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Ein Rehbock für die Ewigkeit

Tierpräparator Dieter Klump vor seiner Werkstatt in Hamminkeln. Er arbeitet Tierköpfe zu Jagdttrophäen um. Foto : Markus Weißenfels / WAZ FotoPool

Hamminkeln. „Machen' se mal", sagt der Jäger und knallt einen kiloschweren Hirschkopf samt Geweih auf den Tisch. Und dann? „Ja, dann mach ich mal", sagt Dieter Klump (59), Tiertrophäenpräparator aus Hamminkeln.

Wie das aussieht? Erst wird dem Tierschädel das Fell abgezogen, dann wird er gehäutet, zurechtgesägt, eine Nacht lang in Wasser eingeweicht. Später wird er noch 90 Minuten lang gekocht, entfleischt, gewogen, geschliffen, mit Wasserstoffperoxid gebleicht, in der Sonne getrocknet und zum Schluss auf eine schmucke Holzplatte montiert.

Dieser arbeitsintensive Prozess, bei dem aus dem angelieferten Schädel eine Trophäe wird, kann bis zu zwei Tage dauern. Manchmal auch länger. Je nach Größe bis zu einer Woche.Dann kommt die Trophäe an die Wand. „Ein Jäger hängt sich halt auf, was er selber erlegt hat", sagt Klump. So will es die Tradition.

Dieter Klump, den alle nur „Ditz" nennen, machte mit 25 Jahren einen Jagdschein. Als sich auf dem väterlichen Hof der Generationenwechsel anbahnte, stand er vor der Frage: Landwirtschaft oder nicht? Klump entschied sich dagegen, er wollte sein Hobby zum Beruf machen. Er wollte Tiere präparieren. Das war 1984.

Wie er dazu kam? „Mit dem ersten geschossenen Bock hat's angefangen", blickt er zurück. Zunächst fragte er noch einen erfahrenen Jäger-Kollegen um Rat, doch schon beim zweiten Bock machte er Schädel und Geweih ganz ohne fremde Hilfe haltbar. „Es war ein Lernprozess. Ich habe immer wieder bei anderen Jägern nachgefragt, Fachliteratur gelesen und meine Technik optimiert." Klump ist gut im Geschäft. Sein Ruf eilt ihm voraus. Aufträge kommen aus ganz Deutschland.

Rund 200 Rehböcke werden in seiner Werkstatt jährlich zu Trophäen, außerdem verarbeitet er zahllose Hirsche, Füchse oder Wildschweine. Gekühlt kommen die Tierköpfe mit der Post. Wie viele waren es insgesamt? „Da hab' ich irgendwann aufgehört zu zählen", sagt Klump.

Köstliche Hirschzungen

Bei seiner Arbeit, erklärt der Präparator, gibt es zwei goldene Regeln. Erstens: „Das Tier muss, sobald es tot ist, gut gekühlt werden." Zuweilen komme es vor, dass seine Kunden dies versäumen. „Am Anfang machte das nicht so viel Spaß, wenn man 'nen verwesten Bock vor der Nase hatte", sagt Klump. „Aber mittlerweile hab' ich mich an die Gerüche gewöhnt." Auch bei einem toten Kanarienvogel, der schon eine Woche bei Zimmertemperatur auf dem Käfigboden gelegen hat, sei halt nichts mehr zu machen.

Das führt zu Regel Nummer zwei: „Das Tier darf noch nicht angegammelt sein." Dann kann nämlich auch der beste Präparator nichts mehr retten.

Mit seinem „Arbeitsmaterial" geht Klump sehr sorgsam um. Alles, was verwertet werden kann, wird auch verwertet. Und sei es als Futter für den Hund. Sein Dackel Ackermann freut sich regelmäßig über köstliche Hirschzungen. Was aber an tierischen Abfällen entsorgt werden muss, kommt in eine graue Mülltonne außerhalb der Werkstatt. „Da gucken wir jetzt lieber nicht rein", sagt Präparator Klump rücksichtsvoll. Er weiß, wie Besucher oft auf Anblick und Geruch reagieren.

Hin und wieder erreichen den Tierpräparator Anfragen von Haustierbesitzern, die ihre Lieblinge nach deren Ableben für die Ewigkeit konservieren möchten. In solchen Fällen verweist er an Kollegen, die sich auf so etwas spezialisiert haben. Er ist nun mal Experte für Geweihe.

Und wie wäre das mit seinem eigenen Hund, wenn er mal...? Würde er...? „Nein." Was für eine Frage. Warum sollte er auch? Der Dackel hat ja schließlich kein Geweih.

Tobias Appelt

Original