Starköche kaufen hier ein, aber auch alle anderen, die Wert auf besonderes Essen legen. Ein Rundgang über den Karl-August-Platz.
Zweimal in der Woche wird es bunt auf dem Karl-August-Platz im Herzen von Charlottenburg. Um die hoch in den Himmel ragende Trinitatis Kirche entsteht einer der schönsten Wochenmärkte Berlins. Ein Dorado für Koch- und Genussfreunde. Und ein Ziel für Berliner Spitzenköche und TV-Stars. Einst dominierten hier die Obst-, Gemüse- und Blumenhändler, mit Waren meist vom Großmarkt.
Heute sind viele regionale Erzeuger, oft mit Bioprodukten, aus dem Umland dazugekommen. Und Händler mit Nischenprodukten, wie vor Ort gepresstes Leinöl. "Bei den Bewerbungen werden Händler bevorzugt, die spezielle Produkte verkaufen", sagt Marktverwalter Joachim Pletz, "wir möchten den Kunden eine möglichst große Angebotsvielfalt bieten."
Rund 100 Händler bieten von Gemüse über Obst, Fleisch, Fisch, Geflügel, Brot, Käse, Blumen, Säfte, Gewürze, Wein und vieles mehr an, was man zum täglichen Leben und Kochen braucht. Bei Claudia Jessen, Obsthändlerin aus Werder, kann man sich im Laufe des Jahres durch 100 Apfelsorten beißen. Darunter alte Sorten mit klingenden Namen wie Berlepsch, Hasenkopf, Ingrid-Marie und Topas. "Die Sorten werden auch von Allergikern gerne probiert."
Handgeschöpfte Burrata aus einer Meierei in BrandenburgUnd auch das Käseangebot sucht seinesgleichen in Berlin. Oft in Bioqualität und aus Meiereien, in denen noch auf Handarbeit Wert gelegt wird. Wie beim Stand von Martin Eickhoff Le Cantou. Der studierte Politologe mit französischen Wurzeln hat seinen Job an den Nagel gehängt, um seiner Leidenschaft nachzugehen: Essen und guter Käse.
Sein Angebot reicht vom Deichkäse aus Husum bis zum Fourme d'Ambert, einem Edelschimmelkäse aus der Auvergne, der auch oft in Berliner Spitzenrestaurants angeboten wird. Schmeckt auch wunderbar mit heißen Kirschen als Dessert. Der Käsestand Natursprung verkauft Spezialitäten wie handgeschöpfte Burrata, produziert von einer Meierei in Brandenburg, der cremigen Verwandten des Mozzarella und erdig schmeckender Tallegio aus der Lombardei.
Klassisch zur Burrata sind Tomaten. Benedicta von Branca, die Tomatenfrau, bietet mehr als 200 Sorten über die Saison verteilt in Demeterqualität an. Von rot, gelb, grün bis gestreift. Klingt viel, doch Langschläfer haben oft das Nachsehen. Mittags ist ihr Stand häufig schon leer gefegt. Mit Glück bekommt man noch Molly, Elise und Olivia, kleine Kartoffeln, bunt zusammengewürfelt in einer Pappschale.
Honiggläser von einem WanderimkerAber es geht auch richtig schön scharf: "Freunde von mir in New Mexico handeln mit biologischem Saatgut. Durch sie habe ich Shishito, die japanische Version der grünen Piementos kennengelernt", erzählt von Branca. An ihrem Stand gibt es auch Honiggläser. Die stammen von einem Wanderimker, der mit seinem Bienenvolk mit Beginn der ersten Blüte übers Land zieht. Überhaupt Blumen: Man ist von den Farben und Formen auf dem Karl-August-Markt im Blütenrausch.
Sogar Krönungen finden auf dem Markt statt. Christine Bergmann wurde von ihren Kunden zur Pilzkönigin ernannt. Die Heilpraktikerin jobbte einst auf dem Markt und blieb. Heute bietet sie mehr als 20 Kulturpilze aus Biozucht und Waldpilze aus Importen an. Auch Fans frischer Trüffel werden bei ihr fündig. Gewöhnlichere Knollen bietet Björn Heinrich: Kartoffeln. "Für Kartoffelstampf nehmen Sie am besten die Berber. Die hat weniger Stärke und ist toll cremig", empfiehlt er einem Kunden. "Die feste Anabelle ist ideal für knusprige Bratkartoffeln und Salate." Wer noch eine Anregung für den Nachmittagskaffee sucht, schaut bei der Biobäckerei Brotgarten vorbei.
Hier lockt ein Gugelhupf, verfeinert mit Crème Fraiche. Wer es ganz zart mag, probiert Ariells Macarons. Zerbrechliches Baisergebäck aus Mandeln, Eiweiß und Puderzucker. Die vielen Köstlichkeiten auf dem Markt machen hungrig. Zeit für die neue Streetfood-Piazza an Pestalozzi- und Weimarer Straße.
Die Crêpes hauchdünn und herzhaftVor einem unscheinbaren Transporter hat sich eine längere Schlange gebildet. Alle warten auf die bretonischen Galettes von Bubar. Seine Crêpes hauchdünn und herzhaft aus Buchweizenmehl oder süß aus Dinkel. Das Besondere: Bubar bestreicht seine Galettes mit salziger Butter - sogar die Süßen.
Wer es deftiger mag, geht nur ein paar Schritte weiter zum Charlotten-Burger. Das Hack stammt vom Weiderind. Koch Oliver Seiwert stellt seine Soßen selbst her. Die Mayonnaise ist verfeinert mit Senf und Orangensaft, der Ketchup mit Apfelmus und Kreuzkümmel. Und nur ein wenige Meter weiter werden milde, enzymatisch gereifte holländische Matjes vor den Augen der Kunden filetiert. Ein paar Zwiebelringe drauf - fertig.
Die Fische sind so zart, dass sie im Munde zergehen. Hinterher gibt es nebenan einen Espresso oder einen frisch gepressten Gemüsesaft. Wer aber auf den Berliner Streetfood-Klassiker, der Currywurst, nicht verzichten möchte, dem sei Gabis Imbiss an der anderen Ecke des Marktes empfohlen. Seit 1998 ist dies ein beliebter Treffpunkt - und Wissenswertes über Wurst erfährt man von Gabi auch. Zum Beispiel das hier: "Im Westen wird sie lieber mit, im Osten ohne Darm gegessen." Na, dann, guten Appetit!
Geöffnet Sbd. 8-14 Uhr, Mi 8-13 Uhr (Mittwochs sind weniger Händler auf dem Markt)
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