1 abonnement et 6 abonnés
Article

10 Designerinnen, die Mode für Frauen neu erdachten

Mode spiegelt unser Leben nicht nur wider, sie kann es auch vorantreiben – diese zehn Designerinnen zeigten den Frauen ihrer Generation neue Wege auf.


Mary Phelps Jacob (*1891 – † 1979) – die Erfinderin des BHs

Die New Yorkerin aus wohlhabendem Hause bewies bei Männern kein glückliches Händchen: Ihr erster Ehemann war Alkoholiker, der zweite beging zusammen mit seiner Geliebten Suizid. Doch immerhin erbte sie von zweiterem einen Verlag, den sie nach seinem Tod – für eine Frau der damaligen Zeit ungewöhnlich – alleine weiterführte. Der Beginn von Mary Phelps Jacobs Karriere als Verlegerin, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin. Auf sie geht außerdem eine der wichtigsten Erfindungen der weiblichen Garderobe zurück: Weil es sie störte, dass sich unter ihrem Kleid das Korsett abzeichnete, nähte sie eines Abends aus zwei seidenen Taschentüchern und rosa Bändern einen BH. Am 12. Februar 1914 meldete sie ihren rückenfreien Büstenhalter zum Patent an und gründete in Boston ein Geschäft mit dem Namen "Caresse Crosby Brassières". Doch Mary Phelps Jacobs war ihrer Zeit voraus. Die Nachfrage war nicht so hoch wie erwartet und sie verkaufte das Patent nach kurzer Zeit wieder – der Grund, warum ihr Name heute in Vergessenheit geraten ist.

Madame Vionnet untersucht den Fall eines Stoffes an einer Puppe © Getty Images


Madeleine Vionnet (*1876 – † 1975) – die Quelle modernen Modedesigns

Was wir heute in der Mode sehen, ist zu großen Teilen ihrer Vorarbeit zu verdanken. Madame Vionnet gilt als die Erfinderin des sogenannten "Bias Cut", der die Grundlage modernen Modedesigns bildet. Der Stoff wurde dabei nicht wie zuvor parallel, sondern schräg zum Fadenverlauf zugeschnitten und legte sich dadurch fließend um den weiblichen Körper. Als Inspiration dienten Madame Vionnet antike Statuen. Auch die Frauen, die ihre Designs trugen – Greta Garbo, Marlene Dietrich oder Audrey Hephurn – wurden zu modernen Göttinnen. Die Drapierungen von Madame Vionnet machten ein Korsett unnötig und ermöglichten die Bewegungsfreiheit, die für den sinnlichen Auftritt einer Diva nötig war. Ihre neuartige Herangehensweise machte Madame Vionnet zu einer der einflussreichsten DesignerInnen des 20. Jahrhunderts. Modeschöpfer Azzedine Alaїa nannte sie nach ihrem Tod "die Quelle von allem, die in unserem Unterbewusstsein weiterlebt."

Modeschmuck, Tweed-Kostüme... die Liste der Modeneuerungen, die auf Coco Chanel zurückgehen, ist lang © Getty Images
 

Coco Chanel (*1883 – † 1971) – die Befreierin

Coco Chanel gelang, woran DesignerInnen vor ihr noch gescheitert waren – die breite Masse der Frauen endgültig vom Korsett zu befreien. In einer Zeit, als Frauen in der Mode, aber auch im Leben, in erster Linie als Dekorationsgegenstand und Vorzeigeobjekt ihrer Männer gesehen wurden, ging Coco Chanel einen anderen Weg. Ihre Kindheit verbrachte sie in bitterster Armut, doch mit eisernem Willen gelang es ihr, mit 20 Jahren bei einem Strickunternehmen angestellt zu werden. Zehn Jahre später eröffnete sie eine Boutique, in der sie eigene Kreationen verkaufte. So frei wie Coco Chanel ihr Leben führte, war auch ihre Mode. Sie hüllte Frauen in fließende, bequeme Formen, ließ sich von der Männergarderobe inspirieren und verarbeitete robusten Baumwolljersey, der bis dahin höchstens für Unterwäsche verwendet wurde. Zu einer Zeit, als Frauen nicht einmal ihre Knöchel zeigten, ließ sie die Säume von Röcken und Hosen bis hoch zum Knie wandern. Und natürlich schenkte sie den Frauen den Modeklassiker schlechthin – das "Kleine Schwarze".

Claire McCardell beim Anfertigen einer Skizze © Getty Images
 

Claire McCardell (*1905 – † 1958) – die Begründerin der American Sportswear

Schon als kleines Mädchen erhielt Claire McCardell den Beinamen "Kick" – weil sie sich mit Tritten auf dem Spielplatz gegen die Jungs durchsetzte. Auch später wusste sie sich zu behaupten. Zwar schickten sie ihre Eltern zunächst auf eine Hauswirtschaftsschule, doch Claire brach sie ab, um in New York Modedesign zu studieren. Bald machte sie sich einen Namen, indem sie Einflüsse aus der Männermode und der Sportswear in ihre Frauenkollektionen einfließen ließ – ein damals revolutionärer Schritt. Während der Großen Depression und dem Zweiten Weltkrieg, als amerikanische Frauen in die Arbeitswelt der Männer vordrangen, lieferte ihnen Claire McCardell die dazu passende praktische Garderobe. Ihr Abstieg kam, als die Männer aus dem Krieg und die Frauen an den Herd zurückkehrten. Nun war wieder Mode nach französischem Vorbild gefragt – ausladend und dekorativ.

Mary Quant in ihrem Atelier © Getty Images
 

Mary Quant (*1934) – die Erfinderin des Minirocks

Es kommt im Leben immer darauf an, die richtigen Prioritäten zu setzen: Weil die Studentin Mary Quant mit langen Röcken nicht richtig tanzen konnte, schnitt sie diese kurzerhand ab. Das Ergebnis benannte sie nach einem Automodell und verkaufte es in einer Boutique an der Londoner King’s Road. Von dort startete der Minirock eine weltweite Moderevolution und forderte die prüde Gesellschaft der 1960er-Jahre heraus. Indem sie den Rocksaum über das Knie wandern ließ, schenkte Mary Quant den Frauen die nötige Beinfreiheit zum Tanzen, läutete die "Swinging Sixties" ein und lieferte ein Kleidungsstück, das wie kein anderes zum Freiheitssymbol wurde.

DAS Gesicht der amerikanischen Mode – Diane von Fürstenberg © Getty Images
 

Diane von Fürstenberg (*1946) – die Business-Tycoonin

Als Studentin in Genf lernte Diane Halfin ihren späteren Mann Egon von Fürstenberg kennen und lieben – die beiden heirateten, zogen nach New York und wurden im Studio54 zu Stars der Glamourwelt. Mit diesem sorglosen Lebensstil hätte sich Diane von Fürstenberg zufrieden geben können – doch dann wäre sie nicht DvF gewesen. Um von ihrem Mann unabhängig zu sein, gründete sie 1970 ein Modeunternehmen. Mit bunt bedrucktem Jersey und Wickelkleidern ("Wrap Dresses") wurde sie stilbildend für das Jahrzehnt – von der Studentin über die Sekretärin bis hin zur Schauspielerin trugen bald alle Frauen die bequemen, aber zugleich mondän erscheinenden Modelle. Heute ist Diane von Fürstenberg als Präsidentin des "Council of Fashion Designers of America (CFDA)" die Grande Dame der amerikanischen Mode und gilt als eine der reichsten Selfmade-Millionärinnen der Welt.

Jil Sander bei einer ihrer letzten Shows © Getty Images
 

Jil Sander (*1943) – die Queen of Less

Als Jil Sander 1975 zum ersten Mal ihre Kollektion in Paris zeigte, muss diese wie aus einer anderen Welt gewirkt haben. In der farbenfrohen, opulenten Mode der damaligen Zeit tanzten die Entwürfe der gebürtigen Hamburgerin aus der Reihe. Sie waren aus luxuriösen Herrenstoffen gefertigt, hatten klare, puristische Schnitte und beschwerten nicht mit schmückendem Klimbim. Jil Sander brachte damit eine neue Ästhetik in die Mode, die sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Trägerin selbst ausrichtete. Ihr "Zwiebellook" aus mehreren hochwertigen Einzelteilen, die sich beliebig untereinander kombinieren ließen, wurde zur Uniform einer neuen Generation emanzipierter, berufstätiger Frauen – Durchsetzungskraft in Form von Mode.

 

Designerin Donna Karan © Getty Images
 

Donna Karan (*1948) – die Favoritin der Businessfrauen

Oft ist heute in Bezug auf ein Modestück, das als besonders vielseitig gilt, von einem "Essential" die Rede. Zurück geht der Begriff auf die amerikanische Designerin Donna Karan. Anfang der 1980er-Jahre schenkte sie viel beschäftigten Frauen ihre "Seven Easy Pieces" oder auch "Essentials" genannt – Basis-Kleidungsstücke, mit denen sie für alle Lebenslagen gerüstet waren und die sowohl business- als auch abendtauglich gestylt werden konnten. Grundfarbe? Natürlich Schwarz! Modegeschichte schrieb Donna Karan mit "The Cozy" – einem Cashmere-Cardigan, der so geschnitten ist, dass er sich auf zwölf verschiedene Arten tragen lässt.

Miuccia Prada holt sich nach der Show ihren verdienten Applaus ab © Getty Images
 

Miuccia Prada (*1949) – die Pionierin der Hässlichkeit

Als Miuccia Prada von ihrem Großvater ein Modeunternehmen übernahm, war ihre Freude zunächst nicht gerade groß. Als Feministin mit linker Einstellung sei es ihr beinahe wie ein Frevel erschienen, sich mit Mode zu beschäftigen, erzählte sie später in Interviews. Das zeigte sich in ihren Entwürfen, die Frauen nicht gefällig, oder gar schön aussehen ließen. Im Gegenteil – sie waren voller Widersprüche und Reibungspunkte. Der Anblick eines Entwurfs von Miuccia Prada löst ein ähnliches Gefühl aus, wie Kreide, die über eine Tafel kratzt. Doch gerade deshalb ist sie faszinierend. Heute gilt Miuccia Prada als Begründerin des sogenannten "Ugly Chic" – weil sie Frauen die Möglichkeit gab, anzuecken und weil sie eine Ästhetik hervorbrachte, die sich an vielem orientiert, aber bestimmt nicht am männlichen Blick.

Der typische "Philophiles"-Look: in den Kragen gestecktes Haar © Getty Images
 

Phoebe Philo (*1973) – die Zuhörerin

Phoebe Philo hat geschafft, was nur wenigen in der Modewelt gelingt: Eine so feste Anhängerschaft um sich zu scharen, dass es für diese sogar einen eigenen Begriff gibt – die "Philophiles". Warum sie so große Begeisterung auslöst? Weil sie Frauen Mode liefert, die minimalistisch ist, aber auf eine verspieltere Weise als die harte, kühle Art von Jil Sander. Gerade geschnittene, zierlose Lederkleider, weite Marlenehosen, Oversized-Mäntel und Pullover, in deren Kragen die typische "Philophile" ihre Haare steckt – die Entwürfe von Philo waren immer greifbar, unprätentiös und setzten auf Zurückhaltung statt Logomania. Trotzdem brachen sie mit unseren Sehgewohnheiten und gingen Riskiken ein – Stichwort fellbesetzte Birkenstock-Sandalen. Wohin auch immer es Phoebe Philo nach ihrem Weggang bei Céline im vergangenen Jahr verschlägt – ihre treue Gefolgschaft scheint ihr sicher zu sein.

Rétablir l'original