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Die Schmugglerinnen von Melilla

Rund 30 000 Frauen schleppen riesige Lastensäcke von Melilla nach Nordmarokko. Ohne ihr Schmuggelgeschäft könnten die zwei vergessenen Grenzregionen kaum überleben.


Die Grenze ist eine Welt für sich, ein kleiner, wimmelnder Kosmos. Es ist Fatimas Welt. Hier verbrachte die 33-Jährige fast ihr halbes Leben, hier bekam sie ihren ersten Sohn, hier schläft sie nachts zusammen mit Tausenden von anderen Frauen. Die wenigsten kennt sie.

Abends gegen sechs kommt Fatima aus der nordmarokkanischen Stadt Nador zum Grenzübergang, der die spanische Exklave Melilla mit Marokko verbindet. Vier Tage die Woche von Montag bis Donnerstag. Sie reiht sich in die Schlange ein und wartet zwölf Stunden, denn "wer zu spät kommt, macht auch keine Tour, dafür gibt es hier zu viel Konkurrenz", erklärt sie. Deshalb verbringt Fatima die Nacht auf der Strasse. So wie rund 30 000 andere Schmugglerinnen jeden Tag. Niemand an der Grenze hört gerne das Wort Schmuggel, nicht die Grenzbeamten, nicht die Händler und am wenigsten die Schmugglerinnen selbst. Sie nennen sich schlicht "Porteadoras", mit dem spanischen Begriff für "Trägerinnen".

Fatima kennt das Geschäft wie kaum eine andere. Seit fünfzehn Jahren arbeitet sie schon als Trägerin. "Das machst du nur, wenn du keine Wahl hast", sagt sie. Fatima hat keine Wahl. Sie muss ihre Familie ernähren. Einen anderen Beruf hat sie nie gelernt, sie ist mit dem Grenzhandel gross geworden.


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