30.000 Menschen nahmen teil
Tausende Menschen protestierten am Donnerstag in der Münchner Innenstadt gegen die geplante Neufassung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes. Am Ende zog die Polizei Bilanz. Alle News bei uns im Ticker zum Nachlesen.
Die groß angelegte Kundgebung gegen das Polizeiaufgabengesetz (PAG), die auf 13 Uhr angesetzt war, fällt wegen Platzmangel am Münchner Marienplatz aus. Die Veranstalter rechneten ursprünglich mit rund 7.000 Teilnehmern, über Facebook bekundeten mehr als 30.000 Nutzer Interesse, ebenfalls an der Demo teilzunehmen. Laut Veranstalter nahmen schlussendlich 30.000 Menschen teil, das bestätigte auch die Polizei. Nach der Kundgebung zog der Demozug durch die Stadt bis zum Odeonsplatz, wo es dann ab 15 Uhr eine Abschlusskundgebung gab. Insgesamt haben 65 Organisationen, darunter die Oppositionsparteien Grüne, SPD, FDP und Linke, die Gewerkschaft Verdi und das Münchner Umweltinstitut zum Protest gegen das PAG aufgerufen. Die Polizei zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Demonstration: Es gab keine Gewalttaten und die Demonstration verlief friedlich. >>>AKTUALISIEREN<<<+++ Am Tag nach der Großdemo in München äußerte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Für den Erfolg der Demonstration machte er unter anderem „Lügenpropaganda" verantwortlich.
+++ Unsere Reporterin vor Ort hat nochmal mit Marcus da Gloria Martins, dem Sprecher der Münchner Polizei, gesprochen. Insgesamt hat sich die Polizei sehr zufrieden mit dem Verlauf der PAG-Demo gezeigt. Es gab wie bereits genannt keine Gewalttaten während der Demo, insgesamt waren rund 30.000 Menschen am Protestzug beteiligt. Einzig die Tatsache, dass sich so viele Menschen bei der Hitze versammeln, sorgte demnach für Sorgenfalten bei der Polizei. So wird das Wetter in Bayern. „Die Leute waren wirklich entspannt, haben gewartet und haben teilweise eine Stunde in der Sonne gestanden und sind dann ganz normal zum Odeonsplatz marschiert - das war toll", lobte da Gloria Martins die Teilnehmer der Demo. Auch persönlich zeigte sich der Polizeisprecher beeindruckt von der Veranstaltung: „Der Polizist ist glücklich, dass nichts passiert ist. Der Demokrat im Polizisten ist froh, dass sowas in unserem Land überhaupt möglich ist. Somit ist sowohl der Polizist als auch der Mensch im Polizisten glücklich."
+++ Laut Aussagen der Polizei gab es weiterhin keine besonderen Zwischenfälle oder Straftaten im Rahmen der PAG-Demo. Die Veranstaltung ist bisher friedlich verlaufen. Hoffen wir, dass das so bleibt. Die Kundgebung läuft jedenfalls noch.
+++ Nun spricht auch die Polizei von 30.000 Demo-Teilnehmern, die sich in der Innenstadt verteilen.
Im Innenstadtbereich sind derzeit insgesamt 30.000 Versammlungsteilnehmer. #muc1005 #nopag
- Polizei München (@PolizeiMuenchen) 10. Mai 2018 Polizeigesetz-Demo: Störungen am Stachus+++ Die Polizei meldet auf Twitter, dass es aufgrund der Folgen der Versammlung zu Störungen am Stachus kommt. Der Bereich in der Innenstadt sollte zur Zeit weiträumig umfahren werden.
+++ Laut der Polizei füllt sich der Odeonsplatz, der Marienplatz leert sich dagegen. Die Polizei ist weiterhin auf Twitter sehr aktiv und bittet die Teilnehmer immer wieder, vorsichtig zu sein aufeinander acht zu geben.
Der #Odeonsplatz füllt sich immer mehr. Gebt Acht aufeinander. #nopag #muc1005
- Polizei München (@PolizeiMuenchen) 10. Mai 2018+++ Laut Veranstalter sollen wohl rund 30.000 Menschen an der Groß-Demo teilgenommen haben. Die Polizei spricht dagegen von 23.000 Demonstranten, was dennoch weit mehr ist, als zuvor angenommen.
+++ Noch hat es zwar nicht ganz 15 Uhr geschlagen, doch die Abschlusskundgebung am Odeonsplatz hat soeben begonnen. Duch den Ausfall der Einführungskundgebung hat man ja auch noch etwas aufzuholen.
+++ Den Aufruf, gegen das Polizeiaufgabengesetz auf die Straße zu gehen, haben sich zahlreiche Münchner zu Herzen genommen. Unsere Reporterin berichtet, dass sich die Menschenmenge bis hinter in die Kaufingerstraße streckt. Wahnsinn!
Polizeigesetz-Demo: Protestzug kommt nur mühsam voran+++ Laut unserer Reporterin vor Ort tut sich noch immer recht wenig. Immerhin macht das Wetter noch mit.
+++ Immer wieder stimmen die Demonstranten den Sprechchor "Wer heute noch lacht, wird morgen überwacht" an.
+++ Durch die zahlreichen Teilnehmer kommt der Protestzug nur langsam in Fahrt - bis das Tal erreicht ist, kann es also noch dauern.
+++ Laut unseren Informationen fällt die Rede aus, weil der Marienplatz schlicht zu voll ist. Daher hätten die Veranstalter beschlossen, den Demozug gleich zu starten.
+++ Laut einer Mitteilung bittet die Polizei alle Menschen, die nicht an der PAG-Demo teilnehmen, den Marienplatz zur Zeit zu meiden. Der Marienplatz füllt sich mehr und mehr. Bald soll der Demozug jedoch losziehen. Nächster Halt: Tal.
Polizeigesetz-Demo: Kundgebung fällt aus+++ Das kommt überraschend: Laut unserer Reporterin vor Ort fällt die offizielle Kundgebung, die um 13 Uhr stattfinden sollte, aus. Das gab Florian Ritter, SPD-Abgeordneter des bayerischen Landtags, bekannt. Ritter hatte die Großdemo angemeldet.
+++ Die Veranstaltung läuft offiziell seit 13 Uhr. Im Anschluss zieht der Demozug bekanntlich durch die Stadt bis zum Odeonsplatz, wo es dann ab 15 Uhr eine Abschlusskundgebung geben wird. Hier nochmal die genaue Route, getwittert von der Polizei München.
[3/3] Die Demonstration der #nopag #muc1005 wird sich über Marienplatz - Tal - Isartorplatz - Thomas-Wimmer-Ring - Karl-Scharnagl-Ring - Franz-Josef-Strauß-Ring - von-der-Tann-Str. - Ludwigstr. bis zum Odeonsplatz bewegen. https://t.co/RelYqMMLQI
- Polizei München (@PolizeiMuenchen) 9. Mai 2018+++ Wir haben soeben Polizeisprecher Deniz Bohrer an den Hörer bekommen und ihn zum aktuellen Stand der Demonstration befragt. Laut Bohrer „füllt sich der Marienplatz mehr und mehr. Bisher gibt es noch keine Zwischenfälle, wir hoffen dass es ruhig bleibt." Das hoffen wir auch.
+++ Natürlich wird auch auf den sozialen Plattformen heiß über die Groß-Demo gegen das geplante Polizeiaufgabengesetz diskutiert. Dabei kritisieren eingige Nutzer, dass Parteien wie SPD, FDP, Grüne und Linke die Kundgebung für ihre Politik nutzen, es jedoch eigentlich um die Meinungsäußerung der Bürger geht.
Ich bedaure sehr, dass Demonstrationen zunehmend von Partei-, Gewerkschafts- und Organisationslogos bestimmt werden. (egal wozu - gerade: #PAG) Es geht dabei um eine öffentliche Meinungsäußerung der Bürger, nicht das Bedeutungsbedürfnis der (Mit)Organisatoren!
- jrnsg (@jrnsg) 10. Mai 2018+++ Hallo und herzlich willkommen in unserem Ticker zur „noPAG"-Demo in München. Hier bekommen Sie alle wichtigen Infos rund um die Versammlung am Marienplatz. Um 13 Uhr geht's los!
VorberichtMünchen - Das Polizeiaufgabengesetz (PAG) sorgt für Unruhe. Am Himmelsfahrtstag werden tausende Gegner des Gesetzes auf dem Marienplatz erwartet. Zum Protest aufgerufen hat ein breites Bündnis von Parteien, Verbänden und Gewerkschaften. Die Veranstalter rechnen zurückhaltend mit 7000 Teilnehmern, bei Facebook haben aber schon über 30.000 Menschen Interesse bekundet - und die Dynamik spricht für eine hohe Teilnehmerzahl.
Denn der Gesetzentwurf, lange quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt, spaltet die Münchner. Die einen erhoffen sich mehr Sicherheit, die anderen befürchten tief greifende Einschnitte in die Grundrechte. „Die Freiheit stirbt scheibchenweise", warnt etwa Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im bayerischen Landtag. „Dabei ist Bayern das sicherste Bundesland, auch dank der guten Arbeit unserer Polizei", so Schulze weiter. Ihre größte Befürchtung: Die Polizei würde immer mehr Befugnisse erhalten, die den Geheimdiensten vorbehalten seien. Besondere Sorge macht ihr ein Begriff in dem Gesetz - der der „drohenden Gefahr". „Der ist schwammig, soll aber Grundlage für einschneidende polizeiliche Maßnahmen sein."
Lesen Sie auch: Polizeigesetz: Jura-Studenten wollen Bayern verklagen - und sehen gute ChancenWie breit das Bündnis ist, zeigt bereits ein flüchtiger Blick auf die Mitgliederorganisationen: Die FDP ruft ebenso zur Demo auf wie die Marxistische Linke - zwei Gruppierungen, deren Schnittmenge sonst eher gering ist. „Ich habe ein solches Bündnis noch nie erlebt", sagt Simon Strothmenger, der Sprecher des Bündnisses „No PAG". Mittlerweile sind 65 Organisationen an Bord: Die Oppositionsparteien Grüne, SPD, FDP und Linke, die Gewerkschaft Verdi und das Münchner Umweltinstitut.
Für die Demo: Band zwischen Blau und RotDie Ablehnung des Gesetzes schlägt sogar ein Band zwischen Blau und Rot - sowohl die Südkurve (FC Bayern) als auch die Löwenfans gegen Rechts (TSV 1860) sind dabei. Sie alle treffen sich am Himmelfahrtstag um 13 Uhr am Marienplatz. Dort findet die Auftaktkundgebung statt. Danach wird sich der Demonstrationszug übers Tal und die Von-Der-Tann-Straße an der Staatskanzlei vorbei in Richtung Odeonsplatz auf den Weg machen.
Die CSU, die das Gesetz am 15. Mai im Landtag beschließen will, zeigt sich unbeeindruckt. „Wir wollen die Menschen vor neuen Gefahren schützen. Ein frühes Einschreiten der Polizei kann Leben retten", sagt deren Fraktionschef Thomas Kreuzer. Die Befürchtungen der PAG-Gegner hält er für unbegründet. „Die Polizei kann nicht ohne Verdacht wahllos Menschen verhaften. Über den Polizeigewahrsam muss selbstverständlich ein Richter entscheiden", sagt Kreuzer. Und Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä hält Kritikern, die einen Überwachungsstaat befürchten, entgegen: „Es ist abwegig, dass der Gesetzgeber ein Interesse an einer solchen Entwicklung hat." Andrä sieht auch konkrete Vorteile in der täglichen Polizeiarbeit. „Die Erfahrungen der Terroranschläge der letzten Jahre haben gezeigt, dass frühzeitiges, konsequentes Handeln der Sicherheitsbehörden zur Gefahrenabwehr erforderlich ist."
Schwammiger Begriff „drohende Gefahr"Das beruhigt die Gegner des Gesetzes nicht - sie sehen die Grundrechte gefährdet. Vor allem durch den schwammigen Begriff „drohende Gefahr". „Wir erleben schon jetzt immer wieder, wie Politiker angesichts von Streiks im Bereich des öffentlichen Dienstes ein drohendes Gefahrenszenario ausmalen und eine Einschränkung des Streikrechts fordern - bezeichnenderweise gerade aus der Partei, die auch das PAG durchboxen will", sagt etwa Hans Sterr, Sprecher der Gewerkschaft Verdi. Er befürchtet, dass etwa ein Streik - oder bereits dessen Vorbereitung - im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge schon zu einer „drohenden Gefahr" erklärt werden könne - auch wenn das jetzt nicht beabsichtigt sei. Sterr: „Einem Gesetz, das auch gegen Streikende angewendet werden könnte, werden wir entschieden entgegentreten."
Das neue PAG: Darum geht es im KernBayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betont, dass der Freistaat lediglich mit der Gesetzeslage auf Bundesebene gleichziehe. Denn Bundespolizei- und Bundeskriminalamtsgesetz sind wegen der Bedrohung durch Terroranschläge bereits verschärft worden. Zudem müsse Bayern das Polizeirecht bis 25. Mai auf eine neue EU-Datenschutzrichtlinie hin anpassen. Gegner der Gesetzesänderung beziehen sich vor allem auf den Begriff der „drohenden Gefahr". Diese soll künftig ausreichen, um gezielte Überwachungsmethoden gegen Verdächtige anzuwenden.
Aktuell darf die Polizei beispielsweise Anrufdaten, SMS und Internetchats nur anzapfen, wenn eine konkrete Gefahr besteht, also, wenn es belastbare Informationen darüber gibt, dass beispielsweise eine bestimmte Person zu einer bestimmten Zeit einen Anschlag plant. Die Änderung soll eine schnelle Terrorabwehr ermöglichen. Juristen kritisieren, dass die Trennlinie zu den Nachrichtendiensten verloren gehen würde. Bei „drohender Gefahr" dürfen künftig Briefe und Pakete geöffnet werden - zwar nur mit richterlichem Beschluss, aber ohne Wissen des Betroffenen.
Die Online-Überwachung ist seit 2009 erlaubt. Das neue Gesetz soll diese Methoden auch bei „drohender Gefahr" zulassen - wichtig bei Anleitungen zum Bombenbau, die per E-Mail verschickt werden. Neu ist der Zugriff auf Daten, die in Clouds gespeichert sind. Mit DNA-Spuren sollen nicht nur das Geschlecht, sondern auch Augen- und Haarfarbe sowie Alter und Herkunft bestimmt werden. An öffentlichen Plätzen soll Videoüberwachung mit Gesichtserkennung möglich sein. Bodycams sollen bei Einsätzen filmen. Drohnen könnten dann auch zur Überwachung von Wohnungen eingesetzt werden. Und Spezialeinheiten bekommen Handgranaten.
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