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Den Weltrekord zertrümmert

Eliud Kipchoge ist neuer Marathon-Weltrekordhalter.

(Foto: Bongarts/Getty Images) Beim Berlin-Marathon läuft der 33-jährige Kenianer Eliud Kipchoge einen neuen Weltrekord. Seine 2.01:39 Stunden sind die erste Zeit unter 2:02 Stunden - und eine riesige Steigerung der bisherigen Bestmarke. Kipchoge bereitete sich über Jahre auf diesen Weltrekord vor.

Eliud Kipchoge hielt sich beim Jubeln bemerkenswert zurück, er freute sich eher still, ohne große Gesten, ohne sich aufzuplustern, sich auf die Brust zu klopfen. Als der 33 Jahre alte Marathonläufer aus Kenia mit einem neuen Weltrekord ins Ziel lief, schlug er zuerst die Hände vors Gesicht, sank auf die Knie, bekreuzigte sich, erst dann gingen beide Daumen nach oben. So, als ob er die Zeit, die er hingelegt hatte, noch nicht realisiert habe. In 2:01:39 Stunden hatte Kipchoge ja nicht nur eine neue Bestmarke aufgestellt - er hatte die alte richtiggehend zertrümmert, jene 2:02:57, die sein Landsmann Dennis Kimetto 2014 ebenfalls in Berlin errichtet hatte.

Immerhin sah man dem introvertierten Kipchoge die tiefe Zufriedenheit mit dem Erreichten an. Als er später über das Rennen sprach, erlebte man einen in sich ruhenden und mit breitem Lächeln ausgestatteten Athleten. Einen Läufer, der seinen Status als Bester seines Faches gefestigt hatte, bei seinem Erfolg aber auch immer wieder auf andere verwies. Ein ums andere Mal sagte Kipchoge, er sei "dankbar" - seinem Team, seinem Trainer Patrick Sang, den er gleich nach dem Zieleinlauf umarmte, den Zuschauern, den Organisatoren. Es hätte nur noch gefehlt, dass er seinen Schuhsohlen dankte, dafür dass sie in diesem Jahr standhaft blieben.

Vor drei Jahren hatten sich gleich zu Beginn des Berlin-Marathons die Innensohlen seiner Schuhe gelöst und waren herausgerutscht - der bereits damals angestrebte Weltrekord war dahin. 2017 konnte Kipchoge auf den regennassen Straßen von Berlin die Zeit wieder nicht knacken. Aber in diesem Jahr passte endlich alles.

Kipchoge startete gleich in der angekündigten Geschwindigkeit, der alten Weltrekordzeit immer ein paar Schritte voraus. Zu Beginn hatte Wilson Kipsang, der am Ende Dritter wurde, noch Sichtkontakt, doch dann lief Kipchoge mit seinen Tempomachern ein eigenes Rennen. "Das Tempo vorne war mir heute zu schnell", sagte Kipsang später, immerhin selbst mal Weltrekordhalter. Bei Kilometer 15 stiegen bereits zwei von Kipchoges Wegbereitern aus, bei Kilometer 19 zeigte der letzte Begleiter Verbissenheit. Das Lauftempo war einfach zu hoch. Die Halbmarathon-Marke passierte Kipchoge nach 61:06 Minuten, Weltrekordkurs. "Es war gut, zur Hälfte im Plan zu sein", sagte Kipchoge, "das ist der Punkt, an dem Marathon beginnt."

Ab Kilometer 25 musste Kipchoge komplett ohne Tempomacher auskommen, was aber nicht weiter schlimm gewesen sei, wie er hernach sagte. Er offenbarte jedenfalls keinerlei Probleme, souverän und nahezu unberührt stapfte er voran, Kilometer für Kilometer in konstantem Tempo, ohne irgendwelche Einbrüche oder Schwächephasen. Seine schnellsten fünf Kilometer lief er zwischen dem 30. und 35., da, wo die Läufer normalerweise an einen toten Punkt gelangen und kämpfen müssen.

Doch selbst in der Endphase des Rennens hielt Kipchoge scheinbar mühelos durch, er lief flüssig durch das Brandenburger Tor und setzte sogar noch einen Schlussspurt an. Er verbesserte den Weltrekord schließlich um 1:18 Minuten, seit einem halben Jahrhundert ist die Bestmarke der Männer nicht mehr um eine derart große Spanne gesteigert worden; als erster überhaupt bewältigte er die 42,195 Kilometer in weniger als 2:02 Stunden. Diese Zeit ist in einer eigenen Liga, abgekoppelt vom Rest der Welt.

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