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Pankahyttn: "Wien stiehlt sich aus der Verantwortung"

Besetzer der Mühlfeldgasse finden Notunterkunft in der Pankahyttn - Beschwerde über Überbelegung


Wien - Erst wurden sie von einem Immobilienspekulanten abgeworben und wanderten aus der Pankahyttn ab, nun finden sie dort wieder Unterschlupf: Ein Großteil der inzwischen wohnungslos gewordenen Punks aus dem als "Pizzeria Anarchia" bekanntgewordenen und Ende Juli geräumten Haus in der Mühlfeldgasse in Wien-Leopoldstadt ist in dem autonom bewohnten Gebäude in der Johnstraße untergekommen.

Das vom Magistrat im Jahr 2007 für Punks zur Verfügung gestellte Haus im 15. Wiener Gemeindebezirk platze jedoch aus allen Nähten: "Der aktuelle Zustand übersteigt unsere räumlichen Möglichkeiten", heißt es in einer Aussendung der Initiative Pankahyttn.

Man wolle "nicht die Rechnung für ein versautes Mietrecht und eine politisch inkompetente Stadt zahlen". Die Bewohner der Pankahyttn wenden sich mit der Forderung, geeigneten Raum für die Pizzeria-Punks bereitzustellen, an die Öffentlichkeit. Wien stehle sich aus seiner Verantwortung, halten sie in der Aussendung fest. Die Gemeinde habe ihre rechtlichen Möglichkeiten im Sinne des Mieterschutzes nicht ausgeschöpft.

Politik und Punks gegen Immobilienspekulanten

Die Besetzung der Pizzeria Anarchia und die mit hohem polizeilichem Aufwand durchgeführte Räumung des von Punks bewohnten Gebäudes erhitzten die Gemüter. Während die Punks ihren Protest gegen Gentrifizierung, teure Mieten und unlautere Vermietermethoden führten, streitet sich die Politik über den Umgang mit Immobilienspekulanten. Die Grünen forderten härtere Sanktionen, während sich die ÖVP auf die Forderung nach Altstadterhaltung konzentrierte.

Die Bewohner der Pankahyttn plädieren wie die Pizzeria-Punks für das Konzept des mietfreien Wohnens, das das Nutzungsrecht für leerstehende Immobilien und Grundstücke vorsieht. Mietverträge auf Betriebskostenbasis oder eine Meldepflicht für leerstehende Wohnungen sind Beispiele ihres Forderungskatalogs. Außerdem schlagen die Punks einen "Besetzungsparagrafen" vor.

"Agentur für Zwischennutzung"

Die Punks wollen selbst entscheiden, wann sie gehen. Dies würde einem Zwischennutzungskonzept mit Ablauffrist entgegenstehen. Eine solche Form der Zwischennutzung diene lediglich der "Stadtbildpflege, Stadtteilaufwertung und Mieterhöhung", heißt es in einem Forderungspapier der Pankahyttn. Dies gehe an ihren Bedürfnissen vorbei.

Bei der Stadt Wien erwog man 2010 den Aufbau einer "Agentur für Zwischennutzung". Die Idee war im rot-grünen Regierungsprogramm verankert. Leerstehende Räumlichkeiten sollten temporär an Personen oder Initiativen zur Nutzung weitervermittelt werden. Umgesetzt wurde bisher noch nichts. Auf Nachfrage bei der Projektkoordination heißt es, die Vermittlung von Wohnraum sei dabei nie im Fokus gestanden. Die Planungen bezogen sich vielmehr auf kulturelle Aktivitäten.

Überbelegung in der Pankahyttn

"Hier wohnen jetzt doppelt so viele wie vorher, es ist zu voll", erzählt eine Bewohnerin der Pankahyttn. 18 Zimmer gibt es. Das Haus sei nicht groß, schon vorher hatte es immer wieder Kapazitätsprobleme gegeben. Derzeit seien zwischen 40 und 50 Personen untergebracht. Die Punks wünschen sich als ersten Schritt ein Angebot der Stadt zur temporären Unterbringung der Besetzer der geräumten Pizzeria: "Eine kurzfristige Lösung muss für alle und auch mit unserer Auffassung vom Wohnen zusammenpassen", sagt die Bewohnerin.

Langfristig fordern sie Raum, in dem Leute wie sie bleiben können. "Da entwickelt sich auch etwas, die Gemeinsamkeit steht immer im Vordergrund - das will man nicht nach kurzer Zeit wieder aufgeben", lautet der Tenor aus der Pankahyttn. Gemeinsamkeit und Solidarität sind auch das derzeitige Motto: Solange die autonomen Pizzabäcker keine neue Bleibe finden, werden die Pankahyttn-Bewohner die ihrige mit ihnen teilen. (Anja Melzer, derStandard.at, 11.8.2014)

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