Als Hans-Peter Neeb sich im vergangenen Sommer zum ersten Mal in seinem Leben bei einer Sachbearbeiterin der Bundesagentur für Arbeit vorstellte, prallten zwei Welten aufeinander. Der Erfolgsmensch aus dem Marketingwesen saß vor einer Repräsentantin einer Bürokratie, die routiniert ist im Verarbeiten beruflicher Misserfolge. Neeb, heute 41 Jahre alt, wusste gar nicht so genau, was er hier sollte. Auf der Suche nach Arbeit war er, das ja, aber wie sollte ihm an dieser Stelle geholfen werden? Was er denn zuletzt gemacht habe, wollte die Dame vom Amt in Frankfurt von ihm wissen. Neeb habe „Geschäftsführer" geantwortet - und so landete das Wort in der Computerdatenbank. Eine Reihe Stellenanzeigen erschien auf dem Monitor. Doch wonach Neeb wirklich suchte, das stand nicht im elektronischen Register, das war nicht eine Vakanz, sondern Orientierung.
Arbeitslosigkeit ist nicht nur für Geringqualifizierte oder schlechtbezahlte Berufsgruppen ein brisantes Thema. Denn auch jene Menschen, die oft als „Elite" des Wirtschaftssystems bezeichnet werden, trifft es mitunter hart, wenn sie ihre berufliche Position verlieren. Nur spricht man selten offen darüber. Geschäftsführer, Manager, leitende Angestellte: In ihrer Welt gehört die Angst um den Arbeitsplatz nicht zur Konversation. Umso größer kann der Schock sein, wenn ein Rückschlag die Karriere unterbricht. „Es gibt Menschen, die in eine Starre verfallen, wenn sie nach Jahren in wichtiger Position plötzlich vor die Tür gesetzt werden", berichtet Frank Wartzek, Berater in der Managementvermittlung der Bundesagentur für Arbeit. Die Managementvermittlung unter dem Dach der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn soll den Führungskräften gezielt zurückhelfen ins Berufsleben.
Hans-Peter Neeb verfiel nach seiner Freistellung zwar nicht in eine Lähmung - sich zurechtfinden musste er aber schon, und das dauerte ein paar Monate. Ein Jahrzehnt lang hatte er als Geschäftsführer den Bereich Strategie und Data bei einer der führenden Dialogmarketingagenturen verantwortet. Er hatte eine Position mit Anerkennung, Reisen und den Aufmerksamkeiten eines Geschäftsführers im Unternehmen. „Darauf hatte ich in meiner Karriere hingearbeitet", erinnert sich Neeb. Doch als die oberste Führungsebene einen Sparkurs durchsetzte, wurde ihm bald bewusst, dass er selbst zur Disposition stehen könnte. „Ich habe mich gefragt, was ich an Stelle meines Chefs tun würde - und da war mir klar: Geschäftsführer ist eine Risikoposition und man kann sie einfach kündigen." Im April war es dann auch soweit. Am Abend der Verkündung machte Neeb einen ausgedehnten Spaziergang mit seiner Frau und sich bewusst, was er kann und was er sich zutraute.
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