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Sepsis: Warum jeder fünfte Mensch an Blutvergiftung stirbt

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Das bringt jedoch ein Problem mit sich: "Wir müssen handeln, bevor das Ergebnis aus dem Labor vorliegt", sagt Schürholz. Verzögert sich die Behandlung, weil die Sepsis zu spät erkannt und die Anzeichen nicht richtig gedeutet werden können, was nicht selten der Fall ist, steigt das Sterberisiko mit jeder Stunde ohne Behandlung. Die Patienten sterben dann an Organversagen.

Tückisch ist auch etwas anderes: Die Symptome, die eine Sepsis zunächst begleiten, sind nicht typisch, sondern können auch in anderen Situationen auftreten. Meistens hat der oder die Betroffene Fieber, einen äußerst niedrigen Blutdruck, schwachen, schnellen Puls. Daneben ist die Haut blass, bläulich, feucht, kalt. Die Patienten wirken unruhig und verwirrt. Die Blutgerinnung ist gestört, winzige Blutgerinnsel bilden sich in den feinen Gefäßen, die die Organe mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgen. Wird der Sauerstoff knapp, sterben die Zellen.

Arne Trumann wurde schon im Krankenwagen mit einem breit wirkenden Antibiotikum behandelt. Er verbrachte vier Wochen im künstlichen Koma, danach mussten abgestorbene Glieder an sieben Fingern amputiert werden. Amputationen und schwere Organschäden sind nach einer überstandenen Sepsis nicht selten. Auch das Gehirn kann betroffen sein.

Manche Überlebende können nicht mehr arbeiten, weil es ihnen schwerfällt, sich zu konzentrieren. "Die Sepsis ist eine verheerende, lebensbedrohliche Erkrankung mit ernsten Langzeitfolgen", sagt Reba Umberger, Intensivmedizinerin am University of Tennessee Health Science Center in Memphis. Sepsis-Überlebende litten unter individuellen psychischen und körperlichen Symptomen. Außerdem hätten sie ein erhöhtes Risiko, erneut an einer Sepsis zu erkranken. Das alles mache eine besondere medizinische Begleitung nach überstandener Erkrankung dringend nötig.


Wie behandelt man sie am besten?

"Wenn man eine Sepsis erkannt beziehungsweise einen Verdacht darauf hat, muss sofort aggressiv behandelt werden", sagt Tobias Schürholz. Dazu zählt neben der schon genannten Gabe eines Antibiotikums, Flüssigkeit und gegebenenfalls Medikamenten zur Kreislaufstabilisierung auch die operative Entfernung eines möglichen Infektionsherdes. Weitere medikamentöse Möglichkeiten habe man zurzeit nicht, ergänzt Schürholz.

"Es ist nicht einfach, mit Medikamenten gezielt an einer Schraube des Immunsystems zu drehen und dadurch etwas zu verbessern", sagt der Rostocker Sepsisexperte. Die Immunabwehr agiere höchst komplex. In einer Gesellschaft, in der immer mehr ältere Menschen lebten und die Sepsiszahlen anstiegen, müsse dringend stärker am Thema geforscht werden, fordert der Mediziner.

Dank der neuen Sepsis-Definition, die ihren Schwerpunkt auf das Organversagen bei einer Infektion lege, habe sich auch der Fokus für die Diagnose und Therapie verschoben, erläutert derweil Petra Dickmann aus Jena. "Es stellt sich nun nicht mehr nur die Frage nach dem richtigen Antibiotikum, sondern auch danach, wie die Organe im Krankheitsverlauf gezielt geschützt werden können."


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