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BUNDESTAGSWAHL 2017 Sind bald elektronische Wahlen mit dem Smartphone möglich?

Osnabrück. Das Smartphone ist für viele ein Begleiter im Alltag. Musikstreamen, Nachrichten schreiben, das Wetter checken. All das ist möglich. Warum nicht auch Wählen?

Computer und Smartphones sind Gegenstände des Alltags. Onlinebanking, Arzttermine ausmachen und Essen bestellen - all das ist mit ein paar Klicks erledigt. Warum sollte man also nicht auch elektronisch wählen können?

Elektronische Wahlmöglichkeiten

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, elektronisch zu wählen: mit Wahlcomputern, digitalen Wahlstiften, per SMS, im Internet oder via Laptop und Smartphone.

Vor- und Nachteile von elektronischen Wahlen

Vorteile gibt es viele: Es ist eine schnellere Übermittlung der Ergebnisse möglich, Wähler könnten ortsunabhängig ihre Stimme abgeben und junge Wähler motivierter sein zu wählen.

Dagegen stehen die Hauptnachteile Sicherheit und mangelnde Transparenz: Die Sicherheit der zu übermittelnden Daten stellt ein Risiko dar. Weder könnte Manipulation ausgeschlossen werden, noch nachvollzogen werden, wer diese begangen hat. Dem Argument der Kostensenkung stehen kontinuierliche Updates entgegen. Neue Hardware, die jeder Wähler benutzen kann, müsste bereitgestellt werden.

Einsatz von Wahlcomputern in Deutschland

In Deutschland wurden bisher nur Wahlcomputer eingesetzt. Das erste Mal zur Europawahl 1999, danach bei der Bundestagswahl 2002. Drei Jahre später wählten bereits rund zwei Millionen Bürger den Deutschen Bundestag mit Wahlcomputern, doch das Bundesverfassungsgericht erklärte den Einsatz 2009 für verfassungswidrig. Die Begründung: „Der Bürger müsse ohne Computerkenntnisse die wesentlichen Schritte seiner Wahlhandlung überprüfen können." Der Chaos Computer Club schreibt nach der Untersuchung der eingesetzten Wahlcomputer in seinem Abschlussbericht: „Wenn der geringe Nutzen und die erheblichen Risiken objektiv gegenübergestellt werden, erscheint es sinnvoll, von der Nutzung von Wahlcomputern zukünftig abzusehen und beim nachvollziehbaren und bewährten Wahlverfahren mit Papier und Stift zu bleiben."

Sicherheitsbedenken

Christian Paulsen ist Informatiker und hat zum Thema „Sicherheit von Internetwahlen" promoviert. Er zieht den Vergleich zum Onlinebanking. Dabei gibt es mittlerweile verschlüsselte Seiten und TAN-Generatoren, die die Sicherheit erhöhen sollen. Doch es kommt immer wieder zu Hacker-Angriffen, da das Internet nicht ausreichend abgesichert ist. Wird auf diese Weise Geld entwendet, zahlen häufig Versicherungen den Schaden.

Doch bei einer Wahl wären die Folgen unabsehbar. Zunächst müsste die Manipulation festgestellt werden, bevor entschieden werden könnte, wie vorgegangen wird und ob Neuwahlen ausgerufen werden müssten. „Wir machen uns auf Dauer sehr abhängig vom Internet. Angreifer sind uns immer einen Schritt voraus. Danach wird die Gegenmaßnahme entwickelt. Das ist ein Hase-Igel-Spiel", sagt Paulsen.

Demokratieverständnis

Es ist jedoch nicht nur die Sicherheit, die es zu beachten gilt, sondern auch die Demokratie. Das Dilemma: Auf der einen Seite muss nachvollziehbar sein, welcher Bürger welche Partei gewählt hat. Auf der anderen Seite darf diese Verknüpfung nicht nachprüfbar sein, weil die Wahl dann nicht mehr geheim wäre. Somit wäre eines der fünf Grundprinzipien zur Wahl hinfällig (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim). Artikel 38 des Grundgesetzes müsste dann reformiert werden.

Der Einsatz von neuen Medien

Neue Medien und Tools wie der Wahl-O-Mat oder abgeordnetenwatch.de sollen auch in Zukunft aufklären und Nähe schaffen, denn die Politikverdrossenheit und die daraus resultierende niedrige Wählerbeteiligung entstehe nicht aufgrund der Wahlmethode, so Paulsen.

Er schätzt, dass es erst in 30, 40 Jahren flächendeckend elektronische Wahlen geben wird. Zuvor plädiert er für eine Reform des Internets, um die Sicherheit gewährleisten zu können.

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