Tim Farin: Herr Engert, wir unterhalten uns für alles-ueber-interviews.de. Bei unserem Portal geht es darum, die Qualität von Interviews unter die Lupe zu nehmen und Tipps zu geben - nicht nur für Redaktionen, sondern auch Pressestellen und Unternehmenskommunikatoren. Sehen Sie hier Bedarf?
Marcus Engert: Ja, und ich finde es eine gute Sache. Wir haben gerade einen aktuellen Fall hier in Leipzig, der zeigt, dass mit Interviews vieles schiefläuft. Die Polizei interviewt sich nämlich selbst, vielleicht auch, weil es mit der Presse immer so unangenehm ist. Das Ergebnis fällt ganz furchtbar aus. Die Polizei blendet mit Standbildern Fragen ein, dann antwortet der Sprecher. Man sieht, dass der Sprecher die Sache selbst produziert. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Interviews nicht aufziehen sollte - aber auch dafür, wie der Marker „Interview" falsch eingesetzt wird und damit falsche Erwartungen weckt. Hier gibt es Verlautbarungen, keine Gespräche. Das ist aber ja leider häufig so.
„Wir sind nicht der typische Radiosender, der Leute in 1:30 Minuten durch ein Thema durchprügelt."
Hört man sich detektor.fm an, dann hat man den Eindruck: Interviews gehören zu Ihrer Kernkompetenz. Stehen sie besonders im Zentrum Ihrer Arbeit?
Ja. Interviews bilden in unserem Programm den Schwerpunkt - und wir entscheiden uns bewusst für diese Form. Bei vielen Themen könnten wir auch Beiträge bauen oder Texte vertonen, aber wir rufen lieber jemanden an. Deswegen müssen die Mitarbeiter, die das Interview vor- und nachbereiten, auch wissen, worauf es beim Gespräch ankommt.
Was macht Ihre Interviews aus?
Wir sind nicht der typische Radiosender, der Leute in 1:30 Minuten durch ein Thema durchprügelt. Wir haben mehr Zeit und hören zu. Natürlich haben wir ein Stilbuch, Leitlinien und vermitteln unseren Mitarbeitern das Einmaleins des Interviewens, aber vor allem diese Haltung zum Interview steht im Mittelpunkt.
Man muss nicht drumherum reden: Interviews lassen sich für uns verhältnismäßig günstig produzieren. Wir haben nicht das Geld, um zehn Reporter durch die Republik zu schicken. Aber es gibt noch andere Gründe. Wenn wir Themen vorbereiten, kommen wir sehr oft zu der Frage nach unserem Anspruch, der da lautet: Hintergründe zu Nachrichten zu liefern. Da erreichen wir schnell den Punkt, wo wir sagen: Wir brauchen einen echten Experten. Wir wollen Material produzieren, das auch in ein paar Monaten noch hörbar ist und nicht nur die Aktualität abbildet. Dann kommt man um Gespräche mit Experten kaum herum.
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