Bereits 1955 gründete sich aus dem Verband der Unabhängigen, in dem viele ehemalige Nationalsozialist*innen Mitglied waren, die Freiheitspartei Kärnten, woraus die rechte Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) entstand. 1983 erreichte die FPÖ erstmals eine Regierungsbeteiligung mit der vormals Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ). 1986 übernahm dann Jörg Haider die Führung der FPÖ, woraufhin der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) die Koalition beendete.
Haiders Forderungen waren schon damals: Geflüchtete sollen in abgelegene Lager untergebracht werden und fremdsprachige Kinder in eigene Klassen kommen, sowie mehrfache Anbiederungen mit dem Nationalsozialismus. Beim sogenannten Lichtermeer gegen Jörg Haiders Ausländer*innen-Hetze gingen hunderttausende auf die Straße. Auch in Wien trieb es um die Jahrtausendwende 150.000 Menschen auf die Straße, um gegen die rechte Regierung zu demonstrieren. Damals gab es starken nationalen und internationalen Gegenwind zur Regierungsbeteiligung der FPÖ. Die anderen EU-Mitglieder sanktionierten die österreichische Regierung und schränkten ihre bilateralen Beziehungen zu Wien ein.
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Trotz der Proteste regierten die rechte Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) von 2000 bis 2007, dieses Mal gemeinsam mit der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), wenn auch ohne Jörg Haider. Während in Deutschland darüber diskutiert wird, wie die sogenannte AfD die Politik prägt, hat in Österreich eine rechtspopulistische Partei bereits des öfteren mitregiert.
Nach Schwarz-Blau nie wieder rechts! Oder doch?Nach der Regierungsbeteiligung hofften viele in Österreich, dass die rechtspopulistische und teilweise rechtsextreme FPÖ nie wieder mehrheitsfähig wird. Doch mit der Migrationsbewegung 2015 hat sich die Stimmung in Europa und allen voran in Österreich verändert. Während der damalige österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sich an die Seite der deutschen Kanzlerin Merkel stellte und eine Willkommenskultur ausrief, tauchte der damalige Integrationsminister Sebastian Kurz unter. Schon damals schien er zu wissen, dass es keine Fotos von ihm in Verbindung mit dieser Willkommenskultur geben durfte.
Kurz gegen MerkelDenn als die Stimmung kippte und klar wurde, dass Willkommenheißen allein nicht ausreichen würde und dass Österreich an seiner und ganz Europa an ihrer Integrationspolitik würde arbeiten müssen, tauchte Sebastian Kurz wieder auf. Er rühmte sich damit, die Balkanroute geschlossen zu haben und stilisierte sich als Gegner der deutschen Kanzlerin Merkel. Kurz bot damit Österreich eine einfache Antwort auf ein kompliziertes Problem: Dicht machen und vorrangig an sich selbst denken.
Kurz bot damit Österreich eine einfache Antwort auf ein kompliziertes Problem: Dicht machen und vorrangig an sich selbst denken.
Im Juli 2017 wurde Kurz mit 30 Jahren zum Vorsitzenden seiner Partei, der ÖVP, gewählt. Dazu muss man wissen, dass die ÖVP, eine der zwei großen Volksparteien in Österreich, schlichtweg nichts mehr zu verlieren hatte. Bei der Wahl zum Bundespräsidenten kam ihr Kandidat nicht mal in die Stichwahl und auch bei den Wahlen zuvor schnitt die konservative Partei schlecht ab. Um bei der Nationalratswahl im Herbst 2017 eine Chance zu haben, mussten sie sich neu aufstellen. Darum bestimmten sie Sebastian Kurz mit 98,7 Prozent zum neuen Obmann.
Daraufhin folgte ein Wahlkampf in dem Kurz in jede einzelne Diskussion das Thema Migration einbrachte. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) driftete unter Sebastian Kurz immer mehr nach rechts. Einem Großteil der österreichischen Bevölkerung schien das zu gefallen, denn bei der Nationalratswahl 2017 - der Nationalrat ist die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments - stimmten über die Hälfte der Wähler*innen (57,5 Prozent) für eine rechtskonservative (ÖVP 31,5 Prozent) bis rechtsextreme Partei (FPÖ 26 Prozent). Die Sozialdemokrat*innen bekamen 26,9 Prozent und die Grünen erreichten nur mehr 3,8 Prozent und flogen somit aus dem Parlament. Bei diesen Zahlen muss beachtet werden, dass es in Österreich keine anderen großen linken Parteien gibt.
„Man hat sich mittlerweile daran gewöhnt und ist abgestumpft", sagt Herausgeber und Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter Armin Thurnher dem ZDF im Bezug auf rechte Politik in Österreich. Die FPÖ mache heute sogar noch radikalere Aussagen als damals, viele ihrer Politiker seien Burschenschafter - groß schockieren würde das in Österreich nur mehr die wenigsten, so Thurnher.
Braune „Ausrutscher und Einzelfälle"FPÖ-Politiker*innen fallen immer wieder mit rassistischen und diskriminierenden Äußerungen auf: Hitlerbilder auf Facebook; Hitlerbilder auf Whatsapp; Politiker*innen bei Hitlergrüßen; Politiker, die Mitglieder in NS-verherrlichenden Burschenschaften sind; Nazi-Ästhetik bei Auftritten; antisemitische Liederbücher in Burschenschaften; Hakenkreuz-Postings auf Facebook; das Tragen von Kornblumen; Rechtsrock-Bands liken; Wunschkennzeichen „88" bestellen; Weihnachtsgrüße mit Nazipropaganda verschicken; Lokale gut finden, die Hitlers Geburtstag feiern; davon sprechen, andere Menschen an einem Ort „konzentrieren" zu wollen; andere Menschen als Untermenschen bezeichnen; die Verwendung des N-Wortes - dies ist eine unvollständige Liste von sogenannten Einzelfällen, die sich auf Seiten der FPÖ seit Jahren häufen.
Rechte Veranstaltungen im Land der Alpen: Akademikerball und Ustaša-GedenkfeierJedes Jahr trifft sich zudem in der Hofburg, der ehemaligen Kaiserresidenz direkt in der Wiener Innenstadt, die rechte Szene Österreichs und Europas beim sogenannten Akademikerball. Die rechte Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) lädt dazu unter anderem Burschenschafter aus schlagenden Burschenschaften ein. Ebenfalls stark kritisiert wird das Land der Alpen für die Ustaša-Gedenkfeier, die im österreichischen Bleiburg stattfinden kann. Dort treffen sich unter dem Deckmantel einer kirchlichen Veranstaltung jedes Jahr Neonazis.
Warum ist Österreich also so rechts?Neben der österreichischen Politik, die sich von den Rechtspopulist*innen immer mehr in eine rechte Position drängen ließ, ist auch die Medienlandschaft ein großer Teil des Problems. In Österreich wird der mediale Diskurs massiv von der Boulevard-Presse gesteuert. Im Vergleich zu Deutschland gibt es nicht nur eine Bild-Zeitung, sondern gleich mehrere. Platzhirsch ist seit Jahren die Kronen Zeitung. Sie hat eine Verkaufsauflage von mehr als 700.000 Exemplaren täglich, das ist umgelegt so, als würde die Bild acht Millionen Ausgaben verkaufen. Dazu kommt die Gratiszeitung Heute, die bei sämtlichen U-Bahn-Stationen ausliegt und das Boulevard-Blatt Österreich.
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Das Boulevard beherrscht auch das Netz, vorne dabei ist das Blog unzensuriert.at, das immer wieder rassistische und diskriminierende Inhalte sowie Nachrichten pro FPÖ publiziert und die Facebook-Seite des Vorsitzenden der Freiheitlichen Partei Heinz-Christian Strache, der mit über 768.000 Abonnent*innen ebenfalls den Diskurs mitbestimmt. Heinz-Christian Strache, aktueller Vizekanzler Österreichs, ist Mitglied einer deutschen Burschenschaft und war in jüngeren Jahren in der Neonazi-Szene unterwegs.