5 subscriptions and 6 subscribers
Article

Leipzig gegen Wolfsburg: Duell der Konzerne - SPIEGEL ONLINE

Leipzigs Interimstrainer Achim Beierlorzer hob eine Augenbraue und lächelte, als er vor dem DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen RB Leipzig und VfL Wolfsburg (19 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) auf das erste Aufeinandertreffen beider Klubs angesprochen wurde.

Bei der DFB-Pokal-Premiere von RB Leipzig 2011 hatte der damalige Regionalligist die 3:2-Sensation geschafft. Felix Magath war da noch Wolfsburger Trainer und Manager. Bei den Leipzigern saß Peter Pacult auf der Trainerbank. Der Red-Bull-Verein hatte gerade die Sportdirektoren Dietmar Beiersdorfer und Thomas Linke verschlissen und mühte sich in der viertklassigen Regionalliga; Wolfsburg hatte sich von Manager Dieter Hoeneß getrennt und war gerade als 15. dem Abstieg entronnen.

Das ist nur dreieinhalb Jahre her, doch die Situationen und Protagonisten scheinen einer anderen Fußballepoche zu entstammen.

Die Gäste aus Niedersachsen sind heute die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga; der Parvenü aus Leipzig polarisiert wie kein zweiter Fußballverein hierzulande. Dass beide Konzernklubs derzeit mehr Erfolg haben als 2011, hat nicht ausschließlich mit Geld zu tun. Beiden stand es schon damals ausreichend zur Verfügung. Es geht auch zurück auf strategische Aufbauarbeit von Mannschaften und Strukturen.

"Da gibt es schon Parallelen", sagt Rangnick

Zwar entzünden sich an den konzerngelenkten Klubs heftige Fandebatten - im Falle Leipzigs sogar mit Demonstrationen und Boykotten. Doch die Erfolge, die sich auch dank der cleveren Klubentwicklungen einstellten, geben den Machern beider Vereine recht. "Beide Mannschaften legen ihren Fokus stark auf die Offensive, da gibt es schon Parallelen", sagt Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick.

Am Wochenende boten beide Klubs spektakuläre Torfestivals: Beim 3:2 der Leipziger gegen Union Berlin fielen fünf Treffer in einer knappen halben Stunde. Die Wolfsburger schossen in den letzten zwei Auswärtsspielen in der Bundesliga jeweils fünf Tore. Für das Pokalduell rechnet sich Beierlorzer selbstbewusst eine "50-50-Chance" aus. "Auch Wolfsburg agiert nicht komplett fehlerfrei. Es ist eine sehr, sehr gute Mannschaft, aber keine Übermannschaft", sagte der 47-Jährige.

"Wir wollen variabel spielen, mal tief stehen, sie dann wieder hoch anlaufen, um sie dort treffen, wo sie es am wenigsten erwarten." Doch nicht nur, was die offensive Ausrichtung angeht, auch hinsichtlich Struktur und Entwicklung weisen beide Klubs Gemeinsamkeiten auf.

Rangnick und Allofs stehen für den Erfolg

Der Amtsantritt von Ralf Rangnick im Juli 2012 war der eigentliche Startschuss des Projektes Rasenballsport Leipzig. Nur wenige Monate später wechselte Klaus Allofs als Geschäftsführer Sport nach Wolfsburg. Danach pirschten sich die "Wölfe" über die Platzierungen elf und fünf aktuell auf Tabellenposition zwei.

Beim Zweitliga-Achten RB Leipzig ist die dritte Aufstiegsfeier in Serie zwar aktuell unwahrscheinlich. Doch ganz abgeschrieben hat Rangnick den historischen Durchmarsch noch nicht. Erst am Wochenende rechnete der 56-Jährige vor, dass der Aufstieg bei neun Siegen aus den verbleibenden elf Ligaspielen noch möglich sei.

Auch die Vehemenz, mit der beide Teams derzeit an die Spitze drängen, eint die Klubs. Wolfsburg investierte durch die Verpflichtung von Weltmeister André Schürrle allein im Winter 35 Millionen Euro. Leipzig gab in der Winterpause 10,7 Millionen Euro für die schwedischen beziehungsweise israelischen Nationalspieler Emil Forsberg und Omer Damari aus. Die Top-Transfers der 2. Liga.

Dazu drängen beide Konzerne gleich mit mehreren Klubs in den Wettbewerb. Red Bull unterhält mit den Filialen Leipzig, Salzburg, Liefering, New York und Brasilien ein ganzes Klubkonglomerat. VW ist über die Tochter Audi auch bei FC Bayern München und Zweitliga-Spitzenreiter FC Ingolstadt beteiligt. Und auch personell gibt es zwischen den Klubs Verbindungen: Leipzigs Sportkoordinator Frank Aehlig und Salzburgs Geschäftsführer Jochen Sauer waren bereits in leitender Funktion beim VfL tätig.

Unter diesen Voraussetzungen ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis RB Leipzig auf Augenhöhe mit Wolfsburg agiert. Die Gastgeber hoffen, dass ihnen das zumindest für einen Pokalabend bereits heute gelingt. So wie 2011, doch nicht nur Achim Beierlorzer weiß: In den dreieinhalb Jahren seither hat sich fast alles verändert.

Original