächst etwas mit Zirkus machen und habe mir viele Bücher und Bilder angeschaut. Auf einem Bild waren zwei Zirkusdamen abgelichtet. Jede von ihnen hatte ein Schild in der Hand. Das eine war „Sun“, das andere war „Evening“. Zudem ist der „Sunday Evening“ für mich die liebste Zeit der Woche. Daraus wurde dann „Suneve“. „Maison“ war dann Mathieus Idee, weil für ihn jedes Modehaus ein „Maison“ ist.
Kurze Zeit später entstand die erste Kollektion des Labels. Wie lief damals der Prozess von der Idee bis zur Produktion ab?
Im Studium habe ich bereits Kollektionen gemacht, nur eben nicht kommerziell. Da war man fast schon überkreativ: Umso mehr Kreativität und Wahnsinn in den Kollektionen drin ist, desto besser. Wenn man es aber verkaufen will, muss man seine Ideen herunterschrauben. Man muss sich überlegen, was die Hauptidee ist und wie man diese so clean gestalten kann, dass es für den Kunden verständlich ist.
Die Frühling/Sommer-Kollektion ist sehr clean, allerdings finden sich bei einigen Stücken auch starke Muster. Ist dieser Mix typisch für das Label?
Das ist witzigerweise immer wieder so, aber gar nicht gewollt. Bei den cleanen Sachen geht es mir darum, dass es interessante Schnitte und tolle Silhouetten sind und dass man sich einfach wohl darin fühlt. Da steht der Mensch im Vordergrund. Die Print-Elemente haben meistens einen Hintergrund. Bei der jetzigen Kollektion sind es die afrikanischen Stoffe.
Wo ordert ihr diese?
Mathieu ist ursprünglich aus Marseille. Wir sind das Jahr immer wieder dort und machen kleine Kreativpausen. Marseille ist es sehr multikulturell. Es gibt viele schöne Viertel mit kleinen Läden, die tolle Materialien und Stoffe aus der ganzen Welt haben. In einem kleinen afrikanischen Viertel sind mir dann diese Stoffe aufgefallen.
Ist Marseille auch eure Stoff- und Materialquelle?
Nicht nur. Ganz viel Jersey ordere ich aus Süddeutschland. Bei den etwas verrückteren Teilen kommen die Stoffe von überall her. Zum Beispiel aus Griechenland. Dort werden die Schuhe und Taschen produziert.
Wie sieht es nun mit der Herbst/Winter-Kollektion von Maison Suneve aus? Wird es wieder eine bestimmte Muster- oder Farbwelt geben?
Es gibt viel blau und schwarz, aber kein großes Muster – außer einen Leinenstoff mit Karomuster. Es finden sich auch einige Gothik- und viele Sport-Elemente.
Woher nimmst du deine Inspiration?
Inspiration passiert im Leben selbst. Manchmal sind es inspirierende Leute. Das kann einfach eine Frau sein, die an der Bushaltestelle steht und fantastisch aussieht. Oder man ist auf einer Party und da ist eine tolle Dekoration. Auch Musik hatte immer einen großen Einfluss auf die Kollektionen.
Prägst du dir diese Inspirationsquellen im Kopf ein oder machst du schnell ein Foto?
Tatsächlich gibt es solche Momente, wo ich mal etwas fotografiere. Oder ich nehme etwa Blumen mit und trockne diese. Das Ganze sammle ich dann in meinen schwarzen Büchern. Da klebe ich Fotos und Stoffproben ein. Es entsteht meist ein Buch pro Kollektion.
Wie arbeitet ihr eigentlich zusammen, du und Mathieu?
Er ist der Mann für alles. Er macht alles Administrative, aber auch das Marketing. Und Mathieu macht Musik! In der Vergangenheit haben wir auch als DJ-Paar Musik gemacht. Wir haben in einem Viererkollektiv namens „Suicide Disco“ und zu zweit unter dem Namen „Maison Suneve“ aufgelegt – auch oft im Golden Pudel (* Anm. d. Red.: Der Golden Pudel Club war ein Hamburger Traditionsclub. Im Februar 2016 ist er, vermutlich durch Brandstiftung, abgebrannt. Seitdem liegt der Club brach.) Dort habe ich während meiner Studienzeit gearbeitet. Ich habe da viel Unterstützung bekommen. Ich weiß nicht, ob ich Maison Suneve ohne den Pudel hätte aufbauen können. Es ist ein Ort, wo man als Kreativer gefördert wird. Deswegen ist es wichtig, dass der Pudel wieder aufgebaut wird – für den Erhalt der Kreativität des Viertels. Es ist so schwer als Kreativer Fuß zu fassen. Wenn die, die einem den Rücken stärken, nicht mehr da sind, wird es immer schwerer so etwas aufzuziehen. Und dann gibt es irgendwann nur noch H&M und Zara.
Zu guter Letzt: Hast Du einen Modetipp, den du jeder Frau mitgeben würdest?
Jede Frau braucht ein Emergency-Kleid! Eines, das vielleicht auch etwas teurer, dafür aber wirklich hochwertig ist. Man braucht dieses eine Kleid, das immer super sitzt. Das ist dann das Rettungskleid, wenn man zum Beispiel abends irgendwo eingeladen ist. Am besten ist ein schwarzes oder dunkelblaues, schlichtes Emergency Kleid, welches mit Turnschuhen genauso funktioniert wie mit Sandalen oder High Heels.