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Unter Schafen

Kurz bevor sie zu Tyrannen werden, so nennt es jedenfalls ihr Hüter, grasen Toni, Ole, der „kleine dicke Elefant“ und die anderen 697 Schafe friedsam vor sich hin. Namen haben die wenigsten, die meisten tragen nur eine Nummer auf dem Rücken. Sie sehen aus wie eine römische Schildkrötenformation aus Asterix und Obelix: ein weißer Pulk auf einer steppenartigen Wiese, der sich kaum bewegt, auch wenn die Hütehunde Sascha und Paul munter am Zaun auf und ab laufen. Schon am Vormittag knallt die Sonne. Jeder gerupfte Grashalm ist zu hören. Bis die Schildkrötenformation plötzlich auseinanderfliegt. Wild springen die Schafe durcheinander, wie Römer auf der Flucht vor den Galliern, den Hügeln hinunter. Sie stürmen auf die Wassertröge zu, die nun bereitstehen. Eines so gierig, dass es fast ins Wasser fällt, der Trog schaukelt bedrohlich. „Friedlich sind Schafe erst, wenn sie alles haben. Die sind wie Menschen“, sagt Jürgen Benner. Er ist ihr Hüter.

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