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Nach dem Abi? Erst mal ein Jahr Freiwilligendienst

Besonders Cans Geschichte zeigt, dass ein FSJ nicht nur Spaß oder Zeitüberbrückung bedeutet, sondern vielfältige Aufgaben und noch mehr Verantwortung bereithält: „Wenn ich mal einen Fehler mache, kann das eventuell ein Menschenleben kosten", ruft er sich die volle Größe seiner Verantwortung ins Gedächtnis. Im zurückliegenden Jahr war er mit dem Krankenwagen unterwegs, leistete dabei Erste Hilfe. Can stellte sogar anhand von Vitalparametern erste Diagnosen, die dem später weiterbehandelnden Arzt helfen sollten. So spannend war es aber nicht immer: Manchmal stand auch nur der einfache Heimtransport von Patienten aus dem Krankenhaus nach Hause auf dem Plan. Bei der Fülle von Aufgaben dauerte eine Schicht da auch schon mal locker zwölf bis 15 Stunden. Das ging natürlich an die Substanz und war nicht nur für den Körper, sondern auch für die Psyche, eine erhebliche Belastung. Gab es aber einmal Leerlauf und war zuvor auch der Krankenwagen in Topform gebracht und auf Hochglanz poliert, blieb auch ein bisschen Zeit, um Fußball zu spielen oder die ein oder andere Fernsehserie zu gucken. Polas Arbeitstag sah ein bisschen anders aus, war aber wohl nicht weniger verantwortungsvoll. Während ihrer Zeit im Behindertenwohnheim war Pola eine Art Lebenshilfe für die Bewohner. Dies fing morgens mit dem Wecken und Frühstückmachen an. Zum Teil musste sie auch bei der Morgenhygiene behilflich sein. Wenn die Bewohner das Haus verließen, um in gemeinnützigen Werkstätten ihrer Arbeit nachzugehen, war es Polas Aufgabe, die Räumlichkeiten zu reinigen. Als die Bewohner dann um 16:00 Uhr nach Hause kamen, übernahm die Spätschicht den Dienst. Hier wurde eingekauft, es wurden Ausflüge mit den Bewohner unternommen, manche hatten auch Termine bei Ergotherapeuten oder Logopäden. Später wurde zusammen gekocht, ehe um 20:00 Uhr die Nachtruhe begann.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Doch nicht nur in soziale Einrichtungen können sich die Jugendlichen während ihres FSJs engagieren. Es besteht auch die Möglichkeit, in den Sport, die Politik, die Denkmalpflege, den ökologischen Sektor oder in die Kulturlandschaft einzutauchen. Sonia González hat sich für letzteres entschieden. Sie steckt gerade in den letzten Zügen ihres FSJ-Kultur, das sie mittlerweile im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe verbringt. Auch sie hat letztes Jahr die Schule beendet und wollte erst mal „Erfahrungen und Einblicke in verschiedene Berufe im Kulturbereich erhalten, um nach dem Abi erst mal was anderes zu machen, als zu lernen." Sie hat sich gegen ein FSJ entschieden, da sie während der Schulzeit schon durch ihren Nebenjob Einblicke in den sozialen Bereich und verschiedene Therapieformen bekommen hatte, später im Beruf aber Kultur und Soziales verbinden möchte.

Ein FSJ dauert in der Regel zwölf Monate und beginnt zumeist am 1. August oder am 1. September eines Jahres. Mindestens muss es aber sechs Monate lang sein, höchstens darf man 18 Monate ein FSJ verrichten. Eine Bewerbung für ein klassisches FSJ ist dabei gar nicht mal so schwer. Man hat die freie Auswahl zwischen den einzelnen Einrichtungen und Verbänden. Hat man sich dann beispielsweise für ein FSJ in einem Kindergarten entschieden, der vom Erzbistum Köln getragen wird, so bewirbt man sich direkt beim Erzbistum. Damit ist garantiert, dass jeder FSJler den Einsatzbereich findet, der zu ihm passt. Hat man da schon die Motivation, so überträgt sich das auch in der Arbeit und auf die Menschen, denen man hilft. Pola, zum Beispiel, ging es bei ihrem FSJ genau so. Can wollte nach der Schule eigentlich seinen Zivildienst leisten. Da der Wehrdienst aber just im Jahr 2011 abgeschafft wurde und somit auch der Zivildienst wegfiel, musste er sich etwas anderes überlegen, um sein geplantes Engagement umzusetzen. Dabei kam ihm das FSJ in den Sinn. Eine erneute Bewerbung war aber nicht von Nöten: „Meine vermeintliche Zivildienststelle entsprach meiner FSJ-Stelle - es mussten nur diverse Dokumente abgeändert werden".

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