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„Es geht uns um unsere Arbeitsplätze"

„Unser Arbeitsplatz steht auf dem Spiel!" , „Es geht uns nicht darum, dass wir mehr Geld haben wollen, aber wir wollen nicht zu Billiglöhnern werden!" - Hunderte Post-Mitarbeiter aus Mecklenburg-Vorpommern zogen gestern nach einer Kundgebung vor der Staatskanzlei durch Schwerin. In gelber Post-Dienstkleidung sowie Warnwesten und Plakaten waren die Streikenden auf ihrem Weg durch die Stadt nicht zu übersehen.

Damit hat die Gewerkschaft Verdi gestern eine Reihe von Protesten im Norden begonnen. Die Beschäftigten wehren sich nach Angaben der Gewerkschaft gegen eine Spaltung der Belegschaft, indem die Post AG Gesellschaften ausgründet und deren Mitarbeiter geringer bezahlt. „Das ganze Unternehmen wird so doch zerschlagen!", sagte eine Post-Mitarbeiterin. „Es geht uns um unsere Arbeitsplätze. Das geht einfach nicht, dass sie ausgegliedert werden sollen", ärgerte sich ein weiterer Streikender.

Verdi zufolge beteiligten sich an der Demonstration in Schwerin 400 bis 500 Postmitarbeiter. Insgesamt befanden sich bundesweit nach Angaben der Post 22 800 Beschäftigte im Dauerstreik. Weitere Kundgebungen sind heute in Kiel und am morgen in Hamburg geplant. Die Gewerkschaft erklärte, bei der Post bewege sich kaum noch etwas. Mitteilungen, dass rund 80 Prozent der Sendungen noch befördert würden, womit seitens der Post gerechnet wurde, seien falsch.

Gestern hatte die Gewerkschaft zusätzliche Postbeschäftigte in den Ausstand gerufen, bestreikt wurden dabei auch sechs Paketverteilzentren. Die Tarifpartner forderten am Mittwoch den jeweils anderen auf, den ersten Schritt zu tun und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Es herrsche „totale Funkstille", sagte ein Verdi-Sprecher und kündigte eine weitere Ausweitung von Streikaktionen an. Die Post forderte die Gewerkschaft auf, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Das Unternehmen sei jederzeit zu Verhandlungen bereit. Verdi habe die Gespräche abgebrochen, der Ball liege in ihrem Feld, betonte ein Postsprecher.Die stellvertretende Verdi-Chefin Andrea Kocsis rief ihrerseits das Unternehmen erneut dazu auf, einen tragfähigen Kompromiss zur Lösung des Tarifkonflikts zu entwickeln. Verdi habe sich kompromissbereit gezeigt, das erwarte man auch von der Deutschen Post.

Gewerkschaftssekretär Lars-Uwe Rieck sagte, Verdi erwarte vom Bund als Hauptaktionär, dass er auf den Vorstand der Post AG zugehe und ihn „wieder auf die Spur" bringe. Das sei keine Einmischung in den Tarifkonflikt. Die Post habe sich an Regeln zu halten. Sie sei von der jahrelangen Devise „Wenn es den Beschäftigten gut geht, geht es auch dem Unternehmen gut" abgerückt. Derzeit werde Mitarbeitern gedroht, dass sie keine Anschlussverträge erhielten, wenn sie weiter streikten. Ute Evers von Verdi sagte, auf Kosten der Mitarbeiter sollten die Gewinne der Post nicht erhöht werden.

Für Aufregung sorgte zudem eine Anti-Streikkampagne der Deutschen Post. Dabei bewirbt das Unternehmen den E-Postbrief mit Sätzen wie „Das Gegenteil von Streik" oder „Streikt nie: Ihr digitaler Postempfang".

 

Von Peter Lessmann/ Birgit; Sander/Tara Gottmann | 17.06.2015, 21:00 Uhr

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