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Online-PR 2013: Fünf Tipps und eine Frage

Haben Sie Ihren Kunden schon Weihnachtskarten geschickt? Womöglich sogar ein fein mit der Compliance abgestimmtes Präsent? Oder lassen Sie bereits auf Ihrer Facebook-Seite die Elche singen? Dass Online-Kommunikation mit sämtlichen Stakeholdern immer wichtiger wird, daran zweifelt kaum ein PR-Profi. Laut dem European Communication Monitor 2012 dominiert derzeit zwar noch die klassische Pressearbeit. Doch die Online-Kommunikation, so der Branchenreport, liegt auf Platz zwei und schickt sich an, zu überholen. Wie aber sieht erfolgreiche PR im Web künftig aus? Hier einige Tipps für PR-Macher:

1. Tell your story! Umschalten, pinkeln oder Bier holen? Werbung löst heutzutage Flucht- statt Kaufreflexe aus. Kanäle wie TV und Print verlieren vor allem jüngere Nutzer ans Web. Dort funktionieren Kampagnen nur, wenn sie spannende Geschichten liefern (Red Bull!) oder - leider kaum planbar - zu werden.

Kommunikation im Web braucht Authentizität, echte Protagonisten, Glaubwürdigkeit und Tiefgang. Damit aus Geschichten Gespräche werden. Im Web ist außerdem Platz für Markenführung durch Kontext, für eine Anreicherung mit Hintergründen, Multimedia, Fanbeiträgen. Also bitte für nächstes Jahr einplanen: Storytelling mit echten Protagonisten. Es muss ja nicht immer ein 50-Millionen-Sprung aus dem All sein.

2. Übernimm die Führungsrolle! Wer hat im Unternehmen das Gespür dafür, was an der eigenen Agenda die Menschen wirklich interessiert? Wer sieht die Welt durch die Augen der Stakeholder? Eben.

Die PR muss Selbstbewusstsein tanken. Im Budget-Vergleich mit den Marketing-Stars spielt sie oft nur in der Kreisklasse. Doch die Zeit arbeitet für die Kommunikations-Profis: Künftig wird jeder Mitarbeiter zum potenziellen Markenbotschafter im Social Web. Die PR definiert die erforderlichen Rahmenbedingungen. PR-Profis schulen ihre Kollegen. Die Kommunikations-Strategen erfassen Diskussionen im Web und zeigen der Geschäftsleitung, was die Konsumenten wirklich über ihre Produkte und die Marke denken. So entfernt sich die PR von ihrer klassischen Rolle als Ansprechpartner für Filtermedien und tritt in den direkten Kundendialog ein.

Die sozialen Medien bereiten den Boden. Jetzt müssen Sie nur noch tun, was Dan Edelman fordert: Kreative Ideen entwickeln, die das Marketing dominieren.

3. Nutze die Technologie! Die Pressemitteilung zuckt noch, aber sie ist eigentlich tot. Es gibt heute schlicht bessere Möglichkeiten, Geschichten zu erzählen. Fürs nächste Jahr gilt es dabei, drei Entwicklungen besondes genau zu betrachten: den Visual Turn, das Erzählen in Bildern (bzw. Videos). Oder Infografiken. Dazu Mobile und die Beteiligung von Markenfans in Bereichen wie Produktentwicklung und Support (neudeutsch: Crowdsourcing).

Sicher fallen Ihnen noch mehr Trends ein, etwa Facebook-Apps, Augmented Reality oder Big Data. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie erfordern einen Hauch von technologischem Know-how. Auch gelernte Journalisten wie ich kommen nicht umhin, sich mit Programmiersprachen, Video und Webdesign zu beschäftigen. Mein Tipp: Nicht alles selbst lernen, lieber Experten-Teams bilden, die gemeinsam an Projekten arbeiten - vom Konzept bis zum Betatest.

4. Vergiss die One-Voice-Policy! Künftig bleiben PR-Profis nicht mehr allein im Gespräch. In Zeiten, in denen Twitter-Nutzer auf Antworten in Echtzeit hoffen, scheitert jeder Versuch, Kommunikation auf die gleichnamige Abteilung zu beschränken. Daher ist Schluss mit der One-Voice-Policy, bei der das Unternehmen mit einer (meist furchtbar langweilenden) Stimme spricht.

Es tritt auf: die One-Message-Policy, besser gesagt: One Message, Many Voices. Die PR legt den Kommunikationsrahmen fest, sie verfasst die Botschaft. Diese wird aber nicht bis zum letzten Komma abgestimmt, ausformuliert und heruntergeleiert. Weg mit den Worthülsen! Statt dessen bringen Experten aus dem Unternehmen ihr Wissen - und Ihre Geschichten - schnell dorthin, wo es benötigt wird: auf Facebook, in den Blog, auch zum Journalisten.

5. Organisiere Dich neu - und das Unternehmen gleich mit! Es wird Zeit für Unternehmen, die Bedeutung von Kommunikation wirklich zu erkennen. Was hilft es, wenn der Dipl.-Ing. hinten links einen genialen Gedanken hat, wenn dieser niemals das Universum der Gespräche erreicht? Das Kommunikations-Raumschiff Enterprise braucht eine Brücke ­- und Sie sollten der Captain sein.

Klingt utopisch, ist aber banal: Sämtliche in Ihrem Unternehmen erstellten Inhalte sollten an einer zentralen Stelle gesammelt, bewertet und in Kommunikation nach außen umgewandelt werden. An gleicher Stelle muss auch der von Nutzern erstellte Content aufschlagen, in einem Newsroom, in dem Redakteure, Community-Manager und Kreative/Producer einen tagesaktuellen Strom von Nachrichten und Geschichten erzeugen, der im Idealfall überall geteilt und verbreitet werden kann.

6. Die Frage zum Schluss... ...kann natürlich nur lauten: Wer um Himmels willen soll das alles machen? Die meisten PR-Abteilungen sind angesichts ihres täglichen Pensums schon mit dem Aufbau von Blogger Relations überfordert. Die künftigen Aufgabenbereiche klingen nach einem 48-Stunden-Arbeitstag: Agenda Setting, Vermitteln von Positionen, Monitoring rund um die Uhr, Echtzeit-Dialog, Koordination der Mitarbeiterkommunikation, Durchsetzen der One-Message-Policy, Inhalte aggregieren und kreativ aufbereiten...

Meine Antwort: Fokussieren Sie sich aufs Wesentliche. Auf die Kernzielgruppen. Auf die wirklich wichtigen Themenkomplexe. Suchen Sie außerdem nach Effizienz in der Praxis: Steuern Sie Themen parallel über alle wichtigen Kanäle. Machen Sie Events nicht nur für die geladenen Gäste erlebbar sondern über Video-Streaming für alle Stakeholder. Nutzen Sie ausgereifte Tools und Technologien, die garantiert die Arbeit erleichtern. Teilen Sie die Aufgaben zwischen Unternehmen und Agentur richtig auf. Spannen Sie Ihre Markenfans ein. Und schreiben Sie vielleicht Mal eine Pressemitteilung weniger. Denn ich kenne zwar die Zukunft auch nicht, aber ich bin mir sicher, dass sie irgendwas mit diesem Internet zu tun hat.

Über Uwe Baltner: Bis 2010 arbeitete Uwe Baltner bei CHIP Online, zunächst als Leiter des Handy-Ressorts und stellvertretender Chefredakteur, dann als Leiter des Business-Channels. Parallel dazu leitete er das Social-Media-Team und legte so den Grundstein für seine heutige Tätigkeit: Als Gründer und Gesellschafter der auf Content-Strategien spezialisierten Agentur SMO14 (www.smo14.de) bringt er Verlage, Verbände und Unternehmen ins Social Web.
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