Felix Huesmann

Reporter im Hauptstadtbüro des RedaktionsNetzwerks Deutschland, Berlin

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Die AfD sagt, Robert Habeck wünsche sich eine Diktatur - das steckt hinter der Behauptung

bild: imago images / photothek / screenshot / montage: watson

Mehrere AfD-Verbände verbreiten die Behauptung, der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck wünsche sich in Deutschland eine Diktatur nach chinesischem Vorbild. Dabei greifen sie eine missverständliche Äußerung Habecks in einer ZDF-Sendung auf. Tatsächlich forderte der Politiker darin jedoch das Gegenteil: Ein Festhalten an demokratischen Strukturen.

Habeck diskutierte mit dem Philosophen Richard David Precht die Frage " Frisst der Kapitalismus die Demokratie?" Können Kapitalismus und Demokratie koexistieren? Immer weniger Menschen würden daran glauben, sagte Precht im Intro zur Sendung:

Precht und Habeck setzten sich deshalb mit der Frage auseinander, wie schnell die Politik auf die rasanten Veränderungen gerade in der digitalen Welt reagieren kann. Habeck sagte: "Die Politik, meine Welt, arbeitet im Grunde analog. Sie braucht zwei Jahre, um ein Gesetz zu machen, dann muss es Anhörungen geben, Bürgerbeteiligung. Das wollen wir ja auch. Aber dadurch entsteht eine Wirklichkeit, dass die Politik nicht immer auf Ballhöhe mehr der Herausforderungen ist."

Auslöser der Vorwürfe ist eine etwa einminütige Aussage von Robert Habeck

Dann folgte in der Sendung eine einminütiger Monolog Habecks, in der er die politischen Entscheidungsprozesse in Deutschland und China gegenüberstellt. Dieser Monolog ist es, der jetzt gegen ihn verwendet wird. Vor allem AfD-Verbände werfen ihm vor, er würde eine Diktatur nach chinesischem Vorbild in Deutschland befürworten.

Daran beteiligen sich etwa der nordrhein-westfälische AfD-Landesverband, einige AfD-Orts- und Kreisverbände in ganz Deutschland und mehrere rechtspopulistische Medien und Social-Media-Accounts. Auch die rechtspopulistische Autorin und ehemalige Grünen- und CDU-Politikerin Vera Lengsfeld interpretierte Habecks Aussagen in einem Beitrag so, und nannte Habeck einen "Ökodiktator".

Nur einer der zahlreichen Posts: Was hat Habeck wirklich gesagt?

Zur Frage, ob ein Verzicht auf demokratische Prozesse und Mitbestimmungsrechte eine Option sein kann, sagte der Grünen-Vorsitzende:

Befürwortet Habeck wirklich eine Diktatur?

Nein. Ihm wird vorgeworfen, er habe den Halbsatz "ja das wollen wir" auf die Einführung zentralistischer und autoritärer Systeme bezogen. Tatsächlich äußert sich der Grünen-Politiker hier missverständlich. Seine Partei stellt auf watson-Anfrage jedoch klar:

Das wird auch aus dem Gesamtzusammenhang des Gesprächs und aus Robert Habecks weiteren Antworten deutlich.

Robert Habeck hat nicht die Einführung einer Diktatur in Deutschland gefordert. Stattdessen betont er, dass er an den in Deutschland vorhandenen demokratischen Strukturen festhalten will.

Auch wenn der Grünen-Politiker sich missverständlich geäußert hat, handelt es sich bei den nun gegen ihn erhobenen Vorwürfen um teilweise böswillige Fehlinterpretationen.

In rechtspopulistischen und rechtsextremen Kreisen wurden bereits in der Vergangenheit mehrfach Aussagen von Politikerinnen und Politikern der Grünen bewusst falsch interpretiert und sogar frei erfunden, um der Partei zu schaden.

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