Ein Blick in die Vergangenheit offenbart das Potenzial heutiger russischer Technologie-Experten. Der Programmierer Alexei Paschitnow entwickelte in den 1980er Jahren den Computerspiel-Klassiker Tetris, der Russe Sergey Brin hat zusammen mit dem Amerikaner Larry Page die Suchmaschine Google erfunden. Und auch heute stehen die Chancen für Start-ups im Internet- und Software-Business nicht so schlecht.
Junge russische Tech-Experten verlassen die Universität meist mit solider technischer Ausbildung, etwa in den Bereichen Mathematik, Physik, Informatik, und Technik. "International konkurrenzfähiges IT-Fachwissen ist in Russland durchaus vorhanden", sagt Nina Yanykina, Professorin für Innovation und Management an der ITMO Universität in St. Petersburg.
Die Markteintrittsbarrieren für Unternehmer sind gering. Eine gute Idee, ein Computer und Fachwissen ist zunächst ausreichend. Später kommen die Mietkosten für ein Büro hinzu. Die IT- und Internet-Infrastruktur in Metropolen wie und St. Petersburg ist vorhanden. Und in den letzten Jahren ist die Verbreitung von Smartphones und die Anzahl der Internetnutzer in Russland stetig gestiegen. "Die Digitale Wirtschaft und der E-Commerce-Markt wachsen in den nächsten Jahren im zweistelligen Bereich", sagt Valeriya Nechina vom Marktforschungsinstitut Data Insight in Moskau.
Einige russische Tech-Start-ups sind bereits international bekannt, zum Beispiel N-TechLab. Die Idee: Ein Algorithmus, der auf einem künstlichen neuronalen Netz basiert und ermöglicht, charakteristische Merkmale des Gesichts einer Person zu extrahieren. Die Neugründung belegte den ersten Platz unter insgesamt mehr als 100 Herausforderern bei einer Veranstaltung organisiert von der University of Washington. Damit ließ das sogar Google's FaceNet hinter sich.
Das Petersburger Start-up Oriense ist dagegen weniger bekannt, hat aber großes Potenzial. Das junge Team entwickelt ein technisches Gerät speziell für blinde und sehbehinderte Menschen. Die Technologie basiert auf einer Kombination aus Bilderkennungsalgorithmen und Satellitennavigation. Dadurch sollen drei große Probleme im Alltag dieser Menschen gelöst werden: Hindernisvermeidung, Geo-Navigation und Bilderkennung.
Am Investitionsklima muss noch gearbeitet werdenRussland als Innovationsstandort belegt im Ranking des Global Innovation Index (GII) 2016 Platz 43 und schneidet damit um fünf Plätze besser ab als im Vorjahr. Der GII wird von der Johnson Cornell University, der INSEAD Business School und der World Intellectual Property Organization (WIPO) jährlich erstellt und misst anhand von 84 Kriterien die Innovationsfähigkeit von 128 Volkswirtschaften.
Das größte Hindernis allerdings: "Technologische Innovationen auf den Markt zu bringen und international konkurrenzfähige Unternehmen zu gründen, stellt in Russland ein großes Problem dar", sagt Expertin Yanykina.
Etwa eine Stunde mit dem Auto vom Zentrum Moskaus entfernt liegt das Forschungs- und Industriegebiet Skolkowo - Russlands Antwort auf das Silicon Valley. Unternehmen aus der Energiewirtschaft, Telekommunikation, Biomedizin und Atomtechnologie sollen hier den Rückstand auf die amerikanische Konkurrenz wettmachen. Skolkowo soll Russland den Impuls verleihen, den es in die technologische Führungsriege katapultiert, so hofft man in der russischen Regierung.