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Loslassen – Ist doch eigentlich ganz einfach!

Der schnellste Weg zum Glücklichsein? Aufhören, Dinge zu tun, die man eigentlich gar nicht will. Etwas tun, von dem man nicht gedacht hätte, dass man es kann. Das Leben entrümpeln und sich fragen, was einem eigentlich wichtig ist. Und gerne auch mal „Fuck It“ sagen.


„Ich habe genug Geld verdient.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich der zweifache Formel 1-Weltmeister Mika Häkkinen von Ruhm und Rennsport. Einfach so. Vor vier Jahren hatte der Finne keine Lust mehr auf Rallye-Stress. Jetzt lebt er mit Kind und Kegel zurückgezogen in der Schweiz und fährt die wilden Flitzer nur noch zum Spaß. Er hat sich getraut, was bei den meisten Menschen nur eine geheime Aussteigerphantasie ist. Raus aus der Sicherheit (denn es könnte immer noch ein bisschen mehr sein) und raus aus der Routine.


Laut einer Studie von marketagent.com fühlt sich – von 500 österreichischen Probanden - jeder Vierte von einem Burnout bedroht. Obwohl zwei Drittel der StudienteilnehmerInnen mit ihrem Job sehr zufrieden sind, werden die Zeichen der Überlastung immer deutlicher. „Es ist ein zeittypisches Phänomen, dass es immer weniger Menschen schaffen, sich von längst überholten Zielen, Idealen oder aus schlechten Beziehungen zu lösen“, erklärt Heiko Ernst, Chefredakteur von Psychologie Heute. Der Grund dafür ist, dass Beharrlichkeit in unserer heutigen Leistungsgesellschaft als Charakterstärke gilt. „Man hält es für das Größte, wenn man einmal ins Auge gefasste Ziele niemals aufgibt. Selbst wenn sie nicht mehr lohnenswert sind“, meint die Sozialwissenschaftlerin Herrad Schenk.


Eine mögliche Ursache dafür liegt in unseren Genen. Denn: Einerseits ist der Mensch darauf programmiert, Neues zu entdecken, um sich weiterzuentwickeln - auf der anderen Seite beherrscht ihn aber auch eine tiefsitzende Angst vor dem Unbekannten. Deswegen betreten wir fremden Boden meist mit einem mulmigem Bauchgefühl, trauen uns nicht, den miesen Job hinzuschmeißen oder fürchten uns sogar vorm Friseur, weil der zu viel an uns verändern könnte. Diese instinktiven Vorsichtsmaßnahmen halten uns meist dort zurück, wo wir zügig weitergehen sollten. Denn, auch wenn es abgedroschen klingt: nur wer mit Vergangenem abschließt, hat Platz für neue Ideen und Ziele. Aber wie setzt man das am besten um? Provokativ und respektlos, wenn es nach dem Erfolgsautor John C. Parkin geht. Der will ausgelaugte Gemütern mit seiner „Fuck It“ – Methode aus ihrem antrainierten Wertesystem herausholen. "Wir sind jeden Tag von Dingen umgeben, die uns nicht passen. Das lärmende Gebell des Nachbarhundes; die Art, wie uns unser Partner beim Frühstück ignoriert; der Stau auf dem Weg zur Arbeit.“ Aber nichts davon muss so sein. „Wenn die Dinge, von denen wir dachten sie bedeuten uns etwas, anfangen uns zu belasten, können wir getrost mal 'Fuck It' sagen“, beschreibt Parkin seine Thesen, die mittlerweile religiösen Status erreicht haben.


Dass bewusst Entspannen erst gelernt werden muss, zeigt die Webseite donothingfor2minutes.com, auf der man aufgefordert wird, zwei Minuten nichts zu tun, um einfach zu relaxen. Keine leichte Übung, denn schon nach wenigen Sekunden drängen sich die Überlegungen für die nächste Einkaufsliste oder den Sommerurlaub wieder ins Bewusstsein. Es gibt zwei Möglichkeiten, sich aus belastendem Stillstand zu befreien: Ändern, was man ändern kann, oder es akzeptieren. Ohne Guru oder exzessives Meditieren. Es braucht nur zwei Worte, die zu mehr Gelassenheit und Freiheit führen: "Fu** It!" Loslassen, Abstand gewinnen und entspannen. In der Theorie klingt das so einfach, aber wer möchte schon seinen Chef vergraulen, unzuverlässig sein, oder eine Entscheidung bereuen müssen? Man spricht nicht umsonst von der „Kunst“ des Loslassens. Hier kommt ein kleiner Anreiz: Die Psychologin Lydia Lang vom Max-Planck-lnstitut hat in Studien nachgewiesen: Nicht genutzte Chancen belasten unsere Psyche viel mehr als begangene Fehler. Das heißt, wer riskiert, auch mal eine falsche Entscheidungen zu treffen und aus seinem Laufrad auszubrechen, wird schnell sehen, wie gut sich das anfühlt und lebt auf Dauer glücklicher.