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Die Firma

Von Tasnim Rödder

E s ist neun Uhr morgens, als Irina Maria Mundt das Jobcenter in Berlin-Charlottenburg betritt. Sie trägt einen knielangen weißen Mantel, dazu eine cremefarbene Baskenmütze und einen passenden Schal. Mundt ist Mutter zweier Kinder, ausgebildete Diplom-Wirtschaftsübersetzerin, Yogalehrerin und Coach. Sie hat ihr Leben lang in verschiedenen Berufen gearbeitet, spricht vier Sprachen und war mehrere Monate beruflich im Ausland tätig. Heute sitzt sie in einem kahlen Raum im Jobcenter.

„Guten Morgen Frau Mundt, wollen Sie mir erzählen, wo Sie sich in letzter Zeit noch beworben haben?", fragt die Vermittlerin. Mundt wurde der sogenannten Integrationsgruppe zugeteilt, in der nur Erwerbslose sind, die als „schwer vermittelbar" gelten. Sie erfährt deshalb eine besonders intensive Betreuung. Mundt streicht ihren Schal glatt und richtet sich auf, ihr Kinn energisch nachgeschoben. Die Bewerbung als Kassiererin im Bioladen blieb bisher ohne Rückmeldung, ansonsten hat es bis jetzt nur Absagen gegeben. Sie fühle sich unter ihrem Wert behandelt, sagt sie später im Gespräch in einem Café. „Bevor ich meine jetzige Vermittlerin bekommen habe, betreute mich eine andere. Doch die schaute mir beim Reden nicht einmal ins Gesicht", sagt sie und blickt auf ihre Hände. Sie weiß nicht mehr, was sie noch dazu sagen soll.

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