Erik Baumgärtel

Journalism and Political Communication , Berlin

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Bundespräsident besucht Flüchtlingsheim in Wilmersdorf: Gauck: Es gibt auch ein helles Deutschland

Lichtblicke der Hoffnung im Flüchtlingsdrama, es gibt sie. Zum Beispiel in Wilmersdorf. Als Bundespräsident Joachim Gauck (75) Mittwoch dem Flüchtlingsheim am Fehrbelliner Platz (ehemaliges Bezirksamt) einen Besuch abstattet, ist er überwältigt vom Engagement und der Hilfsbereitschaft der Freiwilligen.

Anschließend tritt er vor die Kameras und teilte die Republik in zwei Teile. In das „helle Deutschland" und in „Dunkeldeutschland". Dabei findet er deutliche Worte für rechte Hetzer. Das „Helle" sind für Gauck die vielen Freiwilligen, wie Ärzte, Betreuer, Übersetzer - alle, die verängstigten Flüchtlingen die Ankunft hier erleichtern wollen. Das „Dunkle" sind für ihn rechte Krawallmacher, „Hetzer" und „Brandstifter". „Wir werden denen sagen: Ihr repräsentiert uns nicht!", so Gauck.

Früher als andere Politiker erkannte er die Tragweite der Flüchtlingskrise. 2012, beim Besuch einer Unterkunft in Brandenburg, forderte Gauck bereits einen Mentalitätswandel. Heute ist er überwältigt von der Initiative „Wilmersdorf hilft", die sich in kürzester Zeit zusammenschloss, um anzupacken.

„Man kann eben nicht alles der Politik überlassen. Es liegt an uns, hier bessere Verhältnisse zu schaffen. Wir benötigen immer noch helfende Hände, weil es an so Vielem fehlt", erklärt Lea Frings (32), Mitarbeiterin vor Ort. Auch sie weiß: „Es gibt mehr Leute die helfen wollen als solche, die hetzten." Mit vielen Bewohnern im Heim pflegt sie ein freundschaftliches Verhältnis. Frings fordert von der Politik schnellere und unbürokratischere Hilfe.

#image[3]Ein anderer Freiwilliger zum KURIER: „Die Menschen sind unter Lebensgefahr nach Deutschland gekommen. Ihre Hoffnung nach Sicherheit war der Antrieb für diese Strapazen. Hier müssen sie diese bekommen." Das Gebäude des ehemaligen Bezirksamtes beherbergt zurzeit über 500 Bewohner. Vor zwei Wochen kamen die ersten hier an. Siebzig Ehrenamtliche halfen spontan beim Einzug. Betten und Tische wurden aufgestellt und die ersten Ankömmlinge versorgt.

15 freiwillige Helfer vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) sind hier heute täglich im Einsatz. Außerdem 30 Ärzte und 20 Krankenschwestern. Sie opfern ihren Urlaub oder die Freizeit. Deutschland rechnet 2015 mit 800000 Asylanträgen - so vielen wie nie zuvor. Doch so düster wie die Lage oft erscheint, ist sie nicht. Mehr als die Hälfte der Deutschen ist der Überzeugung, dass Asylsuchenden hier die Hand gereicht werden muss.

Mohammed (25) ist einer der Bewohner. Vor zwei Wochen kam er an. „Ich bin sehr glücklich hier sein zu dürfen, weil Deutschland mir eine Chance gibt." Der ausgebildete Marketing-Manager musste aus seiner Heimat im Nordirak vor den Terrormiliz IS fliehen. Den Besuch des Bundespräsidenten betrachtet er folgendermaßen: „Für uns ist er Vater des Landes und spricht für sein Volk. Das gibt Hoffnung für die Zukunft."

Lea Frings erteilt dem Vorurteil von Zuwanderung in die Sozialsysteme eine klare Absage: „Wenn die Flüchtlinge hier ankommen, fragen sie als erstes: Wo kann man einen Deutsch-Sprachkurs machen? Die Leute hier sind nicht nur integrationswillig, sie sind integrationshungrig!"

Nur wenige Stunden nach dem Besuch von Gauck wurde „Dunkeldeutschland" dann auch für die Berliner ein Thema. In einer Sporthalle auf dem Gelände der früheren Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik brach ein Feuer aus. Teile des Areals werden derzeit von Flüchtlingen bewohnt.


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