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Behelfsbrücke der Bundeswehr vereint Rech

Der Biber-Panzer ist beim Bau der Behelfsbrücke in Rech im Einsatz. Foto: Sven Westbrock

Acht Häuser hat das Wasser umgerissen, neun sind einsturzgefährdet. Überall sind in Schlamm getränkte Trümmer zu sehen. Die Flut hat in der vergangenen Woche große Teile von Rech zerstört - und geteilt. Seit der Katastrophe, bei der im Kreis Ahrweiler mehr als 120 Menschen gestorben sind, darunter eine Feuerwehrfrau, gibt es in Rech keine Verbindung über die Ahr mehr. Die Nepomukbrücke ist zerstört. So mussten die Menschen für die Querung des Flusses in den vergangenen Tagen auf Boote zurückgreifen.

Dank dem Biber ist der Ort nun wieder vereint. Pioniere der Bundeswehr haben am Dienstag mit dem Brückenlegepanzer verlegt, was die Bezeichnung schon verrät: eine Brücke über die Ahr. Fahrzeuge können diese nun überqueren.

Um sich ein Bild vom Einsatz der Soldaten zu machen, ist mit Generalleutnant Martin Schelleis einer der höchsten Offiziere der Bundeswehr an das völlig verwüstete nördliche Ufer der Ahr gekommen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis spricht von einer schrecklichen Katastrophe. Knapp 1000 Soldaten seien im nördlichen Rheinland-Pfalz im Einsatz. Hilfe leiste die Bundeswehr etwa mit Hubschraubern und Räumpanzern.

Der Einsatz des Brückenlegepanzers ist sonst im militärischen Bereich vorgesehen, damit andere Panzer ein Gewässer überqueren können. Nun sollen in Rech aber nicht Panzer, sondern Autos über die Ahr fahren können. Dafür ist die Brücke tiefer in den Untergrund gelegt worden, sonst kämen die Autos wohl nicht auf sie drauf. Da die Brücke nur etwa 20 Meter lang und damit etwas schmaler als die Ahr ist, musste das Flussufer außerdem mit Hilfe eines Panzers und Baggern vorbereitet und etwas verlängert werden.

Der Kompaniechef der Pioniere, Hauptmann Lukas Schöps, berichtet, dass der jetzige Einsatz noch nie geübt worden sei. So sei alles etwas improvisiert, seine Soldaten aber gut ausgebildet. Sie „kriegen das hin", ist Schöps überzeugt. Unterstützung bekomme die Bundeswehr vom Technischen Hilfswerk (THW) und zivilen Baufirmen. „Die Zusammenarbeit an der Baustelle klappt hervorragend", sagt Schöps.

Einige Meter von den Soldaten entfernt steht Ortsbürgermeister Dominik Gieler zwischen Trümmern. Im Hauptberuf ist er Polizist. Das grüne T-Shirt, das er trägt, macht ihn als solchen erkennbar. Er berichtet von Koordinierungsschwierigkeiten bei der Zusammenarbeit von Bundeswehr, THW, Feuerwehr und zivilen Helfern. „Das läuft überhaupt nicht", sagt er. Die Lage in Rech sei noch immer chaotisch, Selbstorganisation sei notwendig, macht der Ortsbürgermeister deutlich. Dringend benötigt werden Gieler zufolge Feldküchen für warmes Essen sowie Strom und eine „anständige" Wasserversorgung. „Wir haben immer noch keine Duschen", erzählt Gieler. Auf der nördlichen Seite von Rech werde Wasser in Containern angeliefert, auf der Südseite des Dorfs mit dem Hubschrauber oder mit „großem Gerät über aufwendige Wege durch den Wald". Von den knapp 600 Einwohnern Rechs, schätzt er, sind nur noch 100 bis 150 auf der Südseite und etwa 100 auf der Nordseite des Flusses verblieben. Etliche hätten das Dorf verlassen. Man wisse nicht, was in dem Tal passiere, wenn nach den sommerlichen Tagen das Wetter umschlage, „ob dann Abwasser von oben kommt".

„Super Hilfe" erhielten die Menschen von Seelsorgern aus ganz Deutschland. Es kämen auch viele Helfer und packten beim Aufräumen und Entschlammen an. Einige Traktorfahrer aus Wiesbaden etwa seien am Sonntag sechs Stunden lang gefahren, um nach Rech zu kommen, hätten die ganze Nacht gearbeitet und seien dann wieder nach Hause gefahren. 

Was den Aufbau von Behelfsbrücken angeht, so begann bereits am Montag an der Landgrafenstraße in Bad Neuenahr ein Einsatz des Technischen Hilfswerks. Zunächst hätten die Männer und Frauen des THW das Gebiet vorbereitet, indem sie die Stelle an der Ahr freiräumten, an der die Behelfsbrücke entstehen soll. Diese errichteten die Einsatzkräfte als Ersatz für eine Brücke, welche zuvor von den Fluten zerstört wurde. Weitere Erkundungen führten THW-Kräfte aktuell im Hochwassergebiet durch. Die Experten prüften dabei, welche zerstörten Brücken durch Behelfskonstruktionen ersetzt werden können, um eine Verbindung der Bevölkerung zur Außenwelt sowie für Hilfskräfte her- und sicherzustellen, berichtet das THW.

Beim Brückenbau stünden den Helfern unterschiedliche Typen zur Verfügung, um flexibel auf die jeweilige Situation zu reagieren. Man sei beispielsweise in der Lage, Eisenbahnbehelfsbrücken mit einer Spannweite von 120 Metern zu errichten.

Weiterhin seien rund 3000 Mitglieder des THW damit beschäftigt, Trinkwasser aufzubereiten, Wasser abzupumpen, Stromversorgung sicherzustellen und Verkehrswege freizuräumen.

Sven Westbrok

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