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Von Klostern und Affen: Der kuriose Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga

Die Heimstätte des abgestiegenen Bundesligisten SC Freiburg. Foto: SC Freiburg

Die einen fahren ins Kloster, die anderen laden Schornsteinfeger ins Stadion ein: Sechs Teams können am letzten Spieltag noch aus der Fußball-Bundesliga absteigen. Wie bekommen die Abstiegskandidaten den Kopf frei, wer setzt auf Glücksbringer und wer klopft die lautesten Sprüche?

Von Thomas Fritz

Sechs Mannschaften müssen um den Verbleib in der Bundesliga zittern. Hertha BSC Berlin (35 Punkte) könnte bis auf Relegationsplatz 16 zurückfallen, Freiburg (34), Hannover (34), Stuttgart (33), Hamburg (32) und Paderborn (31) droht am Samstag der direkte Abstieg. Die Methoden, um der Schmach zu entgehen, sind allerdings völlig unterschiedlich.

In der Kloster-Ruhe liegt die Kraft

Der Tabellen-15. Hannover 96 zieht sich zum Trainingslager in die Klosterpforte im ostwestfälischen Harsewinkel-Marienfeld zurück. Dort hofft Trainer Michael Frontzeck vor dem Abstiegsduell gegen den SC Freiburg auf viel Ruhe. Und womöglich etwas göttlichen Beistand. Bundesliga-Dino Hamburg reist vor der Partie gegen Schalke 04 nach Malente, ein kleiner Ort in Ostholstein. Ein gutes Omen: Die deutschen Weltmeisterteams von 1974 und 1990 bereiten sich in der Fußballschule vor. Aber es gibt in der Drei-Sterne-Herberge jeweils nur eine Toilette für zwei Apartments. Ob das zum Problem wird, wenn die Nervosität steigt?

Schlusslicht SC Paderborn verzichtet vorm Abstiegskrimi gegen den VfB Stuttgart dagegen auf ein Trainingslager. In Stuttgart und Berlin zeigt sich das gleiche Bild. "Was machen die Spieler, wenn du sie drei Tage einbetonierst? Das haben wir 2010 schon gehabt und sind abgestiegen", sagt Berlins Trainer Pal Dardai vorm Duell gegen Hoffenheim. Vielleicht hat er auch aus der jüngsten Vergangenheit gelernt: Vor zwei Wochen unternahm Dardai mit seinen Jungs eine Kaffeefahrt nach Berlin-Grunewald. Ohne Erfolg: Dortmund siegte 2:0.

Mit Affentanz gegen den Abstieg

Deftige Sprüche sind im Abstiegskampf, wenn die Nerven blank liegen, an der Tagesordnung. Dieter Schatzschneider, Spielerbeobachter von Hannover 96, ist immer noch stinksauer, dass Meister Bayern München letzte Woche beim 1:2 gegen die abstiegsbedrohten Freiburger eine lustlose Vorstellung bot. "Bayern ist eine Piss-Mannschaft!", sagte der 57-Jährige. Und: "Pep Guardiola würde ich sofort nach Hause schicken." Der Vorwurf: Wettbewerbsverzerrung. SC-Trainer Christian Streich freute sich dagegen über den unerwarteten Sieg. Und er warnt seine Profis vorm Endspiel in Hannover: "Jetzt dürfen wir nicht anfangen zu spinnen und zu fliegen." Stuttgarts Trainer Huub Stevens orientierte dich dagegen rhetorisch in der Tierwelt. "Ihr seid Affen, das seid ihr", soll er zuletzt in Richtung seiner Mannschaft geschrien haben. Die bedankte sich für die Motivationsspritze mit dem 2:1 gegen Hamburg - und einem "Affentanz". Nun geht es gegen Paderborn. Zu welchem Tiervergleich wird der Niederländer jetzt wohl greifen?
Schornsteinfeger feuern an

Der SC Paderborn will den rettenden Relegationsplatz mit Unterstützung aller Schornsteinfeger aus der Region erreichen. "Bei so vielen Glücksbringern kann eigentlich nichts mehr schief gehen", teilte der Club nach der Einladung mit. Nur: Schornsteinfeger können auch keine Tore schießen. In Hamburg hat wiederum die legendäre Bundesliga-Uhr, die den Verbleib in der höchsten Spielklasse seit 1963 dokumentiert, immer Glück gebracht. Im Falle des Abstiegs soll sie "eingeschläfert", also in den Energiesparmodus gesetzt werden. Aber ist das Unheil nicht vorprogrammiert, wenn man sich vorab mit so etwas beschäftigt?

Guter Geist oder Abstiegsgespenst?

Uhr hin oder her: Geht man von der Masse der Fans aus, hat der HSV trotzdem gute Chancen auf den Klassenerhalt. Die Imtech Arena ist vor dem Duell gegen Schalke mit 57.000 Anhängern ausverkauft. Einige Hundert von ihnen ließen sich im Trainingslager in Malente blicken, ein Fan verkleidete sich gar als Gespenst (siehe Bild oben). Ob das der gute Geist von Malente oder das böse Abstiegsgespenst war, wird sich am Samstag zeigen. Doch eines ist jetzt schon sicher: Glücklich ist keiner der sechs Abstiegskandidaten über die bedrohliche Lage. Auf den Punkt brachte es Hannover-Präsident Martin Kind. "Ich weiß nur, es war eine Scheißsaison", schimpfte der Boss der Niedersachsen. Auf die Idee von Thomas Oral, neuer Coach beim Zweitligisten FSV Frankfurt, kam Kind jedoch nicht: Oral ließ seine Spieler kürzlich durch eine laufende Waschanlage joggen - damit sie den Kopf im Abstiegskampf frei bekommen.

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