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Will Putin den Krieg? Das sagt Russland-Experte Mangott

Wladimir Putin gilt als einer der undurchschaubarsten Politiker auf der Welt. Der russische Staatspräsident hat nun wie berichtet mehr als 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze aufmarschieren lassen. Die Gefahr einer militärischen Invasion der Supermacht in Europa scheint gegeben. "Heute" analysiert wie wahrscheinlich ein tatsächlicher neuer Krieg am europäischen Festland ist und wie die Fronten verlaufen.

Putin und die Invasionspläne in der Ukraine

Die Zeichen stehen auf Konflikt. Kriegsrhetorik, Truppenmobilisierung und Aufstockung der Militär-Maschinen sind in Russland in den letzten Wochen und Monaten ganz alltägliche politische Aktionen geworden. Vor allem an der Grenze zur Ukraine demonstriert der Kreml militärische Stärke, dort werden alte Ängste entfacht. Als Russland 2014 die Krim annektierte, wurde die Welt und die Ukraine überrumpelt, nun könnte sich die Geschichte wiederholen.

"Russland erweckt zumindest den Schein, dass sie eine militärische Invasion nicht ausschließen", sagt Russland-Experte Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck im Gespräch mit "Heute". Putin hatte wie berichtet unzählige Forderungen an den Westen, allen voran die USA gestellt, denen nur schwer nachzukommen ist.

Die Forderungen des Kreml-Chefs sind nicht durchsetzbar

Der Rückzug der NATO aus russisch-nahen Gebieten und ein Ende der Ausdehnung der Verteidigungsallianz Richtung Osten sind dabei die eindringlichsten Wünsche des Autokraten in Moskau. Beide Forderungen seien laut Mangott für die Nato unmöglich zu versichern: "Die Forderungen Putins würden die Nato massiv schwächen und auch ihre Politik der offenen Tür zerschlagen".

Was etwas an die Vorkommnisse vor dem 1. Weltkrieg erinnern mag, als Österreich Serbien ein Ultimatum stellte, dass unmöglich annehmbar war, könnte auch 108 Jahre später neuerliche Gefahren mit sich bringen. Die Ängste Russlands sollten dabei aber dennoch auch ernst genommen werden.

Nato-Beitritt der Ukraine gilt als unwahrscheinlich

Obwohl ein Nato-Beitritt der Ukraine in absehbarer Zeit als nahezu ausgeschlossen gilt, sind die Sorgen Russland laut Mangott teilweise berechtigt. Eine Osterweiterung der Nato könnte demnach dafür sorgen, dass die Ukraine langfristig zu einer militärischen Bedrohung für Russland wird - also die entgegengesetzte Richtung der derzeitigen Eskalationsbefürchtungen.

Zusätzlich zu der militärisch-strategischen Bedeutung der Ukraine kommt jedoch ein identitätspolitischer Aspekt zum Tragen. Erst im Sommer 2021 hatte Putin in einem Aufsatz Russen und Ukrainer als Teil eines gemeinsamen Volkes definiert. Der Präsident machte zudem nie ein Geheimnis daraus, dass er den Zusammenbruch der Sowjetunion als "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts" sieht.

Die Ukraine könnte zum Schlachtfeld eines Krieges zwischen USA und Russland werden

Russland und vor allem Putin haben demnach ein ideologisches Interesse an der Ukraine, das jedoch nur bedingt auf Anklang im Westen stößt. Mangott zufolge hätte die gewaltsame Annexion der Krim 2014 bereits dafür gesorgt, dass sich innerhalb der Ukraine eine eigene Volksseele entwickelt hat. Durch die militärische Invasion auf der Halbinsel hätte es Putin demnach paradoxerweise geschafft, das lange so uneinige Volk zu einen und gegen den russischen Aggressor zu positionieren.

Sollten sich diese Aggressionen Russlands nun tatsächlich in einer Invasion entladen, hatte der US-Präsident Joe Biden angekündigt die Ukraine zu unterstützen. Zwar würde die USA bzw. die Nato nicht sofort in einen möglichen Konflikt eingreifen, aber Widerstandskämpfer nach einer Invasion unterstützen. Mangott sieht demnach durchaus die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die "Ukraine zum Schauplatz eines Konfliktes zwischen der USA und Russland" wird.

Österreich als "trojanisches Pferd Russlands in der EU"

Um all das zu verhindern, sei das oberste Gebot jedoch der Dialog zwischen den rivalisierenden Parteien. Immer wieder wird dabei auch Österreich als möglicher Brückenbauer ins Spiel gebracht, der dafür sorgen könnte, den drohenden Konflikt noch abzuwenden. Doch wie die gesamte EU ist auch Österreich nur in der Zuschauerrolle gefangen. Mangott spricht sogar davon, dass "niemand Interesse hätte, dass Österreich diese Rolle als Vermittler einnimmt". Viel zu pro-russische agierten diverse österreichische Politiker in der Vergangenheit, um nun sich nun diplomatische Neutralität auf die Fahnen zu schreiben. Osteuropäische Staaten würden Österreich sogar als eine Art "trojanisches Pferd Russland innerhalb der EU" sehen, meint Mangott im Gespräch mit "Heute".

Das ganze Gespräch mit Prof. Mangott:

Frage 1 (0:00): Wie wahrscheinlich ist ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine?

Frage 2 (1:30): Welche Forderungen stellt Putin an den Westen?

Frage 3 (3:54): Wieso eskaliert die Lage an der Grenze zur Ukraine genau jetzt? Könnte die Ukraine ein Nato-Mitglied werden?

Frage 4 (7:00): Wie berechtigt sind die russischen Ängste?

Frage 5 (9:15): Ist die Ukraine eher russisch oder europäisch?

Frage 6 (11:30): Wenn Russland eine Invasion in der Ukraine durchsetzt, was macht die USA - droht ein Krieg der Großmächte auf europäischem Boden?

Frage 7 (13:10): Wie ist das Gesprächsklima zwischen Putin und Biden zu beurteilen?

Frage 8 (15:10): Welche Rolle spielt die EU im Konflikt, welche Macht hat sie?

Frage 9 (17:40): Wie geeint ist die EU in der Russland-Frage?

Frage 10 (19:00): Welche Rolle spielt Österreichs Image als neutrales Land, können wir als Vermittler auftreten?

Frage 11 (20:50): Wie sieht die Allianz zwischen Russland und Belarus aus?

Frage 12 (22:55): Welche Konsequenzen hätte ein Umsturz in Belarus auf Russland?

Frage 13 (23:45): Könnte der Bosnien-Konflikt Russlands Einfluss in Europa weiter stärken?

Frage 14 (25:35): Wie fest sitzt Wladimir Putin im Sattel?

Frage 15 (26:50): Hat Putin einen Nachfolger?

Frage 16 (28:25): Wird die Politik Putins, Putin überleben?

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