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Mobilität: Der Profit mit den Pendlern

Der Profit mit den Pendlern: Wie die Mobilitätsindustrie aus dem Arbeitsweg ein Geschäftsmodell macht. Bild: Illustration: Dmitri Broido, Foto: Fotolia

Die tägliche Reise ins Büro soll komfortabel sein, stress- und verspätungsfrei – und möglichst auch ein bisschen metropolencool auf den letzten Metern. Junge Gründer, Mobilitätspioniere und Konzerne rufen die Revolution des Berufsverkehrs aus und treiben die Politik mit spektakulären Ideen vor sich her. In der Branche herrscht Goldgräberstimmung.


Thorsten Neumann inspiziert das neu gestaltete Abteil eines Regionalzugs. Zwei schwarze Fitnessräder sind im Boden verschraubt, rechts und links eröffnen Panoramafenster weite Blicke in die Landschaft, hinten in der Ecke gibt es eine Umkleide. Gestern nannte man es Waggon und Trödelzeit. Morgen nennt man es wohl Pendlerstudio und active commuting. „Workout im Zug“, sagt jedenfalls Neumann: „Für den Rückweg wäre das sehr praktisch.“


Thorsten Neumann, 39, ist einer von Hunderten von Testpendlern, die die Bahn-Konzerntochter DB Regio seit einigen Monaten durch ihren Ideenzug, eine Art Testlabor, lotst. Normalerweise fährt Neumann von Karben aus zu seinem Job in die 30 Minuten entfernte Frankfurter City und abends zurück: eine Stunde lesen, dösen, bestenfalls, einsam gemeinsam mit all den anderen Pendlern, an denen er Tag für Tag vorbeieilt und seiner Wege geht. Neumann soll in dem Ideenzug ausprobieren, wie es besser geht auf der Pendlermitteldistanz. Er testet Sitze mit Kopfstützen, die den Klang abschirmen. Hat sich hineingefühlt in ein Büroabteil mit Schreibtisch. Lässt sich in Massagestühlen durchkneten. Und steigt auf schwarze Fitnessräder, die er gut findet für den Rückweg, aber morgens nichts taugten: „Man kann nirgends duschen.“


Noch wartet der Vorstand im Berliner Bahntower auf die Testergebnisse. Doch schon jetzt ist klar: So wie bisher kann es nicht weitergehen. Wer mit der Bahn zur Arbeit fährt, soll in Zukunft vom Gefühl begleitet werden, seine Pendlerstunden sinnvoll nutzen zu können. Schließlich träumt die Autoindustrie bereits von selbstfahrenden Autos, die ihren Käufern private Qualitätszeit im Stau einräumen. Da kann der Schienenverkehr nicht zurückstehen. Aber pendeln mit Spaß in der Gesellschaft von Hunderten, die man nicht kennt und auch nicht kennenlernen will – wie soll das gehen?


..... Das Original auf https://www.wiwo.de/my/erfolg/beruf/mobilitaet-der-profit-mit-den-pendlern/23200384.html



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