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Sanktionen gegen Russland: Der Preis der Sanktionen

Die ZEIT

Zumindest um große Worte sind die Regierungen in Berlin, Washington und London nicht verlegen. Ein russischer Angriff auf die hätte "einen hohen Preis", versicherte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. US-Präsident Joe Biden drohte dem russischen Staatschef Wladimir Putin, er werde für eine Aggression "einen hohen Preis zahlen". Und Liz Truss, Außenministerin von Großbritannien, sagte, der Kreml wisse, dass ein Überfall auf die Ukraine "hohe Kosten" zur Folge hätte.

Es droht Krieg in Europa. Doch einen militärischen Konflikt mit Russland wollen weder die USA noch die EU eingehen für die Ukraine. Und so lautet die drängendste Frage westlicher Regierungen: Welche Wirtschaftssanktionen würden hart genug treffen, um es von einem Einmarsch abzuhalten?

Tatsächlich hat Russlands Präsident schon sehr viel investiert: Mehr als 100.000 Soldaten hat er an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Mindestens 60 Bataillone stehen dort, wie westliche Sicherheitsexperten berichten. Täglich erreichen mehr Geschütze die Region. Jeden Moment könnten russische Panzer über die Grenze rollen.

Allein, wie hoch die wirtschaftlichen Kosten sind, die der Westen Russland in diesem Fall auferlegen würde, ist nicht klar. Dahinter stecke Kalkül, sagen westliche Regierungsvertreter, Wladimir Putin solle sich nicht ausrechnen können, wie teuer ein Einmarsch wäre. Aber dahinter verbirgt sich auch Uneinigkeit über die Kosten, die der Westen selbst bereit ist, auf sich zu nehmen.

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"Sanktionen treffen immer auch das Land, das sie erlässt", sagt Brian O'Toole, der viele Jahre bei der US-Sanktionsbehörde Ofac tätig war. Das gilt in diesem Fall insbesondere für Deutschland, das sich in den vergangenen Jahren energiepolitisch immer enger an Russland gebunden hat. O'Toole sagt: "Die Frage lautet: Welchen Preis ist man selbst bereit zu zahlen, wenn man hart gegen Russland vorgeht?"

Nichts symbolisiert dieses deutsche Dilemma so sehr wie die Ostseepipeline Nord Stream 2. Eigentlich sollte sie demnächst Gas aus Russland nach Lubmin bei Greifswald transportieren. Doch nun steigt der Druck auf Deutschland, sie nicht in Betrieb zu nehmen. Der Chef der ukrainischen Erdgasgesellschaft Naftogaz, Juri Witrenko, beschreibt sie im Gespräch mit der ZEIT als "ein Instrument, das es Putin erlaubt, in die Ukraine einzumarschieren", weil dadurch Gaslieferungen um ein mögliches Kriegsgebiet umgeleitet werden könnten. Er ist mit dieser Haltung nicht allein, auch EU-Mitglieder in Osteuropa sind gegen das Projekt. Die 1230 Kilometer lange Röhre von Bolschoje Kusjomkino nach Norddeutschland spaltet den Westen. Wladimir Putin habe die westlichen Verbündeten mit ihr in ein "strategisches Dilemma" gebracht, sagt ein Diplomat eines EU-Mitgliedslandes. "Dabei braucht es jetzt vor allem eines: Geschlossenheit gegen Putin."

Insbesondere osteuropäische EU-Staaten fordern härtere Maßnahmen als Deutschland, berichtet der Diplomat. Es gehe nicht nur um Nord Stream 2. Uneinigkeit gebe es auch darüber, ob Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden sollte. Damit würde der Zahlungsverkehr zwischen russischen Banken und dem Rest der Welt erschwert, was auch Folgen für Unternehmen hätte, die mit Russland Handel treiben. Vor allem osteuropäische EU-Mitglieder zeigen sich mitunter frustriert über die zögerliche Haltung Deutschlands. Von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hört man in diesem Zusammenhang, dass "alles auf dem Tisch" liege, was aber auch zu nichts verpflichtet.

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