Wegen andauernden Konflikten mit der Verwaltung macht André Löwig seinen Kiosk an der Wittelsbacher Brücke wohl dicht.
(Foto: Robert Haas)In München gibt es keine Kioske? Von wegen. Manche bieten bis zu 200 Biersorten und 23 Stunden Betrieb, andere setzen auf Ökoessen. Und fast alle unterliegen ziemlich kuriosen Regeln.
André Löwig macht jetzt dicht. Bis Oktober wird er sein "Standl" an der Wittelsbacher Brücke noch betreiben, dann reicht es ihm. Zu viele Bänke und Tische habe der 54-Jährige vor dem Kiosk aufgestellt, moniert die Stadt. Die Regentonne sei auch nicht genehmigt.
Dabei habe er nicht einmal fließend Wasser in der Hütte, klagt der Kioskbetreiber. Seit langem verstößt er gegen Auflagen der Stadt, viele Bußgelder musste er deshalb schon bezahlen. Seit neun Jahren betreibt er den Kiosk in den Isarauen. Ohne die zusätzlichen Stühle und Bänke könne er nicht vernünftig wirtschaften, so seine Argumentation.
André Löwig macht also - wenn Baureferat, Untere Naturschutzbehörde und Bezirksausschuss nicht doch noch eine Lösung für ihn finden - erst einmal Schluss. Andere Münchner Kioskbesitzer machen weiter. Gerade das strenge Ladenschlussgesetz und damit der Verkauf nach 20 Uhr bereitet vielen große Probleme.
Das Gesetz ist in Bayern streng und eine rechtliche Grundlage für den "Spätverkauf" gibt es eigentlich auch nicht. Es gibt aber einen Ausweg. Viele Kioskbesitzer nutzen gesetzliche Schlupflöcher, um auch nachts für Kunden da zu sein. Einige Kioske haben damit in München bereits Kultstatus.
"Eine Cola, eine Spezi und eine Packung Kaugummi bitte", sagt ein älterer Herr mit gepflegtem Aussehen durch die Öffnung des Kioskes an der Reichenbachbrücke. Der Verkäufer stellt die Ware ohne ein Wort zu verlieren auf den Tresen. Geld wechselt die Hände, der ältere Herr verschwindet nach einem flüchtigen Tschüss. "Der Nächste bitte." Auch um 12 Uhr Mittags an einem Wochentag ist hier viel los, nicht nur am Wochenende, wenn die Isarbesucher kühles Bier brauchen.
Topseller sind Schnitzel- und Bratwurstsemmeln1,80 Euro kostet hier die Halbe Bier. Geöffnet hat der Kiosk 23 Stunden am Tag. "Am meisten los ist zwischen sechs und 10 Uhr und zwischen 17 und 20 Uhr", weiß Harald Guzahn, der Betreiber des Kioskes. Mehr als 2200 Artikel hat der Kiosk im Sortiment. Dazu zählen unter anderem 200 verschiedene Biersorten, wie Guzahn betont. Das teuerste, das Mississippi Mud, kostet schlappe 17,80 Euro. Die "Topseller" seien trotzdem die Schnitzel- und die Bratwurstsemmel.
Harald Guzahn an der Reichenbachbrücke bietet echte Kioskstimmung: rund 200 Biersorten und 23 Stunden Betrieb.
(Foto: Florian Peljak)Harald Guzahn hat kein spezielles Klientel. An seinem Kiosk stehen alle an, die es eilig haben oder die Öffnungszeiten der Supermärkte verpasst haben. Für viele ist es ein Glücksfall, dass es diese kleinen Lädchen gibt und dass sie so lange offen haben. Um das Ladenschlussgesetz zu umgehen, hilft den Kioskbesitzern dabei eine gesetzliche Spitzfindigkeit.
Als Kiosk versteht die Stadt einen Laden, den der Kunde nicht betreten darf und der seine Waren direkt "auf die Straße" verkauft. Ungefähr 50 dieser kleinen Läden gibt es in der Innenstadt nach Angaben des Kreisverwaltungsreferates. Eine allgemein gültige rechtliche Definition, was ein Kiosk ist, gibt es aber nicht. So betreibt jedes Geschäft, das Produkte verkauft, in erster Linie ein Gewerbe. Sobald das Ladenschlussgesetz greift, also nach 20 Uhr, dürfte der Kiosk eigentlich nichts mehr verkaufen, wenn es nicht den zweiten Paragrafen des Gaststättengesetzes gäbe.