Lehrer der Spandauer Carlo-Schmid-Oberschule haben gegen den maroden Zustand ihrer Schule demonstriert. Gleichzeitig kritisierten sie lautstarke Sanierungsarbeiten während der Unterrichtszeit.
Die Liste der Mängel an der Carlo-Schmid-Oberschule, die im Laufe der vergangenen Jahre auftraten, ist lang: defekte Fenster, undichte Dächer, mehrwöchiger Legionellenbefall, defekte Gasversorgung, mangelhafte Brandschutzwege, Ausfall der Brandmeldeanlage, Wasserschäden, atemwegsreizende Mikrofasern und zuletzt die Ablösung von Deckenteilen. 45 Lehrer der Schule machten deshalb am Dienstagmorgen vor Unterrichtsbeginn ihrem Ärger Luft.
Mit Bauhelm, Ohren- und Atemschutz protestierten sie lautstark nicht nur gegen die, ihrer Meinung nach, unzumutbaren Zustände im Gebäude, sondern auch gegen Baulärm und Dreck von Arbeiten, die während der Schulstunden stattfinden.
Auf einem der Transparente war zu lesen: „Es gibt keine Schrottschulen - nur falsche Kleidung". Dabei hatte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) vor drei Wochen in einem Editorial eines Newsletters an alle Führungskräfte Schulleiter maroder Schulen von öffentliche Kritik am Zustand der Gebäude abgeraten. Für die SPD-Politikerin war es eine Frage des Stils, dass das Lehrerkollegium die eigene Schule gegenüber den Medien nicht zur „Schrottimmobilie" erkläre.
Sven Dudkowiak, Lehrer und Vorsitzender des Personalrates der Schule, sowie dessen Kollegen ließ das kalt. Sie fordern Sofortmaßnahmen. Die Belastung durch die Sanierungsarbeiten und der einhergehende Baudruck seien gesundheitsgefährdend. Für ihn wäre eine Alternative, die Schüler vorerst in bereitgestellten Containern zu unterrichten. Zudem beklagt er mangelhafte Fluchtwege und die defekte Alarmanlage im Gebäude. „In den letzten zwei Jahren gab es drei Brände. Bei einem Feuer im Frühjahr wurde die Brandmeldeanlage gar nicht erst ausgelöst. Im schlimmsten Fall könnte es sein, dass man im Klassenraum sitzt und nicht merkt, wenn es brennt", so Dudkowiak.
GEW: „Investitionen jahrelang verschlafen"Bezirksbürgermeister und Schulstadtrat Helmut Kleebank (SPD), der selbst vor Ort war, sagte dazu: „Wir arbeiten bereits seit vielen Monaten daran, dass sich die Lage hier verbessert." Die baulichen Maßnahmen würden seines Erachtens nach laufen. Er verweist dabei auf die Bauarbeiter, die im Foyer Arbeiten verrichten. Auch seien bereits alle gesundheitsgefährdenden Mikrofasern beseitigt und die Brandmeldeanlage erneuert worden. Diese werde, so versichert er, wöchentlich kontrolliert. Notfalls wolle man eine Brandwache abstellen, die Alarm schlagen könnte.
Für den Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin, Tom Erdmann ist klar: „Investitionen sind jahrelang verschlafen worden." Er fordert für seine Kollegen: „Die Senatsverwaltung soll endlich einen dezidierten Sanierungsplan für die Schule vorlegen. Die zeitlichen Abläufe müssen transparent gemacht werden. Pädagogen müssen mehr mitgenommen und in Kenntnis gesetzt werden, wann an ihrem Schulstandort welche Baumaßnahme ansteht und wie lange sie dauert." Ein solcher Sanierungsplan sollte bereits im Herbst veröffentlicht werden. Die Senatsverwaltung geht aber nun von Ende dieses Jahres aus.
Seit 2013 finden in der Carlo-Schmid-Schule Arbeiten statt. Wie berichtet, war in den Herbstferien aufgrund eines Wasserschadens eine Zwischendecke im Foyer eingestürzt. Die Schule ist einer der Großsanierungsfälle in der Berliner Schullandschaft. Laut Schulbauoffensive des Senats sollen in den nächsten zehn Jahren 5,5 Milliarden Euro in die Instandsetzung von Schulgebäuden in Berlin und in die Schaffung von 70.000 neuen Schulplätzen fließen.
Für Großsanierungen mit einem Volumen von 593 Millionen Euro haben die Bezirke im Oktober um Amtshilfe von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gebeten. Allein die Carlo-Schmid-Schule muss für 17 Millionen Euro kernsaniert werden. Vor vier Jahren wurde damit begonnen, die als krebserregend eingestuften Dämmmaterialien (künstliche Mineralfasern) zu entfernen. Einige Lehrer beklagen aber, dass sie durch die Belastungen krank geworden seien.
„Zahlreiche Untersuchungen und Messungen wurden veranlasst"Dass es nur stückweise vorangeht, begründet der Bezirk mit dem großen Sanierungsstau der vergangenen Jahre. Einen Tag vor der Protestaktion am Dienstag erreichte ein Rundschreiben von der Senatsverwaltung die Beteiligten. Daraus geht hervor, dass sich die Senatorin nun persönlich Mitte Dezember einen Überblick über die Lage vor Ort machen wolle.
Außerdem nehme man die Sorge der Lehrer ernst und verweist darauf, dass durch das Bezirksamt Spandau „zahlreiche Untersuchungen und Messungen veranlasst wurden, die keinerlei Belastungen durch Schadstoffe oder Schimmel belegen". Die Gesellschaft für Betriebsmedizin und Betriebsberatung (GBB) wurde nun gebeten, gemeinsam mit dem Betriebsarzt eine Vor-Ort-Begehung vorzunehmen und Einsicht in die vorliegenden Gutachten zu nehmen.