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Krapfendörfer statt Donutdörfer

Dörfer, in denen in der Mitte nichts mehr passiert: "Donutdörfer" sagt man beim Landwirtschaftministerium dazu. Stattdessen soll es in Bayern mehr "Krapfendörfer" mit lebendiger Ortsmitte geben - mit Fördergeld für Dorferneuerungen.


Freistaat und EU fördern mit rund 16 Millionen Euro Projekte wie das der Gemeinde Holzheim im Landkreis Neu-Ulm. Das Dorf will den Gemeindeplatz zwischen Kirche und Rathaus neu gestalten, sagt Bürgermeisterin Ursula Brauchle: "Es soll eben das Dorf beleben und uns alle zueinander führen." - Ursula Brauchle, Bürgermeisterin von Holzheim bei Neu-Ulm 


Zwar sei ihre Dorfgemeinschaft sehr lebendig, aber Brauchle weiß auch: Damit das so bleibt, muss investiert werden. So ist auf auf dem Gemeindeplatz neben einem Spielplatz eine kleine Naturbühne geplant, auf der zum Beispiel Spontankonzerte stattfinden könnten, so Brauchle, schließlich habe man viele Musikgruppen im Dorf.


Einsatz für mehr "Krapfendörfer" in Bayern

Genau solche Projekte sind es, die das Landwirtschaftsministerium unterstützen will, so Amtschef Hubert Bittlmayer. "Es gibt ja die schöne Beschreibung der zwei Ortstypen: Donutdörfer - außen rum Schokolade und in der Mitte Leere. Und Krapfendörfer - in der Mitte die Marmelade, das, worüber man sich freut. Der Ort lebt ja in der Mitte, dort soll das Leben stattfinden." - Hubert Bittlmayer, Amtschef im Landwirtschaftministerium


Bittlmayer kritisierte bei einer Feierstunde im Landwirtschaftsministerium, dass sich die öffentliche Diskussion aktuell vor allem um die Sorgen der Städte, wie Wohnungsnot, steigende Mieten und Luftverschmutzung dreht. Er rief dazu auf, auch daran zu denken, dass Bayern stark auf ländliche Gebiete setze.


"Auch ländliche Räume haben besondere Probleme und die wollen wir ganz besonders unterstützen, eben zum Beispiel Infrastrukturprojekte, Nahversorgung, um auch den kleinen Gemeinden die Chance zu geben, sich weiterhin zu entwickeln. Für die Menschen gute Arbeitsplätze, gute Wohnmöglichkeiten und Lebensmöglichkeiten." - Hubert Bittlmayer, Amtschef im Landwirtschaftministerium

Punktesystem entscheidet über Förderung


Dabei behilflich ist nun die Förderung aus dem sogenannten Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER). Bis zu 60% der Kosten für Dorfverschönerungen und Infrastrukturmaßnahmen übernehmen Freistaat und EU. "So viel Geld durch eine Förderung bekommt man selten," so Ursula Brauchle.

Das Geld geht an 42 Gemeinden, die nach einem Punktesystem besonders gut abgeschnitten haben. Für Gemeinden, die es dieses Mal nicht in den Fördertopf geschafft haben, gibt es im Sommer noch eine Chance. 39 Gemeinden werden dabei mit Geld aus dem ELER-Topf unterstützt.


Drei weitere Gemeinden, alle aus dem Landkreis Kulmbach, werden von der Förderoffensive Nordostbayern bezuschusst. Dieses Programm richtet sich explizit an die Stadt Hof sowie die Landkreise Hof, Kronach, Kulmbach und Wunsiedel, die in den letzten zwei Jahrzehnten besonders unter dem wirtschaftlichen Strukturwandel zu leiden hatten.


Mehrfachförderung möglich

Manche Gemeinden kommen sogar mehrfach in den Genuss einer Förderung. Zum Beispiel Esselbach im Landkreis Main-Spessart - dort erhält man bereits die dritte Förderung für die Dorferneuerung.


Zunächst konnten die Esselbacher damit eine Freizeitanlage hinter Kirche und ehemaligem Wirtshaus bauen. Dort gibt es mit einer Kneippanlage und einem Wasserspielplatz Angebote für mehrere Generationen.


Danach folgte die Förderung für eine Sanierung und einen Umbau des ehemaligen Wirtshauses in ein Dorfgemeindehaus, das in diesem Jahr gebaut wird. Jetzt, mit der bereits dritten Förderung, können sich die Esselbacher auch noch ihren Traum vom Dorfplatz erfüllen.


"Wir arbeiten zusammen mit der katholischen Kirchenstiftung und werden einen Dorfplatz zwischen der Kirche und unserem Dorfgemeinschaftshaus anlegen und damit eine barrierefreie Verbindung zum Dorfgemeinschaftshaus, zur Kirche, aber auch zu unserer Freizeitanlage, die dahinten gelegen ist, erschließen." - Richard Roos, Bürgermeister von Esselbach Förderung für die Zukunft

Ursula Brauchle hofft, dass sie mit ihrer Dorfverschönerung vor allem auch junge Leute vor Ort halten kann, die sonst vielleicht wegziehen würden - und sie hat für ihren Ort noch weitere, große Pläne: "Da wir im Speckgürtel von Ulm/Neu-Ulm liegen und somit dann mit Stuttgart 21 auch im Speckgürtel von Stuttgart liegen werden, ist das sicherlich auch nicht uninteressant, für junge Leute in der Zukunft." - Ursula Brauchle, Bürgermeisterin von Holzheim bei Neu-Ulm


Für Richard Roos bietet ELER viele Vorteile, schließlich ist es für eine Gemeinde mit rund 2100 Einwohnern und einem relativ kleinen Haushalt schwierig, solche umfangreichen Projekte alleine zu stemmen. Trotzdem bemängelt er: "Die Fördersummer könnte noch höher sein. Weil es ein EU-Projekt ist, werden nur die Nettokosten übernommen, aber zum Beispiel nicht die Mehrwertsteuer. Die müssen wir dann übernehmen."


Trotzdem hält er ebenso wie Ursula Brauchle aus Holzheim solche Projekte für wichtig für den Gemeindezusammenhalt: "Noch kennen sich alle." Damit das so bleibt, brauche es eben solche Fördermittel.

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