Kressbronn - Ehrenamtliches Engagement fällt oft erst dann auf, wenn sich plötzlich niemand mehr findet, der die Arbeit machen will. Aktive Ehrenamtliche bleiben häufig im Hintergrund. In den nächsten Wochen will die „Schwäbische Zeitung“ deshalb Menschen vorstellen, die sich in Kressbronn mit ihrer freien Zeit für die Allgemeinheit einsetzen. Im ersten Teil stellen wir Albert und Ute Stöffler vor, die sich seit vielen Jahren im Seniorenbeirat engagieren.
Der Blick vom Balkon erinnert an ein Ferienhaus in der Toskana. In den umliegenden Gärten gibt es gepflegten Rasen, dekorative Statuen und getrimmte Hecken. Es ist ruhig und idyllisch und hinter den Rasenflächen erhebt sich eine dichte Baumreihe, deren Kiefern auch Pinien sein könnten und ein mediterranes Flair verbreiten. Ihr Sohn sei nur mäßig begeistert gewesen, als sie ihm eröffnet hätten, dass sie im Ruhestand an den Bodensee ziehen würden, erzählt Ute Stöffler. Sie und ihr Mann haben 30 Jahre lang in Düsseldorf gelebt und gearbeitet. „Als er dann gesehen hat, wo wir gelandet sind, hatte er aber schon Verständnis“, sagt sie.
Montagstreff als Ausgangspunkt
Gelandet sind Albert und Ute Stöffler in Kressbronn, wo sie sich seit über zehn Jahren in der Seniorenarbeit engagieren. Angefangen hat alles 2002 mit dem „Montagstreff“, der Rentnern eine Plattform bieten sollte, um für den Rest der Woche gemeinsame Aktivitäten zu planen. „Wir haben aber schnell gemerkt, wir wollten ein bisschen politischer werden“, erinnert sich Ute Stöffler.
Der Montagstreff und die Seniorenarbeit seien auch eine gute Möglichkeit gewesen, nach ihrem Umzug in der Gemeinde anzukommen, sagt Ute Stöffler. Erst 2001 ist das Ehepaar von Düsseldorf an den Bodensee gezogen. Allerdings sei der Umzug mehr einer Rückkehr gleichgekommen, erinnert sich Albert Stöffler. „Wir sind schon beide Seegewächse“ erzählt seine Frau lächelnd. Ute Stöffler ist in Konstanz aufgewachsen und zu Schule gegangen, ihr Mann stammt aus Friedrichshafen. Bei ihrem Umzug sei nur klar gewesen – es soll wieder der See sein, irgendwo zwischen Überlingen und Lindau.
In Kressbronn sind die beiden inzwischen fest verwurzelt. Mit dem Montagstreff hat zwar alles begonnen, aber das Ehepaar fand schnell Gleichgesinnte, die sich ebenfalls politisch engagieren wollten. Das sei so ein bisschen über die Zeit gewachsen, bis dann 2007 der Seniorenrat offiziell gegründet wurde, erinnern sich die beiden. Die „harten“ Themen hätten sie gemeinsam anpacken wollen, sagt Ute Stöffler. Inzwischen gibt es in Kressbronn Senioren-Kurse in Gedächtnistraining, Tablet-Kurse oder ein Fitnesstraining zur Sturzprävention.
Den „Montagstreff“ gibt es immer noch, parallel zum Seniorenrat. Es sei für viele Menschen einfach eine schöne Möglichkeit Kontakt zu halten, sagt Ute Stöffler. „Jedes Mal, wenn ich zum Einkaufen ins Dorf gehe, treffe ich jemanden, mit dem ich plaudern kann – das ist schon herzerfrischend, nachdem wir so lange in der Großstadt gelebt haben“, erzählt sie lächelnd.
Ute Stöffler und ihr Mann haben beide in Stuttgart studiert. Er ist Maschinenbauer, sie Diplombibliothekarin. Aus Stuttgart hat es die beiden nach ihrem Studium ins Rheinland verschlagen: „Ich wollte einfach nochmal aus dem Schwäbischen raus“, erzählt Albert Stöffler, „Ich war damals 30 und da haben meine Kollegen schon ans Häusle bauen gedacht – das war nichts für mich“. „Wir wollten beide nochmal frischen Wind und etwas Neues sehen“, ergänzt seine Frau. Wie es der Zufall wollte, fanden beide Arbeit bei Persil in Düsseldorf. „Das war natürlich eine tolle Möglichkeit und die haben wir dann sofort ergriffen“, erinnert sich Ute Stöffler. Zwei Menschen, die ihr Leben aktiv in die Hand genommen haben und damit auch im Alter nicht aufhören wollten. Sie sind zurecht stolz auf die Arbeit, die sie mit dem Seniorenrat in den letzten Jahren geleistet haben – vor allem die Kurse zum Gedächtnistraining und der Sturzprävention haben sich etabliert und sind ausgebucht. Alleine hätten sie das nie geschafft, sind sich die beiden einig. „Wir sind nur zwei in einer tollen Gruppe mit ausgesprochen engagierten Menschen. Zum Beispiel beim Montagstreff, da haben wir unseren `rührigen Rudi`- wenn wir ihn nicht hätten, gäbe es den Montagstreff vielleicht gar nicht mehr“, betont Ute Stöffler.
Neue Generation gewinnen
Wie es mit der Seniorenarbeit in Kressbronn im Allgemeinen weitergeht, steht ebenfalls noch nicht fest. „Wir alle im Seniorenrat machen das jetzt schon über zehn Jahre und sind in dieser Zeit einfach zehn Jahre älter geworden“, stellt Albert Stöffler fest. „Eigentlich wäre es jetzt Zeit, dass eine neue Generation zwischen 65 und 70 unsere Arbeit übernimmt“, sagt seine Frau. Aber es sei schwierig, Nachfolger zu finden. Im Herbst ist deshalb eine größere Veranstaltung mit der Gemeinde geplant, um neue Gesichter für die Seniorenarbeit zu gewinnen. „Ganz aufhören wollen wir beide nicht. Aber wir wüssten gerne, dass die Arbeit für die Senioren mit frischem Wind weitergeführt wird“, sagt Albert Stöffler und schaut von seinem Balkon aus über den Garten.
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