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Einmal Pasta für die Erdbebenopfer, bitte!

Antonio Sotgiu serviert im "Zafferano" die "Pasta all’ Amatriciana", deren Erlös Erdbebenopfern zugutekommt. Foto: Phillip Rothe

Spaghetti, sonnengereifte Tomaten, Pecorinokäse. Das ist Mittelitalien. Seit dem verheerenden Erdbeben in Amatrice verbindet man mit dieser herrlichen Gegend alles andere als Dolce Vita. Der Ort in der Apennin-Gebirgsregion hat die meisten der insgesamt 292 Toten zu beklagen. In glücklicheren Zeiten war Amatrice Namensgeber für das Rezept der Pasta all' Amatriciana, einer pikanten Tomatensoße mit Speck. Vergangene Woche startete deshalb Carlo Petrini, Präsident des Netzwerks "Slow Food", einen Aufruf zur Solidarität mit den Opfern. Restaurantbetreiber auf der ganzen Welt sollen mindestens ein Jahr lang das Gericht in ihre Speisekarte aufnehmen. "Mit der Initiative ,Eine Zukunft für Amatrice' appellieren wir auch an die Kunden, das Gericht auszuwählen", so Petrini. Zwei Euro pro serviertem Teller gehen direkt an die Gemeinde: Gäste und Restaurants spenden je die Hälfte.

"Ich war sofort überzeugt von der Idee, mit Pasta den Wiederaufbau zu unterstützen", sagt Antonio Sotgiu am Tresen der Osteria Zafferano in der Poststraße. Das Restaurant im Stadtteil Bergheim ist eines der ersten bundesweit, die an der Aktion teilnehmen. Bisher haben sich rund 500 Inhaber verbindlich angemeldet, darunter erst fünf in Deutschland. Auf der Übersichtskarte im Internet kommen täglich neue dazu. Initiator Petrini will mit seiner Aktion eine längerfristige Wirkung schaffen, die über die erste emotionale Anteilnahme hinausgeht. Die Idee ist vielversprechend, allein in der Heidelberger Küche von Antonio Sotgiu und Frank Käseberg werden monatlich rund 80 Teller der Pasta all' Amatriciana verkauft. Die Solidarität, erklärt Sotgiu, komme allein durch die Art des Essens: "Das ist bei uns eine große Sache. Da sind normalerweise nie weniger als acht Personen an einem Tisch."

Käseberg und Sotgiu sind seit zwölf Jahren ein Team. Der gebürtige Sarde Sotgiu kam mit 30 Jahren der Liebe wegen nach Deutschland und lernte von Chefkoch Käseberg das Handwerk - in einem französischen Restaurant: "Es war verrückt, ich bin Italiener und habe in Deutschland mit der französischen Cuisine das Kochen gelernt", erinnert sich der 38-Jährige lachend. Für ihn ist der Beruf aber weit mehr als Routine: "Jedes Gericht ist ein kreatives Werk." Das gilt seiner Meinung nach nicht nur für die eigenen Kreationen wie die Ricotta Ravioli mit Safran-Salbei-Butter, sondern auch für traditionelle Rezepte. "Wenn ich die ‚Amatriciana' perfekt machen will, geht es nicht ohne Kreativität." Genauso wichtig wie die Kunstfertigkeit in der Küche sind für eine authentische Pasta die Zutaten, sagt Sotgiu. "Unsere ‚Amatriciana' ist die echte. Wir verwenden nicht einfach Speck, sondern Streifen von der Schweinebacke, wie im Original." Alle Zutaten werden direkt aus Sardinien importiert - die Heidelberger können also eine Inselversion der "Erdbeben-Pasta" probieren. Die Auswahl der Zutaten liegt dem Patrioten sehr am Herz: "Ich weiß, dass diese Tomaten die Sonne in Sardinien in sich haben."

Die Restaurantbetreiber müssen das Gericht aus der nun verwüsteten Region Amatrice nicht erst in ihr Menü aufnehmen. Der Klassiker sei immer eines seiner Lieblingsrezepte gewesen, sagt Sotgiu. Nun kann er Amatrice wenigstens etwas zurückgeben.


Info: Alle teilnehmenden Restaurants sind gelistet unter www.slowfood.it/un-futuro-amatrice-locali-aderenti.

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