21 subscriptions and 2 subscribers
Article

Friseure: „Schon lange auf Mindestlohn gehofft" | svz.de

Friseure in Sternberg und Warin begrüßen die seit November gesetzlich vorgeschriebene Bezahlung ihres Berufes

„Ich habe schon lange darauf gehofft, dass man endlich einen Mindestlohn festlegt", sagt Friseurmeisterin Gabriele Einicke vom Beauty Center Einicke in Sternberg. „Das Berufsbild ist so vielfältig, ein Friseur muss ja viel mehr machen als nur schneiden, föhnen oder Dauerwelle, sondern muss zum Beispiel auch Haarverlängerungen können sowie pflegende Kosmetik oder Maniküre beherrschen. Wenn ich jemanden einstelle, dann ist er die 8,50 Euro auch wert, weil er das alles beherrscht", führt sie weiter aus.

Seit dem 1. November vergangenen Jahres gilt für alle Friseursalons ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestlohn. 6,50 Euro Stundenlohn sind es seitdem in den neuen Bundesländern, im Westen 7,50 Euro. Ab dem 1. August diesen Jahres wird er angehoben auf 7,50 Euro, beziehungsweise 8 Euro. Ein Jahr später ist eine Erhöhung auf flächendeckende 8,50 Euro vorgesehen. Ausgehandelt wurde dies vom Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks und der Gewerkschaft Ver.di, nachdem sich die SPD in den Koalitionsverhandlungen mit ihrer Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn durchsetzen konnte. Die Einführung eines Mindestlohns bringe viele Veränderungen mit sich, ist aus den Reihen der Friseure zu hören. In Sternberg und Warin wird er allerdings befürwortet.

Friseurmeisterin Einicke hat in der Vergangenheit „sehr, sehr viele" Lehrlinge ausgebildet. „Inzwischen bewerben sich nur noch wenige für diesen Beruf, weil die finanzielle Seite ihn so unattraktiv macht." Trotzdem steht sie voll hinter diesem Handwerk: „Ich finde, das ist der schönste Beruf der Welt, weil man jeden Menschen total herrichten kann, wenn man hineinwächst. Also ich könnte mir keinen anderen Beruf vorstellen. Man sollte jedoch nur Friseur werden, wenn man mit Leib und Seele dabei ist."

Einicke, die seit September 1995 Angela Patzlaff angestellt und zuvor ausgebildet hat, verdeutlicht zusätzlich, dass ein Friseur verantwortlich für sein Tun ist. Deshalb müsse man das Berufsbild direkt nach der Beendigung der Ausbildung zwingend komplett beherrschen: „Das Problem beim Friseur ist ja, wenn etwas nicht klappt, dann ist das so. Wenn die Haare ab sind, dann sind sie ab. Ein Maurer könnte seine Steine neu aufeinander bauen." Daher sei es notwendig, dass auch Friseure angemessen entlohnt werden. „Man muss sich ja wohl und gut aufgehoben fühlen", findet Einicke, „gemeinsam mit dem Kunden kann ein Friseur das Ideale finden, wobei eine Beraterfunktion übernommen wird. Ich wünsche mir, dass der Friseurberuf endlich anerkannt wird und auch durch den Lohn eine Wertschätzung erhält. Die Fort- und Weiterbildungen werden einem ja auch nicht geschenkt. Und ich kann mich nicht erinnern, jemals vor Feiertagen Urlaub gehabt zu haben."

Die Lohnerhöhung werde sich in den Preisen widerspiegeln, vermutet sie, wobei die Friseurin an das Verständnis der Kunden appelliert.

Nicht nur Einicke sieht das so. Auch Petra Voigt, Inhaberin der Frisurenboutique in Sternberg, spricht sich für eine gerechtere Bezahlung aus: „Ich sehe den Mindestlohn positiv. Es sollte jeder Angestellte auch für seine Arbeit belohnt werden. Ich praktiziere das auch so." Die Selbstständige beschäftigt eine Angestellte sowie eine Hilfskraft. Selbst ausbilden tut sie nicht mehr, was jedoch nichts mit der Einführung des Mindestlohns zu tun habe: „Wir sind in Sternberg schon genug Friseure. Wenn ich jemanden ausbilde, kann ich ihn anschließend nicht übernehmen." Für junge Friseure sehe sie trotzdem eine Zukunft.

Katrin Breiler aus Warin befürwortet die gesetzliche Neuerung ebenfalls, auch wenn einiges in Bewegung gerät: „Der Mindestlohn ist gut. Die Preise müssen sich dementsprechend ändern, aber anders geht es gar nicht. Die Kunden müssen sich daran gewöhnen. Es wird sich herauskristallisieren, dass jeder Friseur in einer Kleinstadt nur noch einen Friseur hat. Also wenn der Meister mitarbeitet noch ein Angestellter. Es wird sich noch einiges ändern, aber anders ist das nicht zu finanzieren. Azubis auszubilden wird viel zu teuer, eine Stütze vom Staat müsste schon kommen. Ich habe das zum Glück überstanden, bin ja fast in Rente. Aber für die jungen Kollegen wird es nicht einfach. Ich denke, die werden es trotzdem schaffen."

von Tara Gottmann 22. Januar 2014, 00:00 Uhr

Original