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Ehe für alle: 1. Lesbisches Paar heiratet in Osnabrück.

Ein Ja für Gleichberechtigung

Osnabrück. Nicola Stefanie Schälicke und Inez Maria Wichmann sind seit knapp 17 Jahren ein Paar. Nun hat das lesbische Paar als eines der ersten in Osnabrück geheiratet. Eine Geschichte für mehr Gleichberechtigung.

Nicola Stefanie Schälicke und Inez Maria Wichmann sind seit knapp 17 Jahren ein Paar. Seit 13 Jahren sind sie verpartnert. Am Mittwoch haben sie ihre eingetragene Lebenspartnerschaft umgewandelt und in Osnabrück in der Stadtwaage geheiratet. „Wenn es am ersten Oktober schon möglich gewesen wäre, hätten wir das auch gemacht", meinen beide. „Einfach, um ein Zeichen zu setzen, dass wir gleichberechtigt sind."

Berlin versus Emsland

Beide sind Mitte 40 und doch sehr unterschiedlich aufgewachsen. Nicola Schälicke stammt aus Berlin und ist in dem Wissen aufgewachsen, sie könne Männer und Frauen lieben. Sie studierte Mathematik und Linguistik und arbeitete in der Wissenschaft. Inez Wichman stammt aus dem Emsland. Sie studierte Religionspädagogik und war im Anschluss Gemeindereferentin. Als sie erkannte, dass sie nicht der Norm der katholischen Kirche entsprach und mit einer Frau leben wollte, kündigte sie ihren Job. Kennengelernt haben sich die Frauen bei ihrer Ausbildung zur Atem-, Sprech- und Stimmlehrerinnen in Bad Nenndorf. Nach einigen Monaten wurden die beide 2001 ein Paar: „Als das mit uns rauskam, waren wir das Stadtgespräch in der Schule."

Gemeinsame Adaption von Kindern nicht möglich

Nach zwei Wochen Beziehung fragte Schälicke, ob der Vater von Wichmann, ein Goldschmied, denn die Ringe machen könne. Nach knapp 17 Jahren haben sie jetzt wirklich geheiratet. „Wir sind zwar schon seit 2004 verpartnert, aber das Gefühl ist ein anderes", so Wichmann.

Auch rechtlich gab es Unterschiede zur Ehe: Seit dem 1. August 2001 können Homosexuelle eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft eintragen lassen. Zwar wurde dieser Status dem einer Ehe zunehmend angeglichen, etwa im Erb- und Steuerrecht. Doch Unterschiede blieben: So ist die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes in einer eingetragenen Partnerschaft nicht möglich. Außerdem werden Ehen geschieden, Lebenspartnerschaften nur aufgehoben.

Anstatt den Unterschied zwischen den Geschlechtern zu machen, wäre es für Inez Wichmann solidarischer, zu unterschieden, ob ein Ehepaar Kinder hat oder nicht. „Ich bin dafür, dass die Eheleute mit Kindern einen Zuschuss von denen bekommen, die keine Kinder haben". Die beiden Frauen haben nie einen Kinderwunsch verspürt und deshalb war es nie Thema in der Beziehung.

Was bedeutet lesbisch sein im Alltag?

Nicola Schälicke ist im offenen Berlin aufgewachsen. Dort gab es Mitte der 80er Jahre schon Coming-Out-Gruppen und eine Lesbenberatung. „Natürlich gab es Sprüche von anderen Jugendlichen, dass man falsch gepolt sei. Ich habe zwar gemerkt, dass die Mehrheit nicht so war, dass es besonders war, aber ich war so und das war gut so für mich. Ich bin einfach Nicola." Ihre Schwester ist lesbisch, mittlerweile Transgender.

Inez Wichmann belog sich dagegen jahrelang selbst, weil sie ihren Job nicht aufgeben wollte. Doch 1998 outete sie sich im Kreise ihrer Familie nach dem Essen. Ihre Mutter spülte, ihr Vater räumte den Tisch ab. „Meine Eltern hatten zwar zu schlucken, meine Mutter fragte sogar zwei Tage später, ob sie etwas falsch gemacht habe, aber vom Kopf her haben sie es sofort akzeptiert", erinnert sich Wichmann. „Man muss einfach bedenken: Meine Eltern sind in den 1920er bis 1930er Jahren geboren. Sie sind in einer Zeit aufgewachsen, als Homosexualität noch unter Strafe stand."

"Jeder Mensch soll glücklich sein"

Mittlerweile führen Schälicke und Wichmann seit 2005 gemeinsam eine Praxis. Sie vermitteln einen ausgeglichenen und zufriedenen Eindruck. Jüngeren Homosexuellen, die sich noch nicht geoutet haben, raten sie: „Sei Du selbst, mach dein Ding und finde heraus, wer du bist. Das Wichtigste dabei ist, sich selbst treu zu bleiben."

Auf die Frage, ob sie gern schon 2004 geheiratet hätten, meinte Wichmann, dass sie es für eine Gesellschaft teilweise besser findet, wenn solche Prozesse schrittweise passieren.

Ihre Frau sieht das etwas anders. „Natürlich hätte ich auch gerne schon früher geheiratet. Ich fand das Wort „Verpartnerung" auch immer blöd, deshalb habe ich einfach gesagt, dass ich verheiratet bin", sagt Schälicke. Es könne nicht sein, „dass der Staat mir zu sagen hat, wen ich lieben darf. Jeder Mensch soll glücklich sein."

Wenn die beiden Frauen bislang offizielle Formulare ausfüllen mussten, fehlte oft das Kästchen für Verpartnerung. Das ist jetzt anders: „Endlich haben wir keinen Sonderstatus mehr", freut sich Wichmann. Jetzt könnten sie das Kreuzchen bei „verheiratet" setzen. Für die Zukunft wünschen sie sich: „Wir wollen einfach alles miteinander teilen und gemeinsam alt werden.

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