Joe Kaeser setzt den Stellenabbau bei Siemens fort. Er zerstört damit mehr, als die Marge retten könnte. Eric Schreyer über den gewissenhaften Umgang mit Macht.
Siemens baut 15.000 Stellen ab, wurde Ende September 2013 berichtet. So etwas passiert eben, wenn ein Finanzvorstand an die Spitze kommt, behaupten Spötter.
Joe Kaeser, der neue Chef von Siemens, habe sich mehr als 30 Jahre lang nur um die Zahlen gekümmert, aber nicht um die Menschen. Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Unter seiner Ägide als langjähriger Finanzvorstand ist die Anzahl der Mitarbeiter bei Siemens von 470.000 auf 370.000 gesunken.
Schnell stellte man sich die Frage, ob Kaeser wirklich der Richtige ist, um die großen Probleme des Elektronikkonzerns zu lösen. „Das Geschäftsführungskonzept Marge vor Mensch der vergangenen Monate hat mehr zerstört, als die Marge retten könnte", sagte Wolfgang Niclas von der IG Metall Erlangen dem Bayerischen Rundfunk am 31. Juli 2013. Die Entscheidung, den Finanzmann zum Chef zu machen, sei erstmal „sehr viel Kredit" für Kaeser.
Aber nicht nur Joe Kaeser, auch Peter Löscher, Klaus Kleinfeld und Heinrich von Pierer haben Siemens verändert. Der frühere Vorstand für Energiewirtschaft, Karlheinz Kaske, ein Physiker und promovierter Ingenieur, war der letzte Chef, der Siemens zu dem machte, was es einmal war. Am 19. Januar 1990 schrieb ZEIT Online über ihn: „Von den anderen Mächtigen aber unterscheidet sich Kaske gewaltig. Diesem Manager ist nur eines wichtig: die Wirkung im eigenen Hause. Ihm kommt es mehr darauf an, von seinen Mitarbeitern ernst genommen als auf der Straße erkannt zu werden. Folglich richtet er seine Energie allein nach innen."
Große Zahlen können den Blick auf das Menschliche verstellen. Bei der täglichen Hetze nach immer mehr Gewinn verliert man das Wesentliche schnell aus den Augen.
Vom Umgang mit der MachtDer im Jahr 1989 von der RAF ermordete Sprecher des Vorstandes der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, hat einmal gesagt:
An dem Tag, an dem die Manager vergessen, dass eine Unternehmung nicht weiter bestehen kann, wenn die Gesellschaft ihre Nützlichkeit nicht mehr empfindet oder ihr Gebaren als unmoralisch empfindet, wird die Unternehmung zu sterben beginnen.
Das bedeutet: Rendite um jeden Preis führt in die Irre. Herrhausen: „Die Frage ist nicht, ob wir Macht haben. Die Frage ist, ob wir mit dieser Macht verantwortungsbewusst umgehen."
Wenn Führungskräfte nicht mehr als Vorbilder wahrgenommen werden, leidet das Vertrauen der Menschen in unser Wirtschaftssystem. Das ist ein ernsthaftes Problem. Vertrauensverluste entstehen bei Diskrepanzen zwischen Vertrauenserwartungen und dem wahrgenommenen Verhalten. Wer Verantwortung trägt, muss seinen Teil dazu beitragen, die gängigen Polarisierungen von „Wirtschaft und Ethik", „Gewinne und Moral", „Stellenabbau und Managervergütungen" aufzubrechen. Dabei hilft ein vom Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik entwickeltes Leitbild für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft. Eine entsprechende Selbstverpflichtung verlangt von gewissenhaften Führungskräften, wahrgenommene Diskrepanzen zu verringern durch
besseres Sichtbarmachen bereits unternommener Maßnahmen, glaubwürdige Kommunikation eigener Grenzen der Handlungsfähigkeit, vertrauensfördernde Reformen.
Das Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik (WZGE) unterstreicht: „Mit Effizienz allein kann man kein Unternehmen führen - Werte wie Respekt, Integrität und Vertrauen sind wesentliche Voraussetzungen für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Es muss den Unternehmen gerade in schwierigen Situationen gelingen, ihre Wort mit sichtbaren Taten zu unterlegen." Beim gibt es auch Hintergrundinformationen und weiterführende Texte.
Die letzten Beiträge von Eric Schreyer: Eric Schreyer arbeitet als Manager auf Zeit sowie als beratender Unternehmer. Er war viele Jahre als Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen tätig. Zuvor stand er 18 Jahre bei der Deutsche Bank AG unter Vertrag. Schreyer ist gelernter Bankkaufmann und diplomierter Ökonom. Er schreibt ebenso für seinen Blog Valuation-in-Germany sowie für das Handbuch Unternehmensbewertung im Bundesanzeiger-Verlag. Sie errreichen ihn unter es.mittelstandsberatung(at)googlemail.com. Eric Schreyer in sozialen Netzwerken: