Ralph Hasenhüttl fasste mit einem Satz nicht nur das letzte Gruppenspiel seiner Leipziger zusammen, sondern gleich die gesamte erste Champions-League-Saison: "Am Willen und fußballerischem Vermögen hat es nicht gemangelt", sagte er nach dem 1:2 gegen Besiktas.
RB hat allemal das Potenzial, solche Gegner zu besiegen. Doch der Bundesligist scheiterte zu oft an sich selbst, so auch am Mittwochabend in Leipzig.
22 Mal hatte Hasenhüttls Mannschaft aufs gegnerische Tor geschossen, kam aber nur zu einem Treffer durch Naby Keita - und der entstand durch eine Einzelaktion (87. Minute). Immer wieder leiteten die Leipziger ihre Angriffe gut ein, nur um anschließend teils hanebüchene Fehler zu machen und die Chancen nicht zu nutzen. In der Abwehr agierte Leipzig gegen eine Istanbuler B-Elf oft vogelwild. Mit einfachen, klaren Kontern rissen die Gäste vom Bosporus die RB-Defensive auseinander.
Cleverness und Erfahrung gehören bis jetzt nicht zu den großen Stärken der Mannschaft. Vor allem bei den Auswärtsspielen in Istanbul und Porto erwies sich die Mannschaft als zu leichtsinnig, was ein Weiterkommen letztendlich verhinderte.
Hätte RB Leipzig nicht 1:3 in Porto verloren, wäre das erste Gruppenspiel gegen Monaco nicht 1:1 ausgegangen, dann würde RB jetzt vermutlich im Achtelfinale der Champions League stehen. Doch es blieb beim Konjunktiv. Leipzig wurde Dritter und ist nun für die Zwischenrunde der Europa League qualifiziert.
Die Enttäuschung war der Mannschaft nach Abpfiff durchaus anzumerken, als sie in Richtung der halbleeren Fankurve schlurfte. Von dort schallte ihr ein zaghaftes "Europapokal, Leipzig international" entgegen. Die Leipziger hatten sich intern als Ziel gesetzt, auch im kommenden Jahr noch international vertreten zu sein. Sie sind somit im Soll. "Die Europa League ist ein richtig guter Entwicklungsschritt für uns", sagte Torwart Peter Gulasci. Es klang eher pflichtbewusst als begeistert.
Überhaupt betonten Spieler und Trainer immer wieder den "Lerneffekt". Dafür soll es in der Europa League möglichst weit gehen. Eines steht jetzt schon fest: In der Zwischenrunde, die Mitte Februar ausgespielt wird, kann es nicht zum Duell gegen Red Bull Salzburg kommen. Mit sieben Punkten und dem besseren Torverhältnis zählt Leipzig zu den vier besten Gruppendritten und ist bei der Auslosung gesetzt. Ebenso wie Salzburg, das als Erster die Gruppenphase der Europa League beenden wird.
Einen Werner zu halten, wird schwierig
Neben einigem an Erfahrung blieben für die Leipziger noch ein paar weitere Erkenntnisse. "Wir sind mit der Dreifachbelastung gut umgegangen. Das war vor der Saison die große Frage", sagte Hasenhüttl. "Das wir in der Liga trotz der Belastung so weit vorne sind, war nicht zu erwarten."
Als Tabellenzweiter mit sechs Punkten Rückstand auf die Bayern steht Leipzig in der Bundesliga weiter gut da. Die erneute Qualifikation ist nun das große Ziel. "Das hat Spaß gemacht. Es soll nicht das letzte Mal gewesen sein", sagte Nationalspieler Marcel Halstenberg.
Dafür muss Leipzig den zweifelsohne extrem talentierten Kader zusammenhalten und noch weiter ausbauen. Das Geld, das es in den K.-o.-Runden gegeben hätte, wäre da durchaus hilfreich gewesen. Durch Uefa-Prämien und Anteilen am TV-Topf wäre Leipzig das Achtelfinale mit rund elf Millionen Euro vergoldet worden.
RB hätte dieses Geld auch deshalb durchaus gutgetan, weil sich der Klub an die Regeln des Financial Fairplay halten muss. "Das schränkt uns in unseren Handlungsspielräumen enorm ein", hatte Sportdirektor und Chefplaner Ralf Rangnick jüngst gesagt. Zur Bemessung werden die vergangenen fünf Jahre herangezogen. Da spielte Leipzig noch in Liga zwei und drei. Entsprechend stark war die Abhängigkeit von Sponsor Red Bull. Um aber Verträge mit Leistungsträgern wie Marcel Sabitzer und Timo Werner zu verlängern, wird Leipzig viel Geld zahlen müssen. Das wird nun deutlich schwieriger.