Erik-Holm Langhof

Journalist, freier Pressefotograf, Leipzig

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Stoff wird immer beliebter

Grün, symbolisch und nachhaltig: Andrea Paul hält eine der nagelneuen Einkaufstaschen für die Zittauer Händler in der Hand. Sie selbst, die Geschäftsführerin des Reformhauses auf der Frauenstraße, ist schon lange Mitglied im Verein „Zittau lebendige Stadt e. V.“, der nun einen neuen Stoffbeutel als Alternative für die Plastikbeutel der vielen Geschäfte in der Stadt gestaltet hat. „Wir sind sehr froh, dass der Beutel aus umweltfreundlicher biozertifizierter Baumwolle besteht“, sagt Paul erfreut. „Sie kommen auch richtig gut bei den Kunden an.“


Bereits vor der Umstellung der vielen innerstädtischen Händler setzte der Drogeriemarkt in der Bautznerstraße das erste Zeichen und entschied im Februar bundesweit die kleinen kostenlosen Plastikbeutel an der Kasse abzuschaffen. „Eine Entscheidung, die viele Kunden positiv entgegen genommen haben“, sagt Eva Noack. „Viele verstehen unsere Gründe und sind auch zum Kauf einer Tüte bereit.“ Allerdings, wie die Zittauer Filialleiterin weiter erzählt, bringen viele Kunden ihre eigenen Taschen mit, um ihren Einkauf zu verstauen. „Und wenn doch mal jemand seine Tasche vergessen hat, bieten wir ihm auch gern eine Permanenttasche an, die er mehrfach verwenden kann.“


Ähnlich zeigt sich die Situation bereits in der Löbauer Innenstadt. Viele junge und ältere Kunden kommen mit ihren eigenen Stofftaschen. „Auch für den Einkauf vom Wochenmarkt ist darin genug Platz“, sagt Dagmar Geissler. Die 78-Jährige geht wöchentlich auf dem Altmarkt, um frische Lebensmittel zu besorgen. Dabei vergisst sie ihre Stofftasche fast nie, die „mindestens schon zehn Jahre immer mit dabei ist.“ Wie die Löbauerin weiter erzählt, würden sich Plastiktüten schnell ansammeln, da man diese meist zu Hause vergisst und nicht wieder verwendet.


Das bestätigt auch eine Statistik des Europaparlaments, wonach jeder Deutsche bislang gut 70 solcher Tüten pro Jahr nach Hause trägt. Damit ist Deutschland wesentlich umweltbewusster als das Nachbarland Polen, in welchem jeder etwa 500 Tüten pro Jahr verbraucht. Die allermeisten Plastebeutel haben dabei allerdings nur eine sehr geringe Lebensdauer, Milliarden davon landen umgehend im Müll und werden nicht weiterverwendet. Deshalb hatte die EU im vergangenen Jahr beschlossen, verstärkt dagegen vorzugehen. Bis Ende 2019 soll sich die Anzahl der leichten Plastetüten aus dem Jahr 2010 mindestens halbieren.


Die Stadt Löbau ist dabei auf einem guten Weg. Viele Geschäfte haben bereits auf Papiertaschen oder kostenpflichtige Plastiktaschen umgestellt. So auch Doris Hentschel von „Nikolaimode“. Ihr Bekleidungsgeschäft hat seit vergangener Woche die Preise für große Einkaufsbeutel erhöht – auch für die Papiertaschen. „Viele Kunden kaufen sich keine, sie haben immer eine dabei“, sagt Hentschel. „Für einen kleinen Aufpreis haben wir aber natürlich im Notfall immer eine da.“


Manfred Freie findet die Umstellung vieler Geschäfte nicht richtig. Bei fast jedem Einkauf nimmt er sich eine neue Plastiktasche mit. „Die Tüten sind bequemer zum Tragen“, meint der 56-jährige Zittauer. „Nach dem Einkauf wird sie als Müllbeutel verwendet und weggeschmissen.“ Wie er erzählt, macht er dieses Prozedere schon jahrelang und kommt auf durschnittlich sechs Plastiktaschen im Monat.


Im Vergleich kommt Zittau auch nach Löbau. Viele Geschäfte setzen noch auf die altbewährte Tüte. Doch der Zittauer Gewerbeverein kämpft dagegen. Daran beteiligt ist auch Intersport Kunick auf dem Zittauer Markt. Inhaberin Carola Kunick bestätigt auf SZ-Anfrage zwar, dass ihr Geschäft noch Plastik verkauft, allerdings würden die neuen grünen Stoffbeutel, wie bei Andrea Paul, sehr gut bei den Kunden ankommen.


Paul ergänzt: „Für viele ist der Bezug zur Stadt wichtig, weshalb Kunden auch mehrere kaufen und diese verschenken.“