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Klimawandel in Frankfurt: In der Hitze der Stadt

Hundstage: Erfrischung kann derzeit jeder Frankfurt gebrauchen.

Sommer, Sonne, Hitzschlag: Heute wird in Hessen womöglich schon wieder ein Hitzerekord erreicht. Im Juli waren die Temperaturen erstmals seit Beginn der Wetteraufzeichnung auf 39 Grad geklettert. Für diesen Freitag haben Meteorologen sogar Spitzenwerte von 40 Grad angekündigt.

Ist diese dichte Folge von Extremen nur ein Zufall? Wohl kaum, meint René Burghardt, Dozent für Umweltmeteorologie an der Universität Kassel. Er sagt: „Langanhaltende Wärmeperioden, aber auch Starkregen-Ereignisse werden immer mehr zunehmen." Für ihn wie für die allermeisten Wetterexperten ist daran vor allem der Klimawandel schuld.

Apfelblüte beginnt früher im Jahr

Dass die globale Erwärmung auch vor Hessen nicht haltmacht, belegt mittlerweile eine Vielzahl an Studien. 2014 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wettermessung, mit 2015 wird aller Voraussicht nach ein weiteres historisches Hitzejahr folgen. Langzeitmessungen des Deutschen Wetterdienstes am Frankfurter Flughafen belegen über die vergangenen sechzig Jahre einen ungewöhnlich starken Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 0,35 Grad je Jahrzehnt. Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird laut Wetterdienst jeder zweite bis vierte Sommertag wärmer als 25 Grad sein.

Was das für die heimische Flora und Fauna bedeutet, ist ebenfalls dokumentiert. Die Apfelblüte in Hessen hat sich seit den sechziger Jahren um fast einen Monat nach vorne verschoben. Auch die heimischen Vogelarten passen sich an das wärmere Klima an und beginnen früher zu brüten.

„Wir erleben eine allmähliche Verschiebung des globalen Klimas nach Norden", sagt Burghardt. Anders gesagt: Das Mittelmeerklima wandert über die Alpen in die hiesigen Breiten ein. Heißere, trockenere Sommer und mildere, regenreichere Winter sind die Folge. Das kann mitunter angenehme Effekte haben. Für einen mediterranen Sommerurlaub muss bald niemand mehr an die italienische Riviera fahren. Und die Paprika im Supermarkt könnten irgendwann nicht mehr aus Mexiko, sondern direkt aus deutschen Anbaugebieten kommen.

„Urbaner Wärmeinseleffekt" kann Hitze verschlimmern

Tatsache ist aber auch, dass die Erwärmung in Großstädten wie Frankfurt schon jetzt zum Problem wird. Gerade dort, wo Viertel eng bebaut sind und es an Grünflächen fehlt, heizen sich die Städte gegenüber dem Umland auf und werden zu Hitzeinseln. Beton und Asphalt speichern die Hitze vom Tag und sorgen auch nachts für unangenehm hohe Temperaturen. Gleichzeitig dringt die zur Abkühlung nötige Kaltluft oft nicht mehr aus den Randgebieten bis in die Innenstadt vor. An der Konstablerwache kann es deshalb an heißen Tagen schon einmal zehn Grad wärmer werden als beispielsweise im Niddatal.

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Der Deutsche Wetterdienst erwartet derzeit nicht, dass sich der „urbane Wärmeinseleffekt" in Frankfurt weiter verschärfen wird. Einiges spricht trotzdem dafür. Denn die Mainmetropole wächst - und zwar rasant. Schon jetzt steht sie unter den am dichtesten besiedelten Städten in Deutschland auf dem siebten Platz. Die Bevölkerung nimmt jährlich um mehr als 15.000 Einwohner zu. Laut einer Studie des Bürgeramts für Statistik und Wahlen könnten in Frankfurt bis 2040 etwa 830.000 Menschen leben, rund 120.000 mehr als heute. Die meisten werden aus beruflichen Gründen herziehen und gern im Stadtzentrum wohnen wollen.

Frankfurt gehört beim Klimaschutz zu Vorreitern

Auf den weiter steigenden Bedarf an Wohnungen muss die Stadt reagieren, indem sie auch in der Innenstadt weitere Bauflächen erschließt. Gerade dort, wo es heute schon am wärmsten ist, werden also weitere Wohnungen, Büros und Parkplätze entstehen. Um allen Interessen gerecht zu werden, müssen die Frankfurter Stadtplaner einen Spagat vollbringen: Sie müssen eine immer kompaktere, aber zugleich nachhaltigere und an den Klimawandel angepasste Stadtentwicklung ermöglichen.

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Beim Klimaschutz gehört Frankfurt bundesweit zu den Vorreitern. Das Energiereferat, eine kommunale Energie- und Klimaschutzagentur, hat seine Arbeit schon vor 25 Jahren aufgenommen und seitdem eine Vielzahl richtungsweisender Projekte auf den Weg gebracht. Seit 2008 liegt ein Energie- und Klimaschutzkonzept vor und mit dem „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz" seit 2014 auch ein ausführliches Gesamtkonzept für eine städtische Energiewende. Bis 2050, so lautet das anspruchsvolle Ziel, soll Frankfurt klimaneutral sein und vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden.

© F.A.Z.

http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/klimawandel-in-frankfurt-in-der-hitze-der-stadt-13737925.html




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