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Wie Instagramer das Revier in neuem Licht aufleben lassen

Der Herner Hobbyfotograf Ruben Becker hat die Zeche Lohberg in Dinslaken bei abendlichem Sonnenlicht eingefangen. Foto: Ruben Becker


Die Liebe zum Ruhrgebiet eint viele Instagram-User aus dem Revier. Ihre Fotos lassen Zechen, Halden und alte Industriebrachen neu erblühen.



Essen. Mit der Raute-Taste konnte Ruben Becker früher nicht viel anfangen. Heute fallen ihm täglich neue Wörter ein, die er mit der Raute kombiniert: Bergbau, Ruhrpott oder Industriekultur sind nur einige davon. Diese Hashtags nutzt der 46-jährige Hobbyfotograf, um seine Bilder auf seinem Instagram-Account zu markieren. Durch die Verschlagwortung können andere Instagram-User seine Motive auffinden.

Die Suche mit Hashtags "Ruhrgebiet" oder "Ruhrpott" ergibt bei der Suche im Schnitt etwa 500.000 Ergebnisse - das ist ein relativ guter Mittelwert für eine Region wie das Ruhrgebiet. Regionen wie die die Pfalz oder der Harz erzielen durchschnittlich 300.000 Treffer, die bekannten Alpen dagegen etwa 900.000.


Ruben Becker fotografiert seit 2012 und nutzt die Plattform Instagram seit diesem Jahr. Zu seinen Lieblingsmotiven gehören Industrieanlagen, Zechen oder der Wasserturm in Mülheim an der Ruhr. Die Liebe fürs Ruhrgebiet teilt Ruben Becker mit vielen anderen Instagramern aus der Region. Mit ihren Bildern lassen viele von ihnen das Ruhrgebiet in einem neuen Licht förmlich wieder aufleben.


Das alte Ruhrgebiet am Leben erhalten

Besonders gerne fotografiert Ruben Becker alias @revierstrolch zur sogenannten blauen Stunde: In der kurzen Zeit zwischen Sonnenuntergang und Dunkelheit. „Der Himmel verfärbt sich dann blau bis fast schwarz. Das lässt die Anlagen in einem besonders stimmungsvollen Licht erscheinen“, schwärmt der 46-Jährige. Seine 20-jährige Nachbarin habe ihm Instagram gezeigt, sagt Ruben Becker. Er probierte es aus, habe schnell viele Follower gewonnen und nutzt die Plattform seitdem regelmäßig. Ruben Becker Instagram Zeche Auguste Victoria

Beckers Vater arbeitete als Bergmann auf der Zeche in Herne. „Er kam nach dem Krieg aus Berlin hierher“, erzählt Becker. Als er geboren wurde, hatte sein Vater bereits aufgehört, auf der Zeche zu arbeiten. Die Beklemmung und Bedrückung unter Tage seien auf Dauer nichts mehr für ihn gewesen, sagt der 46-Jährige. Vater Becker hätte ihm aber immer viele Geschichten erzählt.

Bis heute fühlt sich Ruben Becker durch und durch als Bergmannskind. So sehr, dass er überrascht war, als er einmal hörte, dass Österreicher mit der Bezeichnung „Kumpel“ nichts anfangen und sogar empfindlich reagieren könnten. „Für uns ist es doch ganz normal, dass Kumpel auch Freund bedeutet“, so der gebürtige Herner.


Region ist vielseitig und hat für Fotografen viel zu bieten

Die Region hat für Fotografen unendlich viel zu bieten und ist extrem vielseitig, sagt die Hobbyfotografin Ulrike Crone, die unter dem Namen @crownatic bei Instagram unterwegs ist. Alte Industriekultur, Städte und auch Naturlandschaften. Motive, die sich sozusagen genau vor der Haustür befinden. Ulrike Crones Großvater war schon Bergmann - die 46-Jährige bedauert, dass von der alten Pottkultur immer mehr verschwindet.

Für Janek Rekos alias @janek.rekos liegt es nahe, das zu fotografieren, was in der Nähe liegt. Der 21-Jährige lebt in Mülheim an der Ruhr und studiert in Bochum. „Die vielen schönen Orte des Ruhrgebietes zu fotografieren und zu zeigen ist mein Ziel. Für viele ist es immer noch untypisch wie grün das Ruhrgebiet – oder Naturgebiet doch ist“, sagt Rekos. 

"Kohle, Koks, Eisen und Stahl" hätten die Region zum größten Ballungsraum Europas gemacht, meint Christoph Porr alias @chris_hollywo0d. "Ohne diese Entwicklung wären hier wohl nur Dörfer und kleine Städte", sagt der 36-Jährige. Für ihn ist es daher umso wichtiger, das noch Vorhandene festzuhalten und die Geschichte lebendig zu halten.

Die „alten Kohlenpotts“ sind für Larissa Kühl alias @revierportrait besonders reizvoll. Sie fotografiert gerne die alten Industriegebiete - wo früher "das Leben pulsierte" und Menschen unter Tage ihr täglich Brot verdienten, und wo heute Naturlandschaften zurückgekehrt sind. So oft es ihr möglich ist, zieht Larissa Kühl mit Kamera bewaffnet auf „Fototour im Revier“. Die Begeisterung lässt bei der 27-Jährigen nicht nach: „Es gibt so viel zu entdecken, und die Zahl der Ziele auf meiner Liste wächst ständig.“


Instagram als Inspiration und zum Entdecken neuer Seiten


Auf ähnliche Weise entdeckt auch Christian Schwarz (@chrizschwarz) immer wieder Neues im Ruhrgebiet. Instagram sei da eine gute Quelle für Inspirationen - auch der in Lünen aufgewachsene Hobbyfotograf kennt nicht jeden Ort des Ruhrgebiets. Der Informatiker hat durch Instagram neue Orte und Sehenswürdigkeiten gefunden oder mit den Augen anderer Instagramer neu entdeckt.

Den hinteren Bereich mit dem Wasserbecken von der Jahrhunderthalle in Bochum, den Maximilianpark in Hamm während des Herbstleuchtens oder der geheime Ausblick auf das Ruhrtal - als sei es eine Alternative zu Reiseführern, so Schwarz.. „Instagram eignet sich hervorragend vielen Menschen zu zeigen, dass es hier sehr schön ist und es auch andere Farben außer Grau gibt“, sagt der 34-Jährige.

Die Duisburgerin unter dem Profil @martinaruhrpott wiederum zeigt, dass Duisburg nicht nur aus düsteren Bildern und industriell geprägten Landschaften besteht, sondern auch viel humoriges, kreatives, schönes und kurioses zu bieten hat. „Duisburg ist vielseitig und vielschichtig“, so die 43-Jährige, die ihren Namen lieber geheim halten möchte.

Sei es mit Kleber retuschierte Hausnummern-Schilder oder gewitzte Namen für Geschäfte - @martinaruhrpott meint, sie hat auch viele Follower, die aus dem Ruhrgebiet weggezogen sind und bei denen ihre Fotos Heimat-Erinnerungen wecken.


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