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Singapur GP: Das Lenkrad der Nation

Was 2006 bei der Fußballweltmeisterschaft dem deutschen Volke die Wade Michael Ballacks, das ist 2014 beim Formel 1-Grand Prix von Singapur das Lenkrad von Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Lediglich bis zur 14. Runde dauerte es, ehe der Deutsche seinen Boliden frustriert in der Garage abstellen musste. Die Elektronik war teilweise Defekt und ließ Rosberg nicht problemlos hochschalten. Anfahren unmöglich.

Bereits vor dem Start des Rennens konnte der 29-Jährige nicht zur Einführungsrunde aufbrechen, musste das gesamte Feld passieren lassen und selbst aus der Boxengasse starten. Teamkollege Lewis Hamilton spielten die technischen Probleme seines WM-Rivalen in die Karten. Er dominierte das Fahrerfeld von Beginn an und sicherte sich in einem von taktischen Boxenstopps geprägten WM-Lauf kurz vor Schluss mit einem der wenigen Überholmanöver dieses Rennens gegen Sebastian Vettel den Sieg. Dank der Nullrunde Rosbergs steht der Brite nun in der Gesamtwertung drei Punkte vor dem gebürtigen Wiesbadener.

Der Wechsel an der Spitze ist Ausdruck eines Trends. Nachdem das Duell Hamilton gegen Rosberg beim Großen Preis von Belgien seinen unrühmlichen Höhepunkt fand, als der Weltmeister von 2008 infolge eines Zusammenpralls mit Rosberg ausschied, ist bei Nico Sand im Getriebe. In Monza versemmelte er wegen eines Fahrfehlers den sichergeglaubten Sieg, über welchen sich schließlich Hamilton freuen durfte. Nun setzte sich das Pech des Wahlmonegassen fort. In Singapur machte nun die Technik einen Strich durch die Rechnung.

Was bedeutet dieser erneute Rückschlag nun für Rosbergs WM-Hoffnungen? Die drei Punkte Rückstand sind angesichts fünf ausstehender Rennen und der doppelten Wertung des Abschlussspektakels in Abu Dhabi kaum der Rede wert. Ebenfalls dürfte trotz der jüngsten Ereignisse nicht über die Zuverlässigkeit des Rosbergschen Mercedes´ zu diskutieren sein. Nur zweimal kam er in dieser Saison nicht ins Ziel. Besser ist hier nur Fernando Alonso (ein Ausfall).

Wesentlich bedrohlicher wirkt allerdings die derzeitige Form Lewis Hamiltons. Nimmt man Trainings und Qualifyings der letzten vier Rennen zusammen, war der Engländer zehnmal schneller als sein Kollege. Dieser fuhr lediglich sechsmal dem aktuellen WM-Führenden davon. Hamilton scheint die Stabilität vom Saisonanfang zurückzuerlangen. Dort siegte er viermal in Folge, bevor er zum Sommer hin öfter schwächelte.

Diese ungeheure Präsenz und Zielstrebigkeit zeigt sich sowohl in Hamiltons Performance auf der Strecke als auch in jeder mimischen Regung abseits des Asphalts. Er wird jeden Fehler bestrafen. Rosberg darf sich keine leisten. Und das gesamte Volk schaut zu.

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