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Profiteur der Krise

Während viele Menschen in der Corona-Krise weniger oder gar nicht mehr arbeiten, haben andere besonders viel zu tun. Darunter: 270.000 Frauen und Männer, die in Deutschland in der Abfallwirtschaft arbeiten. Marco van Campen ist einer von ihnen, er ist Müllmann bei der Berliner Stadtreinigung. Hier erzählt er, warum er gerade mehr als sonst zu tun hat, wie die Menschen auf ihn reagieren und wie er versucht, sich vor dem Virus zu schützen.


Früher hieß es immer, Müllmänner seien dreckig, laut und hätten eine große Schnauze. Oder: Pass bloß auf in der Schule, sonst musst du später zur Müllabfuhr. Ich musste nicht, ich wollte. Ich bin mit dem Wunsch aufgewachsen. Schon als Schüler wollte ich zur Müllabfuhr. Wie mein Vater, der dort seit vielen Jahren Kraftfahrer ist. Heute bin ich 34 Jahre alt und arbeite schon seit fast zehn Jahren bei der Berliner Stadtreinigung (BSR). Ich mache das aus Leidenschaft und ein bisschen auch aus Familientradition. Nach der Schule habe ich aber zunächst eine Lehre zum KFZ-Mechatroniker gemacht, weil man damals in Berlin keine Ausbildung zum Berufskraftfahrer machen konnte. Im Anschluss an meine Lehre habe ich ein bisschen hier und da gejobbt. 2011 dann habe ich als sogenannter Läufer bei der BSR angefangen. Ich habe die vollen Mülltonnen an die Straße gezogen und die leeren Tonnen wieder an ihren Platz gebracht. Heute bin ich, wie mein Vater, Kraftfahrer bei der Müllabfuhr. Ich fahre das Müllauto durch die Straßen, steige aber auch aus und unterstütze meine Kollegen beim Holen, Kippen und Wegbringen der Tonnen.

Mein normaler Arbeitstag beginnt um kurz nach fünf, da komme ich auf dem Betriebshof an, ziehe mich um und frühstücke mit den Kollegen. Es ist schön, sich morgens mit den Kollegen auszutauschen, ich bin mit vielen ja tagsüber nicht gemeinsam unterwegs. Wir tauschen uns dann auch über Dinge aus, die nichts mit der Arbeit zu tun haben, da sind richtige Freundschaften entstanden. Gegen sechs Uhr bekomme ich von der Einsatzleitung meine Tour mitgeteilt, hole mir die Liste und die Schlüssel der Ladestellen und treffe mich mit den beiden Kollegen am Auto. Dann ist es so, wie man es sich bei der Müllabfuhr vorstellt, Haus für Haus leeren wir die Mülltonnen, bis der Wagen voll ist. Dann laden wir den in unserem Müllheizkraftwerk in Ruhleben ab und fahren wieder raus. Insgesamt schafft allein unser Wagen rund 20 Tonnen Müll am Tag. Um kurz vor zwei Uhr nachmittags duschen wir auf dem Betriebshof im Prenzlauer Berg und machen Feierabend.


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