Langsam kriechend und mit einer 30 Kilogramm schweren Ausrüstung bepackt, näherten sich Benjamin Swyter und Hendrik Tessendorff von der Hamburger Feuerwehr den deckenhohen Flammen im Hochbunker in Rothenburgsort. "Wir lagen am Boden, um der Hitze zu entgehen, das war körperlich extrem anstrengend", beschrieb Swyter den Einsatz, der eine Woche zurück liegt. "Es war heißer als in der Sauna. Der Putz von den Wänden hatte sich deswegen gelöst", so sein Kollege Tessendorff.
Die beiden Berufsfeuerwehrmänner gehörten zu den 200 Feuerwehrleuten, die vor einer Woche über 38 Stunden gegen das Feuer in der Markmannstraße gekämpft hatten. Am Montag berichteten sie Journalisten von ihren dramatischen Erlebnissen. "Man konnte in dem fensterlosen Bunker so gut wie nichts sehen und musste sich tastend fortbewegen", so Tessendorff. "Je weiter wir nach oben kamen, desto langsamer ging es, weil wir nicht wussten, was uns erwartet". Ganz nah an den Flammen, nur zwei bis drei Meter entfernt, löschten Swyter und Tessendorf die Flammen im vierten Geschoss des Bunkers - bis ihre Atemluftreserven zur Neige gingen.
Als die beiden Männer gerade von einem anderen Löschtrupp abgelöst worden waren und ihre Helme und Atemschutzgeräte abgelegt hatten, ertönte ein gewaltiger Knall. Die Löschkräfte im Bunker wurden von einer explosionsartigen Durchzündung überrascht. Die Druckwelle konnte nur durch die zwei Eingänge des Bunkers entweichen. "Scheiße, da sind noch zwei Kollegen von uns im Gebäude", beschreibt Swyter seinen ersten Gedanken nach der Explosion. In Windeseile zogen die beiden ihre Masken, Atemschutzgeräte und Helme wieder an. Als sie auf die neuen Anweisungen der Einsatzleitung warteten, kamen ihre Kollegen bereits aus dem Hochbunker. "Als ich die beiden sah, dachte ich, dass wir da noch einmal echt Glück gehabt haben", sagte Tessendorff.
Für Swyter und Tessendorff endete der Einsatz nach drei Stunden. Die beiden Feuerwehrmänner hatten sich bei dem Löschangriff Hautreizungen an Armen, Beinen, Oberkörper und Gesicht zugezogen und mussten im Krankenhaus behandelt werden. "Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen und konnten noch am selben Tag entlassen werden", sagte Swyter. 45 Menschen waren bei dem Brand verletzt worden, darunter waren 17 Feuerwehrleute. "Ein Berufsfeuermann mit Verbrennungen im Nackenbereich befindet sich noch immer im Krankenhaus. Er ist aber auf dem Weg der Besserung", sagte Thorsten Grams, Pressesprecher der Feuerwehr.
Drei Tage später wieder Dienstalltag
Hendrik Tessendorff arbeitet seit 2003 bei der Berufsfeuerwehr, sein Kollege Benjamin Swyter hat ein Jahr weniger Berufserfahrung. Beide Feuerwehrmänner erlitten bei dem Bunkerbrand ihre ersten Verletzungen während eines Einsatzes. Es hätte gut getan, sich im Krankenhaus über den Einsatz auszutauschen und so das Erlebte zu verarbeiten, so Swyter. "Als ich die Bilder von dem Brand gesehen habe, dachte ich, dass wir wirklich Glück gehabt haben", sagte sein Kollege Tessendorff.
Beide hatten sich, sobald sie konnten, bei ihren Familien gemeldet. Diese waren sehr besorgt, weil sie durch die Medien von den verletzten Löschkräften gehört hatten. "Manchmal kommt es vor, dass die Familie fragt, ob ich nicht was anderes machen und in den Innendienst wechseln kann. Das ist aber nicht das, was ich möchte", sagte Swyter. Drei Tage nach dem Einsatz, am vergangenen Freitag, waren die beiden Feuerwehrmänner wieder im Dienst.
Zu drei Großeinsätzen musste die Feuerwehr in der vergangenen Woche ausrücken: Nach dem Bunkerbrand am Dienstagmorgen kam es am Donnerstagabend zu einem Chemieunfall in einem Gewerbegebiet, bei dem stark ätzende Lauge ausgetreten war. Am Sonnabend brannte dann der zweite Bunker innerhalb einer Woche. Dieses Mal in Bahrenfeld, und wieder war der Einsatz sehr gefährlich. In dem Gebäude aus dem zweiten Weltkrieg lagerten bis zu 5,5 Tonnen Pyrotechnik. "Diese Woche hatte es echt in sich und hat gezeigt, wie verwundbar eine Stadt sein kann", sagte Feuerwehrsprecher Grams.
Bestandsaufnahme dauert an
Innensenator Michael Neumann (SPD) hatte beide Brandstellen besucht. "Wir werden nun zusammentragen, welche Bunkeranlagen es in Hamburg gibt, wie sie genutzt werden und wie die Genehmigungslage für die Lagerung von Gefahrstoffen aussieht. Nach dieser Bestandsaufnahme werden wir gegebenenfalls nachbessern, insofern die notwendig ist", sagte der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter. Am Dienstag treffen sich Vertreter der Innenbehörde, der Behörde für Stadtentwicklung, der Bezirksämter und der Feuerwehr, um mit der Bestandsaufnahme zu beginnen. "Wir wollen alle Bunker schleunigst überprüfen, das geht aber nicht von heute auf morgen, da es sehr viele Bunkeranlagen in Hamburg gibt. Die Bewertung der Sicherheitslage wird dementsprechend dauern", so Reschreiter. "Die Ergebnisse der Brandursachenermittlung beider Bunkerbrände sollen auch in die Bestandsaufnahme einfließen."
Die Brandermittler des LKA konnten noch immer nicht mit ihren Ermittlungen beginnen. "Die Brandursachenermittlung steht bei beiden Bunkern derzeit noch aus. Die Umweltbehörde hat noch kein grünes Licht gegeben", teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Auch die Anwohner können wohl erst am Mittwoch zurück in ihre Wohnungen.