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La Rambla in Barcelona: Hier sind Sie bedient!

+++ In dieser Serie testen wir Dinge, die besonders schlechte Kundenbewertungen bekommen. Denn ob Top oder Flop, das ist manchmal nur eine Frage des Blickwinkels. +++

Tapas, die einem die Zähne brechen, Pasta, die schmeckt wie "aufgewärmte Katzenkotze" und Wein wie Mundspülung - die Benutzer von Bewertungsseiten sind kreativ darin, ihre Erfahrungen im Restaurant Ideal in Worte zu fassen. 68 Mal die Bewertung "Ungenügend" erreicht das Lokal auf einer Plattform, es sei "das schlechteste Restaurant Barcelonas" urteilt ein Nutzer einer anderen, "schlimmstes Essen meines Lebens" schreiben gleich mehrere.

Aber halt: Ist das schlechteste Restaurant Barcelonas nicht das Genove 1911, 100 Meter die Straße runter? Davon ist jedenfalls Maggie O aus London überzeugt; 78 Ungenügend-Benotungen platzieren es zudem knapp vor dem Ideal. Unangefochten an der Spitze liegt jedoch das Amatxu auf der anderen Straßenseite: 372 Nutzer vergeben nur einen Stern, "schlechtestes spanisches Restaurant in Spanien" kommentiert einer.

Dass gleich drei schlechteste Restaurants der Stadt in derselben Straße liegen, ist schnell erklärt: Die ehemalige Flaniermeile La Rambla ist der größte Touristen-Hotspot der Stadt. Flanieren kann man dort etwa so gut wie in einer deutschen Fußgängerzone am verkaufsoffenen Sonntag. Im besten Fall läuft man Slalom um Straßenverkäufer und Flyer-Verteiler und wird dabei nicht von einem der zahlreichen Taschendiebe beklaut. Einheimische meiden die Rambla, für die Restaurants ist das ein Vorteil: Was im Internet steht, kann ihnen egal sein. Hungrige Touristen ohne mobiles Internet gibt es jeden Tag zu Tausenden, auf Stammkunden können sie deshalb getrost verzichten. Doch welches von den dreien trägt den Titel des schlechtesten Restaurants zu Recht?

Ideal: die Vorspeise

Irgendwann einmal muss dieses Restaurant gewesen sein, was sein Name suggeriert: Ideal. Schließlich besteht es (nach eigener Aussage) schon seit 175 Jahren am selben Ort. Belegt wird das mit einer Fototapete in Schwarz-Weiß, (nach eigener Aussage) eine der ersten Fotografien aus Barcelona überhaupt. Herrschaften im Sonntagsstaat blicken mit ernster Miene in die Kamera und dem Gast beim Essen über die Schulter. Was sie sehen sind Pizza, Pasta, Paella und Tapas, denn das Ideal ist ein Allrounder der mediterranen Küche. Es ist Samstagabend und ziemlich leer. Aus den Lautsprechern dudelt das Beste aus den vergangenen fünf Jahrzehnten, übertönt nur vom Barkeeper, der geräuschvoll die Spülmaschine befüllt. Auf den Tischen liegen Tischsets aus Papier.

Nach den Kommentaren erwarten wir, völlig ignoriert, nach oben in den teureren Bereich des Restaurants gebeten oder gar angeraunzt zu werden. Tatsächlich zeigt der Kellner auf einen Tisch, bringt uns die Karte und erläutert gelangweilt das Touristenmenü. Wie unspektakulär. Spektakulär dagegen sind die Getränkepreise, sechs Euro kostet der halbe Liter Bier. Wir entscheiden uns für den Hauswein zum gleichen Preis. Mundspülung wäre ein zu hartes Urteil, aber er erinnert doch an das, was er mal hätte werden können: Essig.

Kommentarlos serviert der Kellner die Tapas: Die Bratkartoffeln sind al dente, vielleicht ein bisschen zu sehr. Dazu haben wir Montaditos bestellt, Häppchen auf Brot. In anderen Restaurants wird eine Scheibe schon mal mit einer halben Avocado und Shrimps überladen. Hier haben das Mini-Würstchen und die aus unerfindlichem Grund frittierte Tortilla viel Platz für sich. Dafür hat man sich mit der Oregano-Deko offensichtlich Mühe gegeben. Auch unsere Zähne überstehen den Verzehr unbeschadet. Auf der Rechnung steht, entgegen der Erwartung nach der Tripadvisor-Lektüre, nur das, was wir bestellt haben. Insgesamt eine durchschnittliche Leistung, das geht noch schlechter.

Das Beste: Dem Laden liegt jegliche Prätention absolut fern.

Unsere Bewertung der Online-Bewertung: ★★☆☆☆

Das Ideal bekommt aber am Ende einen Trostpreis für das uncharmanteste Personal.

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