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Parmesanschaum für alle!

Die Betriebskantine gilt als Auslaufmodell, nicht erst seit der Pandemie. Um ihre Mitarbeiter dorthin zu locken, brauchen Unternehmen neue Ideen.

Harald Wohlfahrt löffelt Suppe. Der 65-Jährige hat als Koch der Schwarzwaldstube mehr Michelin-Sterne eingesammelt als irgendjemand sonst in Deutschland. An einem Mittwoch im vergangenen August aber sitzt er in der Betriebskantine des Dübelherstellers Fischer in Waldachtal - Tischplatten auf Alu-Beinen, mit Lamellen verdunkelte Fenster, weiße Kittel hinter der Ausgabetheke - und probiert die Vorspeise: Karotten-Kokos-Suppe mit Ingwerschaum. Dann serviert eine Mitarbeiterin die Ricotta-Ravioli auf Baby-Blattspinat mit Selleriestroh, Kartoffel-Parmesanschaum und geschmolzenen Tomaten. Wohlfahrt nickt zufrieden. "Sehr gut." Einmal im Monat kocht Wohlfahrt gemeinsam mit dem Fischer-Küchenteam für die 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Stammsitz in Waldachtal. "Natürlich konnte das Team auch schon kochen, bevor ich kam. Aber ich kann ihnen beibringen, was die Sterneküche den Betriebsrestaurants voraushat", sagt Wohlfahrt.

Wie in den meisten Unternehmen des Landes war der Kantinenbetrieb bei Fischer in den vergangenen Monaten eingeschränkt. Nun endet bundesweit die Homeoffice-Pflicht, Mitarbeiter kehren nach und nach ins Büro und damit auch in die Kantinen zurück.

Ein knappes Jahr musste die Kooperation zwischen dem Dübelhersteller aus dem Nordschwarzwald und dem Sternekoch pandemiebedingt pausieren. Spätestens nach den Sommerferien wird Wohlfahrt aber wiederkommen. Er hat den Parmesanschaum nach Waldachtal gebracht - und ist damit gewissermaßen Teil eines Kampfes um die Mittagspause. Laut dem Ernährungsbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums gingen vor Ausbruch der Pandemie nur 16 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland mindestens einmal pro Woche in die Kantine. Drei Jahre zuvor waren es noch 21 Prozent. Und eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) ermittelte: Mehr als jeder Dritte Erwerbstätige mit Zugang zu einer Kantine isst dort nie.

Für die Unternehmen ist das schlecht. Zunächst sind da die Kosten. Der Betrieb einer Kantine wird unverhältnismäßig teuer, wenn dort nur wenige Essen verkauft werden. Vor allem aber bringen Kantinen den Firmen viele Vorteile: Gemeinsames Essen stärkt Untersuchungen zufolge den Teamzusammenhalt. Der Weg zurück an den Arbeitsplatz ist kurz. Und wer es richtig anstellt, tut etwas für die Gesundheit der Angestellten und das eigene Image als Wohlfühl-Arbeitgeber.
Nicht nur Fischer, auch andere Unternehmen rüsten deshalb ihre Kantinen für neue Ansprüche. Leckerer soll es werden, gesünder, schneller.

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