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Arbeitsmarkt: Auf diese Jobs wird es ankommen

Wer will schon einen Job, der keine Zukunft hat? Künftig werden 35 Prozent der aktuellen Arbeitszeit durch neue Technologien überflüssig gemacht. Einige Jobs werden komplett wegfallen, andere hingegen erst entstehen. In manchen Branchen wird es laut Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung 1,3 Millionen neue Stellen geben. Expertinnen und Experten erklären, welche Jobs besonders gefragt sein werden - und welche Ausbildung oder welches Studium man besser nicht mehr anfängt.


Zukunftsjob 1: Hacker, aber ein guter

Wer den Begriff Hacker hört, denkt schnell an junge Männer in schwarzen Kapuzenpullovern, die vor dem Laptop sitzen und Websites lahmlegen oder Massenmails verschicken, um an Kontodaten zu gelangen. Doch auch der deutsche Staat beschäftigt Hacker. Seit dem Jahr 2017 gibt es im Innenministerium eine Einheit mit dem sperrigen Namen Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITis). Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermitteln digital und hacken verschlüsselte Chats von Kriminellen oder gewinnen Daten von USB-Sticks, Festplatten und Bordcomputern von Autos, die letztendlich in Gerichtsverfahren oder für Ermittlungen der Polizei wichtig sein können. Und "gute Hacker", sogenannte White Hats, wird es in Zukunft vermehrt brauchen, sowohl bei staatlichen Stellen als auch in Unternehmen. Der Zukunftsforscher Tristan Horx glaubt, dass Firmen den Markt für IT-Sicherheit immer weiter ausbauen werden. Gute Hacker suchen dort nach Sicherheitslücken im eigenen Unternehmen, um Daten vor dem Zugriff von außen zu schützen. "Daten sind die neue Währung, und wenn die Konkurrenz die eigenen Daten hat, sieht es schlecht aus für ein Unternehmen."

Wer ein abgeschlossenes Studium in Informatik, IT-Security oder einem ähnlichen Bereich vorweisen kann, kann beispielsweise bei der ZITiS mit einem Bruttogehalt von rund 5.000 Euro einsteigen. In Unternehmen dürfte man noch deutlich mehr verdienen. "Die Cybersicherheit wird weltweit das größte Sicherheitsproblem werden", sagt Horx. Deshalb könnte der Markt auch für Quereinsteiger interessant sein: "Wer bisher Apps programmiert hat, könnte künftig in der Cybersicherheit landen." So könnte der Hacker zu einem normalen Beruf abseits des Darknets werden - "einfach auch, weil dort mehr Geld zu holen sein wird", sagt Horx.

Zukunftsjob 2: Designerin von virtuellen Welten

Im kommenden Jahr startet in Deutschland der erste Jahrgang eines neu geschaffenen Ausbildungsberufs, des sogenannten Gestalters für immersive Medien.

Am ehesten vergleichbar ist dieser Job mit dem des Mediengestalters, für den es bisher eine dreijährige duale Berufsausbildung braucht. Nach dem Abschluss verdient man dort aktuell ein Bruttogehalt zwischen 3.000 und 4.000 Euro. Doch wer künftig Augmented Reality gestaltet, also digitale Welten baut, kann mit mehr rechnen. Experten sehen in "Metaversen", also virtuellen Räumen, in denen sich Menschen wie Avatare bewegen können, viel Potenzial.

"Der Markt für diesen Beruf ist heute schon groß und wird weiter wachsen", sagt Monika Hackel vom Bundesinstitut für Berufsbildung. In dem Job geht es darum, Produkte digital zu visualisieren. In der Gamingindustrie wird das schon lange gemacht. Nun setzen immer mehr Unternehmen darauf. Wer in Zukunft Kleidung einkaufen will oder eine neue Küche plant, muss sich nicht mehr auf Fotos im Katalog und Skizzen verlassen, sondern kann mit einer 3D-Brille einen besseren Eindruck der Produkte bekommen. "Auch für Museen stellt Augmented Reality eine große Chance dar", sagt Hackel. Ausstellungen zum Limes oder zu Säbelzahntigern können mit VR-Brillen deutlich anschaulicher werden als nur mit Texten und ausgehängten Grafiken.


Zukunftsjob 3: Ingenieurin für erneuerbare Energien

Bis zum Jahr 2030 soll in Deutschland die Energie zu 100 Prozent aus Wind-, Wasser- und Solarkraft sowie aus Biogas gewonnen werden. "Die ökologische Transformation zählt zu den bedeutendsten Herausforderungen des Arbeitsmarktes", sagt Katharina Grienberger vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Diese Entwicklung schafft neue Jobs und verändert bestehende. Der Betrieb der Anlagen wird zunehmend automatisiert ablaufen, dennoch braucht es Menschen, die Windräder und Solarpaneele warten und reparieren. Technische Servicefachkräfte dürften in den nächsten Jahren stark nachgefragt werden.

Auch die aktuellen Diskussionen zur Energiesicherheit machten sichtbar, was sich bald ändern müsse, sagt der Zukunftsforscher Horx. "Neue Berufe sind häufig Weiterentwicklungen bestehender Jobs", sagt er. Wer bisher als Ingenieur oder Techniker in einem Gaskraftwerk gearbeitet hat, dürfte laut dem Experten nach einer Umschulung problemlos im Bereich der erneuerbaren Energien arbeiten können. Die Grundlagen würden Technikerinnen und Technikern schon heute in der Ausbildung oder im Studium beigebracht, sagt Monika Hackel vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Erwarten könne man ein Einstiegsgehalt von ungefähr 5.000 Euro brutto. Dazu braucht es also nicht zwingend neue Ausbildungen, sondern Jobs, die angepasst werden können.


Zukunftsjob 4: Drohnenpilotin in der Landwirtschaft

Gut acht Milliarden Menschen gibt es auf der Welt, Tendenz steigend. Um sie zu ernähren, wird sich auch die Landwirtschaft verändern müssen. Um große Felder besser zu bewirtschaften, können speziell ausgebildete Drohnenpiloten helfen. Ausgestattet mit speziellen Kameras fliegen sie dann Drohnen über Mais- und Weizenfelder. Sie machen damit dann sogenannte Multispektralaufnahmen, also Bildeinstellungen, mit deren Hilfe man erkennen kann, ob Pflanzen unzureichend bewässert sind und welche Nährstoffe dem Boden fehlen. Dadurch können Landwirte ihre Felder zielgenau versorgen - oder Sprühdrohnen bringen Dünger oder Pflanzenschutzmittel gleich selber aus.

Monika Hackel glaubt, dass in Zukunft digitale Daten in Echtzeit den Beruf des Landwirts stark beeinflussen werden: "Hier wird die bestehende Landwirtschaftsausbildung, die sich beispielsweise mit Saatgut und Bodenbeschaffenheit beschäftigt, um neue Aspekte erweitert." Neben der dreijährigen dualen Berufsausbildung zum Landwirt würde man dann weitere Kompetenzen erlangen. Auch könnte sich die Landwirtschaft zur neuen Nische für Drohnenpiloten, die bisher in der Landvermessung gearbeitet oder Filmaufnahmen gemacht haben, entwickeln.


Zukunftsjob 5: Fahrer für den letzten Kilometer

Noch befinden sich selbstfahrende Autos in der Entwicklungsphase und sind längst nicht überall zugelassen. Sollten sie künftig selbstständig über deutsche Straßen rollen, könnte das viele Berufe verändern. Das wird die Jobs von Taxifahrerinnen genauso wie die von Paketboten betreffen. "Auch der Beruf des Lkw-Fahrers ist durch die Digitalisierung bedroht", sagt der Zukunftsforscher Horx. Er glaubt, ein Drittel der Arbeitsstellen in diesem Bereich dürften in Zukunft wegfallen, wenn Lastwagen automatisiert fahren. Ganz ohne menschliche Unterstützung werden Maschinen aber auch in Zukunft nicht auskommen: "Neben Baustellen und Unfallorten ist besonders der letzte Kilometer bis zum Ziel ein Problem für selbstfahrende Systeme", sagt Horx. Enge Straßen, spielende Kinder und unverständliche Adressangaben machen es schwer, Waren bis zu den Kundinnen und Kunden zuzustellen: "Sobald es komplex wird, muss der Mensch eingreifen."

Lastwagen könnten also künftig in Kolonnen automatisch bis zu ihrem Zielort fahren, dann übernehmen menschliche Fahrerinnen und Fahrer und navigieren durch den Stadtverkehr. Vergleichbar wäre der Beruf dann mit dem Schiffslotsen. Es dürfte aber noch eher 20 Jahre dauern, bis der selbstfahrende Lkw über die Straßen fahre, sagt der Zukunftsforscher Horx.


Zukunftsjob 6: Soziale Berufe

"Wir leben immer länger und brauchen dementsprechend mehr Pflege", sagt Horx. Es gibt kaum einen Job, der in Zukunft so gefragt sein wird wie der Pflegeberuf. Denn Pflegekräfte können nicht durch Technik ersetzt, sondern nur ergänzt werden. Beispielsweise durch Roboter, die Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen betreuen, indem sie mit ihnen sprechen und spielen können. Doch alles andere, die tatsächliche Pflege und Arbeit mit den Menschen wird sich kaum verändern. Da in dieser Branche jetzt schon Zehntausende Angestellte fehlen und viele der bisherigen in den kommenden Jahren in Rente gehen, werden auch in Zukunft überall Menschen gesucht, die in sozialen Berufen arbeiten wollen.

Das gilt auch für andere Jobs, die sicher bleiben werden: Psychologinnen, Erzieher und Lehrerinnen zum Beispiel. "In diesen Berufen ist aktuell unwahrscheinlich, dass Computer Menschen ersetzen", sagt Katharina Grienberger vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Durch den Fachkräftemangel werden viele dieser klassischen Jobs auch weiter für Quereinsteiger interessant sein.


Zukunftsjob 7: Cyborgexpertin

Schon heute stellen Orthopädietechnik-Mechanikerinnen komplexe Geräte her, die Menschen unterstützen, die an einer Krankheit leiden. Die Ausbildung dauert drei Jahre und wird dual in Betrieben und Berufsschulen absolviert. Danach verdient man mit dem Beruf im Schnitt aktuell 2.600 Euro brutto.

In Zukunft wird sich der Beruf in Richtung Cyborgexperte verändern – und immer wichtiger werden. "An der Schnittstelle von Mensch und Maschine wird es Übersetzer brauchen, wenn Prothesen, Implantate und Ersatzorgane immer besser werden", sagt der Zukunftsforscher Horx. Ihre Aufgaben werden vielfältig sein. Es gehe nicht nur darum, Prothesen zu bauen, den Patienten müsse auch gezeigt werden, wie sie damit umgehen können. 

Und je komplexer die Technologie wird, desto wichtiger sind die Wartung und Softwareupdates. An Prothesen, die sich beispielsweise über Gedanken steuern lassen, wird schon gearbeitet. Diese "personalisierte Medizin" werde in einer Zeit, in der Gesellschaften immer älter werden, wichtiger, sagt Horx. Und das kann lukrativ sein. "Die Babyboomergeneration verfügt über die Hälfte des weltweiten Kapitals", sagt Horx. Wer diesen Menschen eine bessere Zukunft ermöglicht, könne davon auch finanziell profitieren, also wahrscheinlich auch mehr als 2.6000 Euro brutto verdienen.


Zukunftsjob 8: Manager für gute Laune

Der klassische Nine-to-five-Job im Büro ist für viele junge Menschen nicht mehr attraktiv, sie wünschen sich mehr flexible Arbeitszeiten und mehr Homeoffice. Bei vielen der neu entstehenden Jobs ist das auch problemlos möglich. Für Unternehmen ist es dabei wichtig, dass die Angestellten weiterhin eine Bindung zur Firma haben und auch gerne ins Büro gehen – oder in Jahren des Fachkräftemangels nicht zu anderen Betrieben wechseln. Deshalb wollen viele Arbeitgeber daran arbeiten, attraktiver für Angestellte zu werden und beschäftigen dafür sogenannte Feel-good-Manager. Diese organisieren Firmenevents, Sportveranstaltungen oder Yogakurse. Sie werden zum ersten Ansprechpartner für Angestellte, damit diese sich in ihrem Job wohlfühlen – und dem Unternehmen erhalten bleiben. Für eine solche Stelle gibt es keine klar geregelte Ausbildung. Es gibt kein eigenes Studienfach für den Beruf, er wird vor allen von Quereinsteigern ausgeübt. Doch wenn Menschen Psychologie, Soziologie oder Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt auf Personal studieren, sind sie gut vorbereitet – und könnten als Feel-good-Manager bis zu 75.000 Euro im Jahr verdienen. 

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