Profifußballer ist kein Ausbildungsberuf. Die Wege in den Job als Kicker sind vielfältig. Am vielversprechendsten ist es immer noch, wenn man in den Nachwuchsakademien der Bundesligaclubs alle Stufen durchläuft. Und, ach ja: Man fängt besser früh damit an, als 15-Jähriger ist man wahrscheinlich schon zu alt. Viel Zeit für eine Ausbildung oder ein Studium, für Bildung also, mit der man auch etwas anfangen kann, falls es mit der Profikarriere nicht klappen sollte, bleibt da nicht.
Doch womöglich eröffnet sich gerade ein neuer Weg, den auch Christopher Hellmann gegangen ist. Als 19-Jähriger bot ihm der SV Sandhausen einen Vertrag an. Immerhin: 2. Bundesliga. Hellmann hatte zuvor in der Oberliga gespielt, der Wechsel wäre ein großer Schritt gewesen. Doch Hellmann lehnte ab. "Ich habe mich einfach noch nicht reif gefühlt", sagt er heute. Stattdessen wechselte er an die Lynn University in Florida.
Man muss den US-Amerikanern die Beizeichnung Soccer verzeihen, aber immerhin interessieren sie sich mehr und mehr für Fußball. Immer mehr Teams werden in die nationale Liga (MLS) aufgenommen und auch an den Colleges, wo in den USA die Nachwuchsathleten rekrutiert werden, gewinnt Fußball an Bedeutung. Dass Bastian Schweinsteiger, Andrea Pirlo oder David Villa in der MLS antreten, wertet Europas Sportart Nummer eins ebenfalls auf.
Was für die alternden Stars der Karriereausklang ist, soll für die anderen ein Sprungbrett sein. Immer mehr deutsche Nachwuchskicker kommen an die begehrten Vollstipendien, die viele Tausend Dollar wert sind. Vermittelt werden sie oft von Agenturen, die die Colleges gezielt nach den Wünschen der Spieler aussuchen. Damit lässt sich zwar die Uni mit dem Fußball verbinden. Doch das große Ziel, es von einem College wieder zurück in den deutschen Profifußball zu schaffen, erreichte noch keiner.
Aber Hellmann sagt: "Es war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben." An der Lynn University lernte er nicht nur viele neue Leute, sondern auch seine aktuelle Freundin kennen. Und es gibt schlimmere Orte als Florida, um zum Profifußballer zu reifen: "Es war wie im Paradies, die Uni lag direkt am Strand."
Im zweiten Jahr gewann die Mannschaft den nationalen College-Titel. Nach dem dritten Jahr wurde der 24-jährige für den Draft empfohlen. Beim Draft können sich die Teams der Profiliga nacheinander Nachwuchsspieler aus den Colleges aussuchen und verpflichten. Das schlechteste Team des Vorjahres darf als erstes wählen.
Hellmann kam in Vancouver unter. Ab da stockte die Karriere. Das Team hatte bereits alle Ausländerplätze vergeben. Hellmann zog weiter nach Charlotte. Die Hire-and-Fire-Mentalität der US-Amerikaner gilt auch im Sport. 152 Minuten absolvierte der Linksaußen in der zweiten US-Liga. Er wollte sich weiter durchsetzen, doch aus privaten Gründen kehrte Hellmann nach vier Monaten als Profi in den USA zurück nach Deutschland. Jetzt spielt er bei Astoria Walldorf in der Regionalliga und hofft noch auf eine Profikarriere in Deutschland. Nebenbei macht er seinen Master an einer Fernuni.
Derzeit sehen noch viele deutsche Collegekarrieren so aus. Der Erste, der es von einem College in die MLS geschafft hatte, war Karim Dietz. Er spielte von der U-15 bis zu U-19 für Deutschland, doch zum Bundesliga-Profi hat es nicht gereicht. Dann ging er in die USA: "Für mich persönlich war klar: Wenn ich in die USA gehe, ist die Tür für mich in Deutschland zu." Zwar hat sich die Qualität der MLS verbessert, doch für die Bundesliga bewerben kann man sich damit noch nicht. Das Collegestudium nutzte er, um ins Arbeitsleben überzugehen. "Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe", sagt Dietz über die Vorzüge des Collegeweges. Mittlerweile arbeitet er nebenberuflich als Scout für eine Agentur und sucht Spieler für die USA.