Philipp Gauch: Die Choreographie stand unter dem Motto »Für immer in Ehren – Fritz Walter und sein Stadion. Hierzu haben wir in der Mitte der Westkurve eine große Blockfahne des Stadions ausgerollt, aus deren Mitte Fritz Walter emporstieg. Der Anlass war der 90. Geburtstag Fritz Walters und das 25-jährige Bestehen des Stadionnamens (Video).
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Ihre Gruppe hat die Auszeichnung allerdings abgelehnt. Haben Sie den Preis etwa nicht verdient?
Philipp Gauch: Doch. Die Choreographie war auf jeden Fall auszeichnungswürdig. Das haben uns auch sehr viele Leute bestätigt.
Was war dann der Grund?
Philipp Gauch: Das Problem ist »easycredit«, der Sponsor des Preises. Die haben seit dem Jahr 2006 die Namensrechte am Nürnberger Stadion und stehen damit einer Umbenennung in Max-Morlock-Stadion, wie es eine Nürnberger Faninitiative fordert, im Wege. Mit dem zentral formulierten Anliegen der Akademie, Fankultur zu fördern und sich mit ihr auseinanderzusetzen, ist dieses Sponsoring nicht vereinbar. Daher ist eine Annahme des Preises für uns unmöglich.
Was haben Sie mit dem Nürnberger Stadionnamen zu tun? In Kaiserslautern, wo es keinen Stadionsponsor gibt, müsste die Welt doch für Sie in Ordnung sein.
Philipp Gauch: Die Fanszenen müssen sich bundesweit mit denselben Problemen beschäftigen. Sei es der Verkauf von Stadionnamen, die Genehmigung von Fanmaterialien oder den Anstoßzeiten. Auch wenn wir Glück haben und unser Stadionname nicht zum Verkauf steht, ist es für uns wichtig, sich bei solchen Themen solidarisch zu zeigen und sich gegenseitig zu unterstützen.
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Haben Sie sich vor der Entscheidung mit den Initiatoren der Nürnberger Kampagne beraten?
Philipp Gauch: Ja, wir haben mit den Nürnbergern gesprochen und ihnen vorgeschlagen, den Preis anzunehmen und der Max-Morlock-Initiative das Preisgeld in Höhe von 3000 Euro zur Verfügung zu stellen. Das haben sie aber abgelehnt.
Wieso?
Philipp Gauch: Es wäre sicher eine lustige Geschichte gewesen, wenn die Initiative gegen das Stadionsponsoring Geld vom aktuellen Sponsor erhalten hätte. Allerdings wollen sie aus prinzipiellen Gründen kein Geld von diesem Sponsor annehmen.
War die Entscheidung in Ihrer Gruppe unumstritten? Es ist ja schließlich auch eine Ehre, die Ihnen damit zuteil werden sollte.
Philipp Gauch: Natürlich ist es eine Ehre, das sehen wir auch so. Man muss unterscheiden: Einstimmig war die Entscheidung, den Preis nicht anzunehmen. Umstritten war der Umgang mit dem Preisgeld. Es war eine Option, die Akademie darum zu bitten, das Geld an ein von uns ausgewähltes karitatives Projekt zu überweisen. Letztendlich haben wir uns aber gegen diese Variante entschieden. Stattdessen haben wir, um dem sozialen Charakter des Preises gerecht zu werden, am vergangenen Spieltag selbst eine Spendenaktion im Stadion durchgeführt und dabei circa 5000 Euro gesammelt, die an drei soziale Organisationen gespendet werden.
Wie hat die Akademie auf die Ablehnung reagiert?
Philipp Gauch: Wir haben sie natürlich frühzeitig darüber in Kenntnis gesetzt. Auf unseren offenen Brief haben sie mit einer Stellungnahme geantwortet, um unseren Argumenten etwas entgegen zu setzen. Sie mussten ihren Hauptsponsor in Schutz nehmen, was ja auch verständlich ist. Alles in allem war der Austausch wirklich sehr fair.
Sind Sie auch gegenüber anderen Stadionsponsoren so konsequent? Verzichten Sie auf die Produkte von Banken, Versicherungen, Auto- oder Bierherstellern, die als Stadionsponsoren in Erscheinung treten?
Philipp Gauch: Letztendlich muss man natürlich schauen, dass man noch mit beiden Beinen im Leben steht. Da kann man sich gegen die ganze Kommerzialisierung nicht wirklich wehren. Es gibt aber Unternehmen, die es übertreiben. Seitdem etwa Red Bull so stark ins Fußballgeschäft eingestiegen ist, gibt es bei uns viele Mitglieder, die das Getränk nicht mehr kaufen.
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Stellungnahme zum Preis der Deutschen Akademie für Fussballkultur
Hallo FCK Fans,
mit gemischten Gefühlen haben wir die Auszeichnung unserer Fritz Walter Choreographie durch die Deutsche Akademie für Fussballkultur zur Kenntnis genommen.
Grundsätzlich begrüßen wir eine Initiative, die sich mit den positiven Seiten der Fankultur in ihrer ganzen Vielfalt auseinandersetzt. Bis heute ist die Medienlandschaft bei Fanaktivitäten durch eine übertriebene, meist wenig sachliche Berichterstattung gekennzeichnet. Es wird grundsätzlich nur bei negativem Fanverhalten berichtet. Berichte über die bei weitem überwiegenden positiven Fanaktionen sucht man hingegen meist vergebens. Oft scheint es mehr darum zu gehen, Ängste und Vorurteile zu schüren, als an der Fankultur an sich interessiert zu sein. Ein bis heute bedenklicher Umstand, durch den sich de facto ein natürliches Misstrauen der Fanszenen gegenüber der deutschen Medienlandschaft entwickelt hat. Als aktuelles Beispiel hierfür kann die Berichterstattung zu diesem Thema in der “Nürnberger Abendzeitung” dienen, in welcher von einem drohenden Skandal die Rede ist.
Wie schon angeklungen, ist es positiv zu bewerten, dass sich durch die Akademie auf einer verantwortungsvollen Ebene eine Wertschätzung für die uneigennützigen Aktivitäten der Fans entwickelt hat. Schließlich bedeutet eine Choreographie einen nicht zu unterschätzenden Arbeits- und damit Zeitaufwand, auch aus finanzieller Perspektive. Jugendlichen Fans wird eine Möglichkeit geboten, abseits von den Zwängen des Alltags eigenständig etwas zu schaffen, worauf sie mit Recht stolz sein können. In ihren Fanclubs finden sie Anerkennung, die Fanclubs sind für sie eine Art Heimat, in der sie grundlegende Werte wie Respekt, Hingabe, Vertrauen und Toleranz erfahren.
Trotz den positiven Aspekten der Akademie für Fussballkultur können wir den Preis aus folgenden Gründen nicht annehmen:
Der Hauptsponsor
Stadien sind heute Arenen – oft multifunktional – und das Rahmenprogramm im Inneren wird verstärkt auf die Kunden des Vereins ausgelegt. Freiräume in den Fankurven werden beschnitten. Der Fußball wird als Event stilisiert und Neubauten ohne jeglichen Bezug zur Stadt oder dem Verein auf freier Fläche erbaut. Die Identifikation der Menschen geht zunehmend verloren, zahlungskräftigeres Publikum genießt Vorrang.
Wir erklären uns ausdrücklich solidarisch mit den Fans aus Nürnberg, welche sich seit Jahren mit viel Herzblut dafür einsetzen, dass ihr Stadion den Namen ihres Idoles Max Morlock trägt. Max Morlock ist ebenso wie Fritz Walter ein 54er Held und es wäre weit mehr als ein symbolisches Bekenntnis, wenn der 1. FC Nürnberg im Max-Morlock-Stadion auflaufen würde. Dies wird allerdings seit Jahren durch easyCredit/TeamBank, dem Hauptsponsor und Gründungspartner der Akademie, verhindert. easyCredit/TeamBank besitzt seit 2006 die Namensrechte des Nürnberger Stadions. Diese Sponsoringaktivität steht also einem zentralen Feld der Fußballkultur, nämlich der Auseinandersetzung mit und der Förderung der Fankultur, grundlegend entgegen. Eine Annahme des Preisgeldes, das von einem solchen Sponsor gestiftet wird, kommt für uns daher nicht in Frage. Im übrigen legen wir easyCredit/TeamBank nahe, sich selbst einmal zu hinterfragen, ob sie mit ihrer Sponsoringaktivität bei der Fußballakademie überhaupt an der richtigen Adresse sind.
Die Fans des 1. FC Kaiserslautern e.V. sind stolz, in das Fritz-Walter-Stadion zu pilgern und nicht in eine x-beliebige Arena, welche in zwei Jahren einen anderen Namen trägt. Wir sind stolz, dass in Kaiserslautern Tradition und die Legenden des Vereins einen höheren Stellenwert haben als eine kurzfristig erhöhte Liquidität. Monetäre Interessen dürfen niemals die gelebte Geschichte eines Vereins ersetzen! Hierbei handelt es sich nicht um Sozialromantik, sondern vielmehr um eine Überlebensstrategie. Ausschließlich Letzteres bewahrt in sportlicher Sicht mittelmäßige Vereine vor dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit.
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Tue Gutes und rede darüber
Wenn sich Unternehmen sozial engagieren, ist das zunächst ein positives Signal. Schließlich gibt es leider immer noch viel zu viele Menschen, die Hilfe benötigen. Große Unternehmen nutzen solche Spenden, deren Beträge für solche Unternehmen nicht mehr als Peanuts sind, jedoch häufig dazu, sich einen sozialen Anstrich zu verleihen und positive Presse zu erhalten. Spenden werden somit für Marketingstrategien zweckentfremdet. In diesem Fall treibt es der Sponsor easyCredit/TeamBank jedoch noch mehr auf die Spitze: Er unterstützt eine Einrichtung, deren Sinn und Zweck er durch eine andere Sponsoringaktivität konterkariert. Eine Tatsache, die grundlegenden Werten der Generation Luzifer widerspricht.
Es bleibt also festzuhalten, dass sich unsere Kritik ausschließlich gegen die Praktiken der Teambank AG richtet. Wir bedauern, dass die Deutsche Akademie für Fussballkultur in dieser Sache einer der Leidtragenden ist, denn leider werden die durchaus anerkennenswerten Ziele der Fussballakademie durch das Sponsoring von easyCredit/TeamBank ad absurdum geführt.
Um dem eigentlichen sozialen Zweck dieses Preises gerecht zu werden, wird unsere Gruppe beim folgenden Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen den SC Freiburg eine Spendenaktion zugunsten folgender Organisationen durchführen: - “alt – arm – allein” Kaiserslautern e.V. - Fritz Walter Stiftung - Indienhilfe Kaiserslautern e.V. Weitere Informationen zu der Spendenaktion folgen morgen.
Generation Luzifer Kaiserslautern 1998
Zuerst erschienen hier: http://generation-luzifer.de
Die Stellungnahme der Akademie für Fußball-Kultur findet ihr hier >>
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